Koalitionsvertrag
VKU zum Koalitionsvertrag

Zum gestern von CDU, CSU und SPD vorgestellten Koalitionsvertrag sagt Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU):

10.04.25

„Vor der Wahl haben wir verlässliche, realistische und bezahlbare politische Rahmenbedingungen gefordert. Aus Sicht der kommunalen Unternehmen ist der nun vorliegende Koalitionsvertrag eine gute Arbeitsgrundlage. 

Der Vertrag setzt wichtige Akzente bei den Themen Energieversorgung, Wasserver- und Abwasserentsorgung, Abfallentsorgung sowie Digitalisierung. Die neue Bundesregierung muss jetzt mit Tempo in die Umsetzung kommen. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause brauchen wir Gesetzesentwürfe zu zentralen Investitions- und Planungsvorhaben. 

Für die Unternehmen und die Beschäftigten der Kommunalwirtschaft ist es ein wichtiges Signal der Wertschätzung, dass sie als „Rückgrat der öffentlichen Daseinsvorsorge“ von den Koalitionären benannt werden.

Die Ankündigungen für einen umfassenden Bürokratieabbau sind sehr zu begrüßen, doch darf es nicht wieder bei Ankündigungen und kleinen Initiativen bleiben. Beim Bürokratieabbau muss die Koalition schnell liefern und eine mutige Umsetzung vorantreiben, die bei den Unternehmen zu echter Entlastung führt.“ 

Bewertung aus VKU-Sicht im Überblick: 

1. Wichtige Akzente für Planungsbeschleunigung und Finanzierung

Nach dem Beschluss des Sondervermögens ergänzen die künftigen Koalitionäre das Investitionspaket um wichtige Maßnahmen zum Bürokratieabbau und zur Planungsbeschleunigung. Der VKU begrüßt insbesondere das Vorhaben, den Vorrang öffentlicher Belange – vor allem bei Projekten der Daseinsvorsorge – im Planungsrecht zu verankern. 

Die Koalitionäre adressieren im Vertrag auch relevante Finanzierungsfragen der Daseinsvorsorge. 

  • Steuerlicher Querverbund: Die beabsichtigte Verankerung und Weiterentwicklung des steuerlichen Querverbunds als wesentliche Säule zur Finanzierung der kommunalen Daseinsvorsorge ist ein wichtiges Signal für die kommunalen Finanzen. Mithilfe dieser steuerlichen Ergebnisverrechnung werden unter anderem kommunale Bäder ermöglicht.  
  • KMU-Definition: Auch die angestrebte Ausweitung der KMU-Definition auf EU-Ebene auf kommunale Unternehmen unterstützt der VKU ausdrücklich.  

Neben der Finanzierung ist die Sicherheit der kritischen Infrastrukturen zentral. Kommunale Unternehmen brauchen Planungssicherheit für ihre Investitionen. Es ist richtig, die NIS2-Richtlinie zügig in deutsches Recht umzusetzen und das Kritis-Dachgesetz auf den Weg zu bringen. Positiv sind die angestrebte engere Zusammenarbeit von Bund und Ländern und eine KMU-Förderung bei der Cybersecurity. Die Rechtslage in der Zivilen Verteidigung wollen die Koalitionäre ändern, um eine Handlungsfähigkeit bereits vor dem Spannungs- und Verteidigungsfall zu ermöglichen. Das ist sinnvoll, allerdings müssen die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen Staat und Betreibern klar definiert und sauber voneinander getrennt werden.

2. Energie: Positive Signale und richtige Akzente für die Energiewende

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Der Fokus auf Bezahlbarkeit, Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit ist wichtig für das Gelingen der Energiewende. Das macht Hoffnung auf einen neuen Schub für die Energiewende.“

  • Entlastung bei den Strompreisen: Der VKU unterstützt die angestrebte Entlastung bei den Strompreisen durch eine Entlastung bei Umlagen, Reduzierung der Stromsteuer auf das europäische Minimum und Mittel aus dem Bundeshauhalt.  
  • Privates Kapital für Energiewendefonds: Der im Koalitionsvertrag geplante Energiewendefonds ist das notwendige Fundament für eine langfristig tragfähige Finanzierung der Energiewende. Ziel des Fonds ist es, privates Kapital für die Energiewende zu mobilisieren. Das begrüßen wir. 
  • Kosteneffizienter Ausbau der Stromnetze: Die künftige Regierung will beim Ausbau der erneuerbaren Energien stärker als bisher auf Netzdienlichkeit achten und dabei auch verstärkt den Ausbau der Verteilnetze berücksichtigen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, damit wir den Strom aus den Erneuerbaren integrieren können.  
  • KWK-Anlagen und Gaskraftwerke: Wir benötigen KWK-Anlagen und Gaskraftwerke, die kurzfristig als Absicherung einspringen können, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Deshalb begrüßen wir den Bau von bis zu 20 Gigawatt an Gaskraftwerksleistung und dass die neuen Gaskraftwerke vorrangig an bestehenden Kraftwerksstandorten entstehen sollen. Bei den Plänen zum Kapazitätsmarkt ist eine Bewertung verfrüht. Hier wird es auf die Detailausgestaltung ankommen. 
  • Wasserstoff und Gasnetze: Auch beim Thema Wasserstoff wollen die Koalitionäre richtige Akzente setzen: Dort, wo es für die Wärmeversorgung notwendig ist, sollen Gasnetze erhalten bleiben. Es ist gut, dass nicht nur der Ausbau des Wasserstoffübertragungsnetzes, sondern auch der des untergeordneten Wasserstoffverteilnetzes Berücksichtigung finden soll. Das ist ein positives Signal für den Mittelstand. 
  • Wärmenetze: Die vorgesehene Aufstockung des Bundesprogramms für effiziente Wärmenetze (BEW) begrüßen wir. Dies ist ein wichtiger Schritt, der dem Ausbau der Fernwärme einen kräftigen Schub geben kann. Dazu kann auch die geplante Überarbeitung der AVB-Fernwärme-Verordnung und der Wärmelieferverordnung beitragen. Auch hier wird es letztlich auf die Details ankommen.
  • Gebäudeenergiegesetz und Wärmeplanungsgesetz: Wichtig sind für kommunale Unternehmen verlässliche Rahmenbedingungen. Die angekündigte Abschaffung des umgangssprachlich als Heizungsgesetz bekannten Gebäudeenergiegesetz (GEG) bei gleichzeitiger Einführung eines neuen GEG schafft Verunsicherung und darf keinesfalls zu neuen Verzögerungen für die Wärmeplanung führen. Bei einer Reform müssen die Wechselwirkungen mit dem Wärmeplanungsgesetz mitgedacht werden. Denn beide Regelungen sind eng miteinander verzahnt. Die kommunale Wärmeplanung muss in größeren Städten bis Mitte 2026 abgeschlossen sein. Hier braucht es dringend Klarheit! 

3. Wasserwirtschaft: Koalitionäre wollen Wasserinfrastruktur stärken

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Der Koalitionsvertrag setzt wichtige Impulse für die Wasserwirtschaft – von der Förderung der Infrastruktur bis zur Umsetzung der nationalen Wasserstrategie. Auch die Klimaanpassung und der bessere Zugang zu Förderprogrammen sind positiv. Problematisch ist aus unserer Sicht die Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung (Düngerecht) sowie das zögerliche Vorgehen bei der Regulierung von PFAS. Hier hätten wir uns von den Koalitionären mehr Mut erhofft.“

  • Infrastruktur im Fokus: Auch mal unter die Straße schauen. Gut so! Die neue Bundesregierung erkennt den Investitionsbedarf in die Infrastrukturen der Wasser- und Abwasserwirtschaft an, will sie fördern und langfristig preisstabil gestalten. Das greift sehr konkret die Ergebnisse und Forderungen aus der VKU-Studie zum Investitionsbedarf der Wasserwirtschaft auf.
  • Klimaanpassung und Naturschutz: Die geplante Umsetzung der Klimaanpassungsstrategie sowie die geplante Einrichtung eines Sonderrahmenplans Naturschutz und Klimaanpassung ist sehr begrüßenswert. Positiv ist zudem die Beschleunigung von Hochwasserschutzmaßnahmen, jedoch fehlt der Verweis auf das Hochwasserschutzgesetz (III). 
  • Bekenntnis zur Wasserstrategie: Die nationale Wasserstrategie soll umgesetzt und gemeinsam mit den Ländern weiterentwickelt werden. Das bewerten wir positiv. Aber Papier ist geduldig: Der Prozess muss beschleunigt und über konkrete Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden. Wir reden bereits in der dritten Legislaturperiode über die Strategie. 
  • Stärkung des Verursacherprinzips: Die Koalition bekennt sich – unter Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten – zum Verursacherprinzip. Das ist für die nationale Umsetzung der Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) und die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung* ebenso relevant wie für notwendige Überlegungen, eine erweiterte Herstellerverantwortung auch für den Trinkwasserbereich zu etablieren. 
    *Hersteller wasserverunreinigender Produkte (Pharma- und Kosmetikindustrie) müssen sich künftig finanziell am Ausbau spezieller Reinigungsstufen in Kläranlagen beteiligen 
  • Umgang mit PFAS: Der VKU ist für ein PFAS-Verbot, das die Koalitionäre leider ablehnen. Angesichts neuer Grenzwerte braucht es klare Vorgaben und immer da einen schnellen Ausstieg aus PFAS, wo es Alternativen gibt.
  • Düngerecht: Die im Koalitionsvertrag geplante Abschaffung der Stoffstrombilanz sehen wir kritisch. Die geplante Entlastung einzelner landwirtschaftlicher Betriebe darf nicht zu Lasten des Gewässerschutzes erfolgen. 

4. Abfallwirtschaft: Kreislaufwirtschaft muss gestärkt werden

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Der Koalitionsvertrag enthält wichtige Maßnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft. Insgesamt bleiben die Koalitionäre jedoch hinter den Erwartungen der Branche zurück. Im Regierungshandeln wird es nun darauf ankommen, die Grundlagen des Vertrags ambitioniert umzusetzen, damit in den kommenden vier Jahren echte Fortschritte erzielt werden.“

  • Kreislaufwirtschaftsstrategie ambitioniert fortführen: Union und SPD planen die pragmatische Umsetzung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie und die Erarbeitung eines Eckpunktepapiers mit dringlichen Maßnahmen.    
  • Erweiterte Herstellerverantwortung für Alttextilien: Die erweiterte Herstellerverantwortung für Alttextilien wird eingeführt. Hier müssen kommunal-gemeinnützige Sammelstrukturen gestärkt werden.  
  • Optimierung der Abfallsammlung bei Batterien und Elektrogeräten: Die Sammlung von Lithium-Ionen-Akkus und Elektrogeräten wird optimiert. Im Fokus müssen Brandgefahren in Anlagen und Müllfahrzeugen stehen. Zudem sollte ein herstellerfinanzierter Reparaturbonus kommen.  
  • Förderung der Wasserstoff-Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge: Die Regierungsfraktionen sprechen sich für die Förderung einer Wasserstoff-Ladeinfrastruktur aus. Das ist wichtig für die Verkehrswende bei kommunalen Fuhrparks.  

5. Digitalisierung mit guten Ansätzen, jedoch Wermutstopfen bei Glasfasernetzen  

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Im Koalitionsvertrag sind gute Ansätze zur Digitalisierung drin – zum Beispiel Regeln für den Umstieg von Kupfer auf Glasfaser –, jedoch bleibt ein Wermutstopfen: Der Überbau bei Glasfasernetzen wird nicht gestoppt.”    

  • Digitalministerium: Der VKU begrüßt, dass ein Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung geschaffen wird – das hoffentlich mit echter Kompetenz ausgestattet wird und nicht nur eine koordinierende Funktion übernimmt.  
  • Datenpolitik: Positiv ist auch, dass die Koalitionspartner Datennutzung und -teilen forcieren.  
  • Highspeed-Internet: Beim Ausbau der Glasfasernetze setzen die Koalitionäre gute Impulse, zum Beispiel Regeln für den Umstieg von Kupfer auf Glasfaserkabel sowie auskömmliche Mittel für eine zielgerichtete Gigabitförderung. Zudem begrüßen wir die angestrebte Beschleunigung des Glasfaserausbaus. Allerdings bleibt ein dicker Wermutstropfen: Der volkswirtschaftlich schädliche Überbau wird nicht gestoppt, sondern lediglich das Monitoring fortgesetzt. 

Der Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) vertritt 1.592 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit rund 309.000 Beschäftigten wurden 2022 Umsatzerlöse von 194 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 17 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen signifikante Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 66 Prozent, Gas 65 Prozent, Wärme 91 Prozent, Trinkwasser 88 Prozent, Abwasser 40 Prozent. Die kommunale Abfallwirtschaft entsorgt jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und hat seit 1990 rund 78 Prozent ihrer CO2-Emissionen eingespart – damit ist sie der Hidden Champion des Klimaschutzes. Immer mehr Mitgliedsunternehmen engagieren sich im Breitbandausbau: 220 Unternehmen investieren pro Jahr über 912 Millionen Euro. Künftig wollen 90 Prozent der kommunalen Unternehmen den Mobilfunkunternehmen Anschlüsse für Antennen an ihr Glasfasernetz anbieten. Zahlen Daten Fakten 2024
Wir halten Deutschland am Laufen – denn nichts geschieht, wenn es nicht vor Ort passiert: Unser Beitrag für heute und morgen: #Daseinsvorsorge. Unsere Positionen: https://www.vku.de/vku-positionen/