Berlin, 20.02.2023. Anlässlich der heutigen Auftaktsitzung der Plattform Klimaneutrales Stromsystem (PKNS) in Berlin, sagt Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU):
„Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland Treibhausgasneutralität erreichen. Dafür ist ein massiver und schneller Ausbau von erneuerbaren Energie-Anlagen und des Stromnetzes sowie ausreichend gesicherte Leistung notwendig. Größte Herausforderung ist es, Klimaschutz und Umweltverträglichkeit, Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit zusammenzubringen - und hierbei keine Zeit zu verlieren. Dabei brauchen wir ein Höchstmaß an Verlässlichkeit, damit die notwendigen Investitionen auch tatsächlich erfolgen. Sündenfälle wie die Infragestellung vermiedener Netznutzungsentgelte oder die Erlösabschöpfung bei Erneuerbaren dürfen sich nicht wiederholen.
Ein neues Strommarktdesign muss sich an mehreren Punkten messen lassen: Es muss Ausbau und Finanzierung der Erneuerbaren Energien gewährleisten, Anreize und Lenkungswirkung für Flexibilität bei der Nachfrage und Erzeugung setzen und eine effiziente Sektorenkopplung ermöglichen. Parallel dazu muss Versorgungssicherheit erreicht werden, indem der dafür notwendige Anteil an verfügbarer und steuerbarer Stromerzeugungsleistung zur Verfügung steht.
Das ist eine Mammutaufgabe, die den vollen Einsatz vieler Beteiligter erfordert. All dies muss ein intelligentes Marktsystem langfristig absichern. Es ist wichtig, dass Investitionsanreize in erneuerbare Energien weiter gestärkt werden. Dazu muss das Marktdesign so weiterentwickelt werden, dass eine rein marktgetriebene Fortsetzung des EE-Ausbaus über 2030 hinaus möglich ist. Zudem müssen sämtliche Lastflexibilitätsoptionen technisch erschlossen werden und dem Markt über Preissignale zugänglich gemacht werden.
Stadtwerke und regionale Energieversorgungsunternehmen, die auf lokaler Ebene agieren, besetzen in einem zunehmend dezentralen Energiesystem eine entscheidende Schnittstelle. Mit Blick auf die Versorgungssicherheit sind bis zur Klimaneutralität aber zunächst pragmatische Schritte notwendig. Das gilt sowohl für die Erzeugungsseite mit der angekündigten Kraftwerkstrategie wie auch den Ausbau der Stromnetze, was im Rahmen der Anreizregulierung vor allem auch deren ausreichende Finanzierung erfordert.
Wir begrüßen, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck sichere und bezahlbare Versorgung bei der heutigen Auftaktsitzung als maßgebliche Kriterien an den Reformprozess formuliert hat. Auch ein reformierter Strommarkt muss die Bedeutung von flexiblen Kapazitätsangeboten berücksichtigen.
Von größter Wichtigkeit ist, dass für Investitionen in gesicherte Leistung, Flexibilitätsoptionen und Netze verlässliche Rahmenbedingungen gelten, sonst werden sie nicht stattfinden. Während der Übergangsphase müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Maßnahmen, so gestaltet sein, dass Investitionen Bestand haben und sich möglichst nahtlos in ein langfristiges Strommarktdesign integrieren lassen. Die Kompatibilität kurz- und mittelfristiger Übergangsregelungen mit dem späteren Marktdesign ist für ein Gelingen entscheidend.“