Berlin, 01.03. 2022. Der VKU begrüßt die schnelle Reaktion der Bundesregierung auf die veränderte energiepolitische Lage durch den Krieg in der Ukraine. Damit die nun notwendigen Investitionen in den beschleunigten Umbau der Energieversorgung rechtzeitig angereizt werden, darf die Bundesregierung nicht nachlassen und muss die nächsten Schritte einleiten.
VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing:
„Die Initiativen zur Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes und zur Gas-Bevorratung sind richtig: Nur Diversität führt uns in die Unabhängigkeit von russischem Gas und Öl. Breitere Ausbaupfade und höhere Ausschreibungsmengen für Wind an Land und Solar in der EEG-Novelle sind richtig und konsequent, um das nun noch ambitioniertere 2035er-Ziel einer fast vollständig von erneuerbaren Energien getragenen Stromversorgung zu erreichen.
Dafür brauchen wir jedoch eine Doppelstrategie: Neben dem angekündigten Ausbau der erneuerbaren Energien sollten wir das Portfolio der Energiequellen sicherheitshalber breiter diversifizieren: Wir brauchen Wasserstoff und klimaneutrale Gase auch für die klimaneutrale Wärmeversorgung und sollten die Förderung der Kraftwärmekopplung für die Versorgungssicherheit und Fernwärme verstärken. Der schnelle Hochlauf für Wasserstoff kann nicht gegen die vorhandene Gasinfrastruktur, sondern nur mit ihr gelingen. Jenseits der überfälligen wie richtigen Abschaffung der EEG-Umlage benötigen wir ein kluges Marktdesign, das die nötigen Anreize für Investitionen setzt: vom Mieterstromzuschlag über eine geeignete EU-Regulierung und Netzfinanzierung des Wasserstoffhochlaufs bis hin zur Förderung von Fernwärme und Transformationskraftwerken.
Auch der Vorschlag zur Gasbevorratung ist im Lichte des Ukraine-Kriegs und seiner Folgen ein richtiger Schritt für Versorgungssicherheit und dient der nationalen Sicherheit. Wichtig sind die Details: Es braucht marktgerechte Instrumente, Fehlanreize sollten verhindert werden, wenn in einer Engpasssituation Speicherkapazitäten requiriert werden müssen. Zugleich sollte die Bundesregierung in der gegenwärtigen Hochpreisphase das Risiko zusätzlicher Lasten für Verbraucherinnen und Verbraucher analysieren. Hier wäre zu prüfen, ob sie in einer so schwierigen und unübersichtlichen Lage wie derzeit verhindern kann, dass die Kosten über die Netzentgelte von den Verbraucherinnen und Verbrauchern geschultert werden müssen. Eine denkbare Lösung wäre, dass stattdessen der Staat den Mehraufwand übernimmt und die Verbraucherinnen und Verbraucher vor weiteren Preissteigerungen schützt.
Insofern ist unser Appell an die Bundesregierung nun nicht nachzulassen und weiter entschlossen voranzugehen – sei es bei der Diversifizierung des Energieportfolios, der Bereitstellung gesicherter Leistung, den Initiativen zur technologieoffene Wärmewende oder den Details und Kosten der Gasbevorratung.“
Weitere detaillierte Positionierungen:
Kurzversion:
Kommunalwirtschaft zieht mit
- VKU begrüßt Initiativen zur EEG-Reform und zur Gasbevorratung
- Brauchen zudem schnelle und pragmatische Schritte für gesicherte Kapazitäten und eine technologieoffene Wärmewende
Ersteinschätzung von VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing
Zur Abschaffung der EEG- Umlage:
„Wir begrüßen die Abschaffung. Dieser Schritt ist überfällig. Mit der Abschaffung werden zum einem Energiekunden entlastet, zum anderen wird der sektorenübergreifende Einsatz von Strom, etwa für die Wasserstofferzeugung, für Wärmepumpen und für die E-Mobilität attraktiver. Dass die Energieversorger den Wegfall der EEG-Umlage an die Letztverbraucher weitergeben, steht dabei völlig außer Frage. Die Verpflichtung zur Weitergabe ist daher unnötig und sehen wir nach wie vor kritisch.“
Zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien:
„Es ist beeindruckend, wie schnell beim Ausbau der erneuerbaren Energien aufs Tempo gedrückt wird. Dabei sollte Pragmatismus vor Perfektion gehen. Es zählt wie vor dem Ukraine-Krieg und jetzt noch dringender: Wir müssen so gut und schnell wie möglich fossile Energien und damit CO2 einzusparen.“
Zur strategischen Gasreserve:
„In der aktuellen Situation ist die Schaffung einer Gasreserve richtig und unter den gegenwärtigen Umständen auch eine Frage der nationalen Sicherheit. Wichtig ist, dass dabei marktgerechte Instrumente zur Anwendung kommen und keine Fehlanreize gesetzt werden, wenn in einer Engpasssituation Speicherkapazitäten benötigt werden. Hinzu kommt in der gegenwärtigen Hochpreisphase das Risiko, dass auf die Endverbraucher zusätzliche Kosten zukommen. Hier sollte geprüft werden, ob es nicht wenigstens in einer so schwierigen und unübersichtlichen Lage wie derzeit möglich ist, die Kosten nicht über die Netzentgelte zu wälzen und den Mehraufwand staatlich zu tragen.“
Zur Bereitstellung gesicherter Leistung und Dekarbonisierung des Gebäudesektors:
„Wir begrüßen, dass zusätzlich zum EEG-Paket bereits Maßnahmen vorbereitet werden, die die Bereitstellung gesicherter Leistung und die Dekarbonisierung des Gebäudesektors verbessern. Das ist unbedingt notwendig, auch wenn wir die Vorschläge für extrem ambitioniert halten.“
Zur Regulierung und Finanzierung von Wasserstoffprojekten
„Wir werden trotz allem Erdgas (aus anderen Bezugsquellen) für die Übergangsphase weiterhin benötigen.Es bedarf dazu einer geeigneten Regulierung und Netzfinanzierung. Jedoch laufen die EU-Vorschläge dazu auf einen Ausschluss der bisherigen Netzbetreiber hinaus. Eine gemeinsame Regulierung und Finanzierung von Gas und Wasserstoff würde so verhindert. Das muss auch mit Blick auf die aktuelle Situation dringend angepasst werden. Wir werden alle Energieträger benötigen - nur Diversität hilft uns jetzt weiter.“
Langversion:
Die vom Bundeswirtschaftsminister vorgelegten ersten Pakete zur Reform des EEG weisen in die richtige Richtung. Das gilt auch für eine stärkere Regulierung der Gasbevorratung. Die Bundesregierung hat energiepolitisch Tritt gefasst, darf nun aber nicht nachlassen. Auf der Agenda stehen neben dem EEG gesicherte Leistung als Basis für den verstärkten Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie effektive Schritte für eine technologieoffene Wärmewende, die die Klimaneutralität auch im Gebäudesektor erreicht.
Der VKU unterstützt Zielsetzung und zentralen Maßnahmen der EEG-Novelle:
- Im Jahr 2030 sollen 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, und bereits 2035 die Stromversorgung fast vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Die Herausforderungen sind somit erkannt. Neben Anpassungen z.B. im Planungs-, Bau-, Genehmigungs-, Natur- und Artenschutzrecht bedarf auch das EEG einer grundlegenden Überarbeitung.
- Zu begrüßen ist ebenso die Schnelligkeit, mit der die Novelle vorgelegt wird. Investitionsanreize müssen zügig wirksam werden. Gut ist daher, dass der Gesetzesbeschluss noch vor der Sommerpause angestrebt wird, damit bis zum geplanten Inkrafttreten am 01.01.2023 das beihilferechtliche Notifizierungsverfahren stattfinden kann.
- Auch die Anhebung der Ausbaupfade und Ausschreibungsmengen für Wind an Land und Solar ist vor dem Hintergrund des Ausbauziels konsequent und notwendig.
- Die Finanzierung der erneuerbaren Energien über die Marktprämie hat sich bewährt. Sollte tatsächlich eine Systemumstellung in Erwägung gezogen werden, müsste allerdings zunächst gründlich untersucht werden, ob ein CfD-Förderrahmen tatsächlich einen Mehrwert erbringt, auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf den Strommarkt und die Marktintegration erneuerbarer Energien.
- Zu begrüßen ist, dass die Rahmenbedingungen für die Solarenergie durch ein ganzes Bündel an Maßnahmen verbessert werden sollen. Für die Energiewende in den Städten ist entscheidend, dass Solar-Dachanlagen wieder eine angemessene Förderung erhalten. Dies darf aber nicht nur für die Einspeisung ins allgemeine Versorgungsnetz gelten. Auch der Mieterstromzuschlag muss angehoben werden, denn für eine sozial gerechte Energiewende sollte es weiterhin das Ziel sein, auch Mieterinnen und Mieter an der Solarstromerzeugung teilhaben zu lassen. Bislang sind Mieterstromprojekte jedoch nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich tragfähig.
- Der VKU begrüßt die Abschaffung der EEG-Umlage. Dieser Schritt ist überfällig, um die Stromverbraucher zu entlasten und den sektorenübergreifenden Einsatz von Strom, etwa für die Wasserstofferzeugung, Wärmepumpe und E-Mobilität attraktiver zu machen. Dass die Energieversorger den Wegfall der EEG-Umlage an Letztverbrauchern weitergeben, steht dabei völlig außer Frage. Einer Pflicht zur Weitergabe bedarf es hierfür nicht.
In Anbetracht der Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine teilen wir die Regelungsabsicht der gestern vorlegten Eckpunkte für ein Gesetz zur Nationalen Gasreserve. Es geht nicht mehr um einen Markteingriff zur Preisdämpfung - den sahen wir kritisch. Vielmehr soll einer Energiekrise und Mangellage im nächsten Winter begegnet werden. Das ist unter den gegenwärtigen Umständen auch eine Frage der nationalen Sicherheit. Wichtig ist, dass dabei marktgerechte Instrumente zur Anwendung kommen und keine Fehlanreize gesetzt werden, wenn in einer Engpasssituation Speicherkapazitäten requiriert werden müssen. Hinzukommt in der gegenwärtigen Hochpreisphase das Risiko zusätzlicher Lasten für Verbraucherinnen und Verbraucher. Hier wäre zu prüfen, ob nicht wenigstens in einer so schwierigen und unübersichtlichen Lage wie derzeit, eine Wälzung der Kosten über die Netzentgelte vermieden wird und der Staat den Mehraufwand tragen kann.
Wir begrüßen auch, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Maßnahmen vorbereitet, die der Bereitstellung gesicherter Leistung und der Dekarbonisierung des Gebäudesektors dienen sollen. Das ist unbedingt notwendig. Dabei will man die Vorgaben des Koalitionsvertrages verschärfen – es geht um einen noch schnelleren Ausstieg aus der fossilen Gaswirtschaft. Wir halten das für extrem ambitioniert, tragen es aber mit. Umso mehr müssen wir jetzt alle Lösungen für eine CO2-freie Energieversorgung nutzen und nicht durch einen vorschnellen Ausschluss bestimmter Technologien blockieren. Wir schlagen dafür eine Doppelstrategie vor: schneller EE-Ausbau und Nutzung aller Dekarbonisierungsoptionen, solange diese einen Wechsel der klimaneutralen Energieträger mittelfristig nicht ausschließen:
- Aus Sicht des VKU bedeutet das zunächst die verstärkte Förderung von Kraftwärmekopplung. Denn diese Technologie ist unabhängig vom Energieträger. Hier bedarf es jetzt eines klaren Zeichens für Investitionssicherheit.
- Das gilt im Übrigen auch für die Förderung der Fernwärme. Wir erwarten eine ausreichende finanzielle Ausstattung von mind. 1,5 Mrd. EUR pro Jahr, damit notwendige Investitionen von bis zu 30 Mrd. EUR schnell angeschoben werden können.
- Bei der Dekarbonisierung der dezentralen Wärme dürfen auch Wasserstoff und grüne Gase kein Tabu sein, wenn nachgewiesen werden kann, dass entsprechende Heizungsanlagen nH2-ready sind bzw. auf einen regenerativen Betrieb umgestellt werden können.
- Ein weiterer Aspekt: Es ist richtig, dass das BMWK den Hochlauf der H2-Wirtschaft unter dem Eindruck des Kriegs in der Ukraine weiter forcieren will. Aber: Es bedarf dazu einer geeigneten Regulierung und Netzfinanzierung. Die Vorschläge der EU dazu laufen auf einen Ausschluss der bisherigen Netzbetreiber hinaus. Eine gemeinsame Regulierung und Finanzierung von Gas und Wasserstoff würde verhindert. Hier muss die Regierung gegenüber der europäischen Ebene aktiv werden. Der schnelle Hochlauf für Wasserstoff kann nicht gegen die vorhandene Gasinfrastruktur, sondern nur mit ihr gelingen.
Der Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) vertritt über 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit rund 283.000 Beschäftigten wurden 2019 Umsatzerlöse von 123 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 13 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen signifikante Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 62 Prozent, Gas 67 Prozent, Trinkwasser 91 Prozent, Wärme 79 Prozent, Abwasser 45 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen durch getrennte Sammlung entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 67 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr Mitgliedsunternehmen engagieren sich im Breitbandausbau: 203 Unternehmen investieren pro Jahr über 700 Millionen Euro. Beim Breitbandausbau setzen 92 Prozent der Unternehmen auf Glasfaser bis mindestens ins Gebäude. Wir halten Deutschland am Laufen – klimaneutral, leistungsstark, lebenswert. Unser Beitrag für heute und morgen: #Daseinsvorsorge. Unsere Positionen: 2030plus.vku.de.