Vergabesenat des OLG Koblenz, Beschluss vom 29.11.2012 - 1 Verg 6/12 - PPK-Entscheidung der Vergabekammer Rheinland-Pfalz aufgehoben 07.12.17

Mit Beschluss vom 20.09.2012 (VK 1 - 25/12) hatte die Vergabekammer (VK) Rheinland-Pfalz in dem Vergabeverfahren eines Landkreises in Rheinland-Pfalz betreffend die Erfassung von Papier-, Pappe- und Kartonagen (PPK) informiert. Die VK hatte seinerzeit die Beschwerde eines Bieters zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 29.11.2012 (1 Verg 6/12) hat nunmehr das OLG Koblenz den Beschluss der VK im Beschwerdeverfahren aufgehoben und dem öffentlichen Auftraggeber untersagt, auf Grundlage seiner Vergabebedingungen einen Zuschlag zu erteilen.

Zum Sachverhalt:

Der Antragsgegner, ein Landkreis, hatte die PPK-Erfassung ausgeschrieben. Im PPK-Sammelsystem sind neben dem kommunalen Papier auch die in Verantwortung der dualen Systeme stehenden PPK-Verpackungen mit enthalten, weil die Systembetreiber das kommunale System mitbenutzen. Im vorliegenden Fall war die Vergabestelle davon ausgegangen, dass die kommunale Fraktion einen Gewichtsanteil von 82% ausmacht. Die Vergabestelle schrieb lediglich diesen Teil aus. In Bezug auf den nicht-kommunalen Teil sollte dem Auftragnehmer das Recht zur Mitbenutzung des kommunalen Systems gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV eingeräumt werden. Dafür sollte der Auftragnehmer ein angemessenes Entgelt in Höhe von mindestens 0,4 Euro netto pro Einwohner und Jahr an den Auftraggeber entrichten. Soweit es dem Auftragnehmer nicht gelänge, Verträge mit den Systembetreibern zu schließen, könne er ggf. nach den Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag ein angemessenes Entgelt von den Systembetreibern einfordern. In den Ausschreibungsunterlagen wies der Auftraggeber darauf hin, dass er die umstrittenen Frage, ob die Systembetreiber die Herausgabe eines PPK-Anteils beanspruchen könnten, aus der Ausschreibung heraushalten wolle. Der Auftragnehmer sei daher verpflichtet, die PPK-Gesamtmenge beim Auftraggeber bzw. einem von diesem benannten Unternehmen abzuliefern. Der Auftragnehmer erwerbe kein Eigentum an der PPK-Sammelware.

Das OLG hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Auftraggeber die Auftragsvergabe an eine Bedingung knüpfe, für die es keine Rechtsgrundlage gebe. Er versuche damit, in vergaberechtlich unzulässiger Weise, "ungelöste Probleme im Verhältnis Kommune - Duale Systeme auf das von ihm beauftragte Entsorgungsunternehmen abzuwälzen". Das OLG weist darauf hin, dass nicht der beauftragte Entsorger, sondern die Systembetreiber das kommunale Erfassungssystem mitbenutzten. Ein von der Kommune beauftragter Entsorger könne nicht anstelle der Systembetreiber zum Mitbenutzer des kommunalen Systems ernannt und damit zu einem "zahlungspflichtigen Kommissionär" ernannt werden. Dadurch werde eine zusätzliche vergaberechtlich unzulässige Anforderung an den Auftragnehmer gestellt. Gemäß § 97 Abs. 4 S. 2 GWB könnten zwar zusätzliche Anforderungen gestellt werden. Hier fehle aber der erforderliche Bezug zum Auftrag, weil die verlangte Zahlung nichts mit der Art und Weise der Auftragserfüllung zu tun habe und keine gesetzliche Grundlage finde, auch nicht in der Verpackungsverordnung.

Nach Auffassung des OLG Koblenz könne sich ein Zahlungsanspruch der Kommune für die Mitbenutzung des kommunalen Sammelsystems ohnehin nur gegen die Systembetreiber richten. Der Senat äußerte zwar Verständnis für die Sorge der Kommune, der beauftragte Entsorger könnte für die Entsorgung der PPK-Verpackungen "doppelt abkassieren". Dieses Problem, so das OLG, sei aber nicht vergaberechtlich zu lösen. Ursache des Problems sei "die Unfähigkeit der Beteiligten (Anm.: der Kommunen und der Systembetreiber), sich über offene (finanzielle) Fragen zu einigen." Zutreffend habe bereits der VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 24.07.2012 - 10 S 2554/10 - darauf hingewiesen, dass erforderlichenfalls der Verordnungsgeber durch eine Änderung der Verpackungsverordnung nachsteuern müsse.

Der Beschluss kann unter www3.mjv.rlp.de/rechtspr/DisplayUrteil_neu.asp abgerufen werden.