VKU-Chef Ingbert Liebing: „Klimapakt: gut und Haken dran, wird aber allein nicht reichen“
Klimapakt Deutschland: VKU lobt Initiative, sieht aber schon jetzt weitergehenden Handlungsbedarf 03.06.21

Berlin, 03.06.2021. Zum angekündigten Klimapakt Deutschland sagt VKU-Chef Ingbert Liebing:

„Der aktuell in der Regierung diskutierte Klimapakt Deutschland ist eine wichtige Initiative. Damit beweist die Regierung nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Klimaschutzgesetz Handlungsfähigkeit. Das ist richtig. Das ist aber auch dringend notwendig, weil zwischen den verschärften Zielen und ihrer Erreichung in 2030 und 2045 noch eine gewaltige Lücke klafft. Je schneller wir sie füllen, desto besser – auch das haben die Verfassungsrichter der Politik ins Stammbuch geschrieben. Insofern begrüßen wir, dass nun konkrete Maßnahmen folgen sollen.

Allerdings brauchen Bürgerinnen und Bürger, Industrie und vor allem die nach den Klimazielen hauptbetroffene Energiewirtschaft klare Signale - und deutlich weiterführende Schritte. Da ist mehr notwendig und auch möglich, als der Klimapakt dem Vernehmen nach bislang vorsieht. Gerade die Wärmeversorgung und dezentrale Klimaschutzprojekte bieten große Chancen, um mit relativ überschaubaren finanziellen Mitteln große Effekte zu erreichen. Konkret heißt das:

  • Zu begrüßen ist, dass der Klimapakt Mittel für die geplante Bundesförderung effizienter Wärmenetze vorsieht. Allerdings muss dieses Programm mindestens ab 2023 deutlich besser ausgestattet werden. Gerade für die Dekarbonisierung im Gebäude- und Wohnungsbestand und in verdichteten Ballungsräumen brauchen wir die Wärmenetze und erneuerbare Wärmeerzeugung. Hier wäre die bislang diskutierte Ausstattung und Aufstockung um lediglich 50 Millionen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Um zu echten Fortschritten zu kommen, müssen wir in den kommenden Jahren jährlich mindestens eine Milliarde an Fördermitteln investieren.
  • Gut ist auch, dass mit den Carbon Contracts for Differences (CCfD) ein neues Instrument eingeführt wird, das eine langfristige Perspektive für Klimaschutztechnologien eröffnet, die sich heute im Markt nicht tragen. Allerdings sollte dieses Instrument nicht nur den großen Projekten der Grundstoffindustrie vorbehalten bleiben, sondern auch für die sehr vielfältigen dezentralen Klimaschutz- und Energiewendeprojekte geöffnet werden. Gerade diese Projekte ermöglichen – weil sie kleiner und agiler sind – ein Ausprobieren und eine erste Markteinführung.
  • Darüber hinaus könnte, wie vom VKU in dieser Woche vorgeschlagen, der CO2-Preis bereits ab 2022 schneller und dabei sozial verträglich erhöht werden. So würden wir die für den Umbau des Energiesystems notwendigen Preissignale setzen und könnten die EEG-Umlage schneller abschaffen.
  • Die Koalition hat sich nach der EEG-Novelle bereits auf höhere Ausschreibungsmengen für erneuerbare Energien-Anlagen an Land geeinigt. Die mit dem Klimapakt angekündigten weitergehenden Schritte zum forcierten Ausbau sollten jetzt und tatsächlich auch noch vor Ende der Legislaturperiode unternommen werden, um den Unternehmen sichere Planungsperspektiven zu verschaffen.

 

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt über 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit mehr als 275.000 Beschäftigten wurden 2018 Umsatzerlöse von rund 119 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 12 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen große Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 62 Prozent, Erdgas 67 Prozent, Trinkwasser 90 Prozent, Wärme 74 Prozent, Abwasser 44 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen durch getrennte Sammlung entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 67 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr kommunale Unternehmen engagieren sich im Breitbandausbau. 190 Unternehmen investieren pro Jahr über 450 Mio. EUR. Sie steigern jährlich ihre Investitionen um rund 30 Prozent. Beim Breitbandausbau setzen 93 Prozent der Unternehmen auf Glasfaser bis mindestens ins Gebäude.