Berlin, 14. Juli 2021. Die Bundesnetzagentur hat heute ihre Entwürfe für die zukünftige Eigenkapitalverzinsung für Strom- und Gasnetze vorgelegt. Die Entwürfe sehen vor, dass der Eigenkapitalzinssatz sinkt, und zwar von derzeit 6,91 auf 4,59 Prozent (vor Steuern, für Neuanlagen). Der Eigenkapitalzins ist wichtig für die Planungen von Investitionen in den Um- und Ausbau der Strom- und Gasnetze. Und dieser Um- und Ausbau wird zur Erreichung der Klimaschutzziele weiter zunehmen.
Zu den Folgen eines verringerten Zinssatzes sagt Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), dessen Mitglieder die Verteilnetze betreiben, über die mehr als 90 Prozent der Erneuerbaren Energie-Anlagen ihren Strom ins Netz einspeisen:
„Die EK-Zins-Höhe ist eine Richtungsentscheidung für die heiße Phase der Energiewende: Geht es darum, Kosten zu sparen oder Investitionen in Energiewende und Klimaschutz anzureizen? Mit dem Aus- und Umbau der Strom- und Gasnetze steht und fällt die Energiewende: ohne Netz kein Strom. Sollte der EK-Zins im angedachten Umfang gesenkt werden, könnte das zu einem Bumerang für notwendige Investition in die Energieinfrastruktur werden. Die jüngste Strombedarfsprognose des Bundeswirtschaftsministeriums hat deutlich gemacht, dass wir für die notwendigen Umbaumaßnahmen unseres Energie- und Wirtschaftssystems deutlich mehr und vor allem grünen Strom brauchen werden, um die Klimaneutralität 2045 zu erreichen. Und mehr grüner Strom bedeutet mehr Investitionen in den Um- und Ausbau der Energieinfrastruktur, unter anderem für den Wandel hin zu intelligenten Netzen und den Anschluss zahlreicher Windräder und PV-Anlagen.“
Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, weil die Zahl der Elektroautos und Wärmepumpen sehr schnell und exponentiell steigen wird. Zudem müssen Millionen neuer Solar- und Windstromanlagen und Verbraucher schnell und sicher in das Energiesystem integriert werden. Diese Aufgaben zeigen: Der Investitionsbedarf ist bereits hoch und wird enorm steigen, denn die „heiße“ Phase, um unsere deutlich ambitionierteren Klimaziele zu erreichen, beginnt jetzt. Diese Transformation unserer Infrastrukturen gibt es nicht zum Nulltarif. Die Verteilnetzbetreiber stehen zwar bereit, jedoch kann die Finanzierung ihrer Investitionen durch Kapitalgeber ein Nadelöhr werden.
Das Risiko für die Netzbetreiber steigt durch die aktuellen politischen Rahmensetzungen, was sich auch in einem Anstieg der bei der Berechnung des EK-Zinses zentralen Marktrisikoprämie niederschlagen muss und nicht – wie von den Gutachtern der Bundesnetzagentur vorgeschlagen – in deren erneuten Absenkung.
Die Bundesnetzagentur sollte diese Anforderungen beim EK-Zins berücksichtigen und durch eine angemessene Höhe den kommunalen Verteilnetzbetreibern die nötige Investitionssicherheit geben und so den Aus- und Umbau der Strom- und Gasnetze absichern. Die Verteilnetzbetreiber stehen parat, benötigen jedoch Finanzierung durch Kapitalgeber.“
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt über 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit mehr als 275.000 Beschäftigten wurden 2018 Umsatzerlöse von rund 119 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 12 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen große Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 62 Prozent, Erdgas 67 Prozent, Trinkwasser 90 Prozent, Wärme 74 Prozent, Abwasser 44 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen durch getrennte Sammlung entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 67 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr kommunale Unternehmen engagieren sich im Breitbandausbau. 190 Unternehmen investieren pro Jahr über 450 Mio. EUR. Sie steigern jährlich ihre Investitionen um rund 30 Prozent. Beim Breitbandausbau setzen 93 Prozent der Unternehmen auf Glasfaser bis mindestens ins Gebäude.