Das Bundeskartellamt hat heute bekannt gegeben, dass es den Kauf von Duales System Deutschland (DSD) durch das Entsorgungsunternehmen Remondis untersagen wird. Dazu Patrick Hasenkamp, Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU):
„Wir begrüßen die Entscheidung des Bundeskartellamtes. Das Amt hat seinen Schritt umfassend und mit überzeugenden Argumenten dargelegt. Die Wettbewerbshüter bremsen damit die rasante Erosion des Wettbewerbs auf dem Entsorgungsmarkt zumindest leicht ab.
Remondis, Deutschlands größtes Entsorgungsunternehmen, ist seit Jahren auf Einkaufstour in Deutschland und hat bis dato Dutzende kleine und mittelständische Entsorger übernommen. Der VKU beobachtet die zunehmende Marktkonzentration mit großer Sorge. Wären die beiden Riesen im Markt Remondis und DSD nun auch fusioniert, wäre eine neue Schwelle der Oligopolbildung überschritten gewesen. Mutter- und Tochterunternehmen hätten sich gegenseitig maßgeschneiderte Angebote zuschustern und dadurch Mitbewerber praktisch ausschalten können.
Schon jetzt ist die Situation bedenklich: Remondis hat es in einigen Regionen geschafft, viele oder sogar alle Wettbewerber vom Markt zu verdrängen. Die Folgen: Die Gesetze des Marktes und des Wettbewerbs sind außer Kraft gesetzt. Die Preise steigen. Leidtragende sind die Gebührenzahler.
Viele Kommunen, die sich mit dieser Marktmacht konfrontiert sehen, fragen sich derzeit, ob sie den teuren externen Dienstleister mit der Entsorgung beauftragen oder die Leistung in Zukunft selbst durchführen: Je stärker die Marktdominanz von Remondis ist, umso mehr steigt der Druck der Kommunen zu rekommunalisieren. Einige Kommunen haben sich im Interesse ihrer Bürgerinnen und Bürger bereits zu diesem Schritt entschieden, andere ziehen es in Erwägung.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen appellieren wir an das Bundeskartellamt, die Wettbewerbssituation auf dem Entsorgungsmarkt weiterhin kritisch zu beobachten und insbesondere die im Jahr 2018 angeschobene Sektoruntersuchung zum Wettbewerb in der Hausmüllentsorgung weiter zu verfolgen.“
Hintergrund:
• Remondis ist Deutschlands größter Entsorgungskonzern und seit Jahren auf Wachstumskurs: Umsätze und Mitarbeiterzahlen steigen seit Jahren, ein Grund dafür sind Zukäufe anderer kleiner und mittelständischer regionaler Entsorger.
• Zu den Aktivitäten des Bundeskartellamts: Das Bundeskartellamt hatte sich in zwei Sektoruntersuchungen intensiver mit der Wettbewerbssituation auf dem Entsorgungsmarkt auseinander gesetzt: in der Untersuchung „Duale Systeme“ und in der noch laufenden Untersuchung „Hausmüll“.
• Zur Sektoruntersuchung „Hausmüll“: Das Bundeskartellamt will untersuchen, ob private Anbieter bei Ausschreibungen wettbewerblich agieren und ob die Angebotskonditionen der Ausschreibungen so gestaltet sind, dass sich Wettbewerb entfalten kann. Es geht dabei ausschließlich um den Wettbewerb privater Entsorgungsunternehmen, nicht etwa um kommunale Müllgebühren.
• Zur Organisation der Verpackungsentsorgung: Für die Entsorgung von Verpackungen sind seit 1990 die dualen Systeme zuständig. Das Unternehmen Duales System Deutschland (DSD) ist der größte Systembetreiber. Die dualen Systeme organisieren die Entsorgung von Leichtverpackungen aus Plastik, Metall, Glas und Papier meist im Gelben Sack oder der Gelben Tonne. Für die Entsorgung der Verpackungen zahlen die Verbraucher an der Ladentheke: Auf jedes verpackte Produkt wird ein Lizenzentgelt aufgeschlagen, das die Inverkehrbringer an die dualen Systeme zu zahlen haben. Diese beauftragen dann in den Regionen private oder kommunale Unternehmen mit der Entsorgung.
• Marktsituation in Deutschland: Der Markt in Deutschland für private Entsorger ist groß. Traditionell arbeiten die oft mittelständisch geprägten kommunalen und privaten Entsorger eng und gut zusammen. Grob geschätzt kann man sagen, dass im Auftrag der Kommunen der Hausmüll etwa die Hälfte aller Bundesbürger von privaten Unternehmen entsorgt wird.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt rund 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit mehr als 268.000 Beschäftigten wurden 2017 Umsatzerlöse von mehr als 116 Milliarden Euro erwirtschaftet und rund 10 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen große Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 61 Prozent, Erdgas 67 Prozent, Trinkwasser 86 Prozent, Wärme 70 Prozent, Abwasser 44 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 68 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr kommunale Unternehmen engagieren sich im Breitband-Ausbau. Ihre Anzahl hat sich in den letzten vier Jahren mehr als verdoppelt: Rund 180 Unternehmen investierten 2017 über 375 Mio. EUR. Seit 2013 steigern sie jährlich ihre Investitionen um rund 30 Prozent und bauen überall in Deutschland zukunftsfähige Infrastrukturen (beispielsweise Glasfaser oder WLAN) für die digitale Kommune aus.