Berlin, 28. Juni 2019. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßt, dass sich der Bundesrat dafür ausspricht, Einträge von Arzneimitteln in Umwelt und Gewässer umfassend und vor allem frühzeitig zu reduzieren. In seiner Stellungnahme zur EU-Arzneimittelstrategie hält der Bundesrat eine verursachergerechte Kostentragung für Stoffeinträge in Gewässer für erforderlich. Messprogramme der Bundesländer haben in Deutschland bisher mehr als 150 verschiedene Arzneimittelwirkstoffe in Flüssen, Bächen oder Seen nachgewiesen.
Mit Zunahme dieser Stoffe im Wasserkreislauf wird es für Wasserversorger aufwändiger und damit teurer, auch künftig Trinkwasser liefern zu können, das nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft ohne negative Auswirkungen auf die Gesundheit bedenkenlos ein Leben lang getrunken werden kann. Für den VKU, dessen Mitglieder rund 90 Prozent aller Deutschen mit Trinkwasser beliefern, ist es daher umso wichtiger, auf eine konsequente Vermeidung und Reduktion von Spurenstoffen wie Arzneimitteln zu setzen.
VKU-Vizepräsident Karsten Specht: „Die Problematik, Arzneimittel im Wasserkreislauf zu reduzieren, muss an der Wurzel angegangen werden - beim Verursacher der Einträge. Alles, was dort vermindert werden kann, muss später nicht mehr aufwändig herausgefiltert werden. Zudem können nicht alle Stoffe mit der derzeitigen Aufbereitungstechnik wieder aus dem Wasser entfernt werden. Sogenannte End-of-Pipe-Maßnahmen dürfen kein Freifahrtschein für mehr Einträge in die Umwelt werden: Umwelt- und Gewässerschutz sind nicht allein Aufgabe der Wasserver- und Abwasserentsorger.“
Specht weiter: „Ähnlich wie es bereits in der aktuell verabschiedeten EU-Einweg-Plastikrichtlinie vorgesehen ist, sollten die Verursacher der Einträge, beispielsweise von Arzneimitteln, für deren Entfernung zahlen.“ Zudem brauche es generell einen verantwortungsvolleren Umgang mit Arzneimitteln, so Specht. „Beim Zulassungsverfahren für Arzneimittel sollten die Auswirkungen der Wirkstoffe auf Gewässer stärker berücksichtigt werden. Und es braucht mit Blick auf die Verschreibung, Anwendung und Entsorgung von Arzneimitteln eine bessere Sensibilisierung der Verbraucher. Eine Produktkennzeichnungspflicht ist notwendig. Für den Verbraucher muss auf Verpackungen oder Beipackzetteln klar erkennbar sein, welche Auswirkungen Wirkstoffe auf die Gewässer haben.“
Weiterhin fordert der Bundesrat, im Rahmen der Novellierung des Abwasserabgabengesetzes eine zusätzliche Spurenstoffabgabe zu prüfen. Die Idee dahinter: Mit einer zusätzlichen Abgabe würde ein zusätzlicher Anreiz und Mittel für den Ausbau von Kläranlagen geschaffen. Aus Sicht der Wasserwirtschaft darf eine novellierte Abwasserabgabe jedoch nicht auf ein Finanzierungsinstrument verengt werden, um weitergehende Abwasserreinigungsstufen auszubauen. Zum einen, weil sie das Ziel konterkariert, direkt beim Verursacher der Einträge anzusetzen, zum anderen, weil die kommunale Wasserwirtschaft vor einer Reihe weiterer Herausforderungen steht, die bei einer Gesetzesreform unbedingt zu berücksichtigen sind: zum Beispiel der Erhalt bereits bestehender Anlagen und Kanalnetze. In jedem Fall müssten bei einer Einführung einer solchen Spurenstoffabgabe auch industrielle Kläranlagen mit einbezogen werden. Im Ergebnis zielen die bisherigen Überlegungen zur Reform der Abwasserabgabe darauf, die Abgabenlast deutlich zu erhöhen. Der Leitgedanke dabei scheint zu sein: Nur was schmerzt, entfaltet auch Wirkung. In diesen Gedankenspielen unberücksichtigt bleiben aber diejenigen, die die Abgaben letztes Endes über steigende Wohnnebenkosten zu tragen haben: die Bürgerinnen und Bürger.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt rund 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit mehr als 268.000 Beschäftigten wurden 2017 Umsatzerlöse von mehr als 116 Milliarden Euro erwirtschaftet und rund 10 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen große Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 61 Prozent, Erdgas 67 Prozent, Trinkwasser 86 Prozent, Wärme 70 Prozent, Abwasser 44 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 68 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr kommunale Unternehmen engagieren sich im Breitband-Ausbau. Ihre Anzahl hat sich in den letzten vier Jahren mehr als verdoppelt: Rund 180 Unternehmen investierten 2017 über 375 Mio. EUR. Seit 2013 steigern sie jährlich ihre Investitionen um rund 30 Prozent und bauen überall in Deutschland zukunftsfähige Infrastrukturen (beispielsweise Glasfaser oder WLAN) für die digitale Kommune aus.