Berlin. Politik und Wirtschaft wollen die Fernwärme massiv in Deutschland ausbauen. Während über dieses Ziel Einigkeit besteht, gehen die Ansichten bei Regulierung und Preisgestaltung erheblich auseinander. Sowohl die Vorschläge der Monopolkommission als auch ein heute veröffentlichtes Forderungspapier der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) stoßen bei Stadtwerken auf scharfe Kritik.
Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU):
„Um beim Ausbau der Fernwärme voranzukommen, brauchen wir verlässliche Rahmenbedingungen, Investitionsanreize und weniger Regulierung statt neuer Regulierungsbehörden.
Die Forderung nach neuer Regulierung und eine neue bundesweite Preisaufsichtsbehörde für den Fernwärmesektor lehnen wir strikt ab. Diese Regulierungswut ist Gift für dringend benötigte Investitionen. Die Umsetzung der Vorschläge würde einen Ausbaustopp für die Fernwärme bedeuten – und damit faktisch ein Ende der Wärmewende. Denn die Bundesregierung plant, dass jedes Jahr 100.000 Wohnungen an das Fernwärmenetz angeschlossen werden. Im Jahr 2045 soll jeder dritte Haushalt so heizen.
In der Diskussion ist ebenfalls eine Price-Cap-Regulierung der Fernwärme, bei der sich Anbieter die Preise vorab genehmigen lassen müssen. Wie soll das in der Praxis seriös funktionieren? Hunderte oder sogar tausende von Mitarbeitern in der neuen Behörde müssten einzelne Details der derzeit fast 4.000 Wärmenetze in Deutschland prüfen und dabei erhebliche Unterschiede berücksichtigen, etwa bei Erzeugung, Topografie, Abnehmern, EE-Quote und Ausbauplanungen. Damit würde ein neues manipulationsanfälliges Bürokratiemonster geschaffen.
Damit nicht genug: Mit dem Anknüpfen an einen perspektivisch einzuführenden, regulierten Netzzugang würde eine immer stärker selbstdrehende Regulierungsspirale mit immer mehr Bürokratie vorgezeichnet. Stärker aus der Zeit fallen kann man mit solchen Vorschlägen eigentlich nicht, in der sich die Wirtschaft mit einem Hilfeschrei nach weniger Bürokratie und weniger Regulierung an die Politik wendet.
Wir bezweifeln, dass eine andere Regulierung zu deutlich niedrigeren Fernwärmepreisen und einer geringeren Spreizung führt. Dies zeigt auch ein Blick in Nachbarländer. Wir warnen vor steigenden Kosten durch Überregulierung. Deshalb plädieren wir dafür, das bestehende System der Preisgleitklausen beizubehalten, gegebenenfalls die kartellrechtliche Preiskontrolle auszubauen und zu konkretisieren, etwa indem Landeskartellbehörden und das Bundeskartellamt einheitliche Prüfungsleitlinien erstellen.
Frei nach dem Motto „Keep it simple“ sollten bewährte Instrumente gestärkt werden. Die permanente Diskussion um neue Regulierungen für die Fernwärme schadet der Energiewende, weil sie angesichts der nötigen Milliardeninvestitionen dringend benötigtes Vertrauen in verlässliche Rahmenbedingungen zerstört.“
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Der Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) vertritt über 1.580 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit rund 309.000 Beschäftigten wurden 2022 Umsatzerlöse von 194 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 17 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen signifikante Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 66 Prozent, Gas 65 Prozent, Wärme 91 Prozent, Trinkwasser 88 Prozent, Abwasser 40 Prozent. Die kommunale Abfallwirtschaft entsorgt jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und hat seit 1990 rund 78 Prozent ihrer CO2-Emissionen eingespart – damit ist sie der Hidden Champion des Klimaschutzes. Immer mehr Mitgliedsunternehmen engagieren sich im Breitbandausbau: 220 Unternehmen investieren pro Jahr über 912 Millionen Euro. Künftig wollen 90 Prozent der kommunalen Unternehmen den Mobilfunkunternehmen Anschlüsse für Antennen an ihr Glasfasernetz anbieten. Zahlen Daten Fakten 2024
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