BEHG: CO2-Preis auf Siedlungsabfälle der falsche Weg
Das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) ist seit Dezember 2019 in Kraft. Mit dem BEHG wurde ein Preis für Treibhausgasemissionen in den Sektoren Wärme und Verkehr eingeführt, so für Mineralölprodukte wie Benzin, Diesel, Kerosin und Heizöl sowie Erdgas und Flüssiggas.
Eine solche klimaschutzbezogene Bepreisung von Treibhausgasemissionen gibt es seit 2005 im Energiesektor und in den produzierenden Industrien der EU.
Der VKU begrüßt die Einführung einer CO2-Bepreisung für die Sektoren Wärme und Verkehr, um Anreize für die Senkung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe zu setzen und den Umstieg auf klimaschonendere Technologien und die Nutzung erneuerbarer Energieträger zu beschleunigen. Der VKU begrüßt auch, dass Brennstoffemissionen aus Klärschlämmen mit dem Emissionsfaktor Null belegt werden.
Hier gelangen Sie zur bestehenden Positionierung des VKU zum BEHG:
- Änderungsgesetz zum BEHG beschlossen
- BEHG – VKU-Stellungnahmen
- Dossier zur CO2-Bepreisung
- POSITIONSPAPIER: Grundsatzforderungen für eine umfassende Reform des Entgelte-, Abgaben- und Umlagesystems
Mit Sorge betrachtet der VKU aber, dass ab dem 1. Januar 2023 auch Siedlungsabfälle als „Brennstoff“ eingestuft werden sollen und die Müllverbrennung in den nationalen Emissionshandel aufgenommen werden soll. Eine solche CO2-Bepreisung von Abfällen würde zu deutlich steigenden Abfallgebühren führen, ohne dass einer solcher Schritt eine Lenkungswirkung dahingehend entfalten kann, fossile CO2-Emissionen aus der Abfallentsorgung zu reduzieren.
Der VKU unterstützt jederzeit einen praxisgerecht ausgestalteten Klimaschutz. Eine Ausweitung des nationalen Brennstoffemissionshandels auf Siedlungsabfälle ist für den Klimaschutz jedoch vollständig ungeeignet. Es droht mehr Schaden als Nutzen.
Unsere Kernargumente im Detail:
1. Weil dadurch die Abfallgebühren deutlich steigen würden.
Ein nationaler CO2-Preis für Siedlungsabfälle würde zu deutlich steigenden Abfallgebühren führen. Dieser Gebührensprung käme zur aktuellen Energiepreisentwicklung, die gerade beim Diesel auch die Abfallsammlung stark belastet, noch hinzu. Außerdem müssen die Entsorgungsbetreibe zehn Prozent der Müllfahrzeuge mit klimafreundlichen Antrieben beschaffen, die rund dreimal so teuer sind wie Fahrzeuge mit herkömmlichen Antrieben.
2. Weil steigende Abfallgebühren keine klimaschützende Lenkungswirkung haben.
Die steigenden Abfallgebühren werden als Mietnebenkosten nach Wohnfläche auf alle Haushalte eines Gebäudes umgelegt, aber nicht nach dem tatsächlichen Abfallaufkommen oder nach dem Kunststoffgehalt im Abfall eines Haushaltes. Anders als bei Brenn- und Treibstoffen haben sie also keine klimaschützende Lenkungswirkung und sind nicht verursachergerecht. Verantwortlich für die Verwendung fossiler Kohlenstoffe in kurzlebigen Konsumprodukten sind die Hersteller, nicht die Verbraucher.
3. Weil das BEHG auf Siedlungsabfälle am eigentlichen Ziel, Müll einzusparen, vorbeigeht
Das eigentliche Ziel muss sein, Müll einzusparen und dadurch weniger Treibhausgase wie CO2 zu emittieren. Dieses Ziel wird nicht durch einen CO2-Preis auf die Müllverbrennung erreicht, denn es wird nicht weniger Müll erzeugt, wenn seine Entsorgung teurer wird. Die – der Höhe nach meist unbekannten – Abfallgebühren wirken sich nicht auf das Konsumverhalten aus und beeinflussen damit auch nicht die anfallende Abfallmenge.
Abfallvermeidung muss deswegen angestrebt werden - über eine längere Nutzungsdauer von Produkten, Wiederverwendung und besseres Recycling. Ein gewisses Maß an unvermeidbarem Restmüll wird aber auch dann anfallen (wie in den letzten beiden Jahren der „Corona-Müll“, aber auch generell infektiöser Restmüll, Krankenhausabfälle etc).
4. Weil für eine klimaschützende Lenkungswirkung bei der Herstellung angesetzt werden muss.
Weder Verbraucher noch Entsorgungswirtschaft haben es in der Hand, ob fossile Kohlenstoffe für die Produktion kurzlebiger Konsumprodukte eingesetzt werden. Finanzielle Instrumente wie der CO2-Preis müssen daher bei den Herstellern von (Einweg-)Kunststoffprodukten ansetzen. Eine solche flexible zusätzliche Kunststoffbepreisung hätte tatsächlich einen Lenkungseffekt und würde bereits die Herstellung von Kunststoffprodukten beeinflussen und den Einsatz fossilen Kohlenstoffs reduzieren.
5. Weil es bei einem nationalen Sonderweg ein größeres Risiko von legalen und illegalen Abfallexporten gibt.
Eine CO2-Bepreisung der Abfallverbrennung im (deutschen) Alleingang erhöht das Risiko von legalen und illegalen Exporten von Abfällen, besonders bei Kunststoff- und Gewerbeabfällen. Für den Klimaschutz ist das kontraproduktiv, da dann mit den Abfällen auch die später folgenden Emissionen lediglich in ein anderes Land verlagert werden („Carbon Leakage“). Die Diskussion über die Einbeziehung der Abfallverbrennung und anderer Abfallbehandlungsverfahren (Deponierung) in den Emissionshandel kann deshalb sinnvoll nur auf europäischer Ebene geführt werden. Es darf hier deshalb keinen nationalen Sonderweg geben.
6. Weil die Energierückgewinnung die nachhaltigste Art ist, mit Restabfällen umzugehen.
Bei der Verbrennung von Siedlungsabfällen entsteht insgesamt etwa zur Hälfte erneuerbare Energie aus biologischem Restabfall, zur anderen Hälfte Energie aus fossilen Abfällen. Dabei handelt es sich um unvermeidbare Abwärme, die bei der Abfallentsorgung anfällt, und durch die Rückgewinnung als Strom, Fernwärme und Industrieprozessdampf klimaschonend genutzt wird. Der energetisch verwertete Siedlungsabfall ist zudem eine Energiequelle, die hilft, die Importabhängigkeit Deutschlands weiter zu reduzieren.
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Entwurf 2. Änderungsgesetz BEHG
19.09.2022
- Hier finden Sie den aktuellen Geschäftsführerbrief im VKU-Mitgliederbereich (Anmeldung erforderlich): CO2-Bepreisung der Siedlungsabfallverbrennung - Musteranschreiben für Wahlkreisabgeordnete
Botschaften zum BEHG
VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp
"Beim CO2-Preis darf es keinen nationalen Sonderweg geben. Wenn nur Deutschland auf die Verbrennung von Siedlungsabfällen einen CO2-Preis erhebt, ist die Wirkung fatal: (...)
VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing
"Steigende Energiekosten belasten Verbraucherinnen und Verbraucher derzeit massiv. Diese Kostensteigerungen wirken sich auch immens auf die Lebenshaltungskosten aus. (...)
Katja Deschner
Vorsitzende der VKS Landesgruppe Baden
"Wir unterstützen das Klimaschutzziel, die Nutzung fossiler Brennstoff tendenziell bis auf Null zu senken. (...)
Dr. Holger Thärichen
Geschäftsführer der Sparte Abfallwirtschaft & Stadtsauberkeit VKS
"Wir haben mit der energetischen Abfallverwertung eine autarke Energiequelle, die wir weitgehend treibhausgasneutral gestalten können, wenn wir zunehmend auf fossile Kunststoffprodukte verzichten. Anders ausgedrückt: Abfälle können Gas und Öl ersetzen und so signifikant zur Wärmewende beitragen."