VG Halle, Urteil vom 26.11.2013 - Az.: 2 A 197/13 - Vorlage einer Bankbürgschaft gemäß § 6 Abs. 5 S. 2 und 3 VerpackV - nicht rechtskräftig 07.12.17

Mit diesem Urteil hat das VG Halle entschieden, dass die zuständige Landesbehörde von den Betreibern dualer Systeme die Vorlage einer Bankbürgschaft gemäß § 6 Abs. 5 S. 2 und 3 VerpackV fordern kann.

Die Klägerin betreibt ein duales System. Die Feststellung für das Land Sachsen-Anhalt erfolgte im November 2007. Der Feststellungsbescheid enthielt eine Nebenbestimmung, wonach die Feststellung nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden konnte. Im Jahr 2008 wurde die VerpackV geändert. § 6 Abs. 5 S. 2 und 3 VerpackV lauten jetzt: Die Feststellung nach Satz 1 kann nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden, die erforderlich sind, um die beim Erlass der Feststellung vorliegenden Voraussetzungen auch während des Betriebs des Systems dauerhaft sicherzustellen. Die für die Abfallwirtschaft zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann bei der Feststellung nach Satz 1 oder nachträglich verlangen, dass der Systembetreiber eine angemessene, insolvenzsichere Sicherheit für den Fall leistet, dass er oder die von ihm Beauftragten die Pflichten nach dieser Verordnung ganz oder teilweise nicht erfüllen und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder die zuständigen Behörden Kostenerstattung wegen Ersatzvornahme verlangen können.

Im Januar 2012 forderte der Beklagte die Klägerin auf, eine insolvenzfeste Sicherheit gemäß §§ 232 ff. BGB in Form einer vorzulegen. Die Bankbürgschaft sei unwiderruflich und befristet zu Gunsten des Landes auszustellen. Auf Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB sei zu verzichten. Zur Begründung berief sich Beklagte auf die geänderte Rechtslage und den zunehmenden Wettbewerb zwischen den Systemen. Die Länder hätten in einer Sitzung des Ausschusses für Produktverantwortung der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall zur Gewährleistung eines einheitlichen Vollzugs auf die Art und die Berechnung der Sicherheitsleistung verständigt. Der Beklagte teilte weiter mit, dass er von allen Systembetreibern Bankbürgschaften verlangen werde und nunmehr auch alle anderen Bundesländer so verfahren würden. Die Beklagte dagegen vertrat die Auffassung, dass die Abgabe einer Konzernbürgschaft ausreichend sei.

Das VG hat seine Entscheidung auf folgende Gründe gestützt: Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Änderungsbescheides ist die Nebenbestimmung im ursprünglichen Feststellungsbescheid, die die Möglichkeit des Erlasses weiterer Nebenbestimmungen vorsah, in Verbindung mit § 6 Abs. 5 S. 3 VerpackV neuer Fassung. Diese Vorschrift sei auch rechtmäßig zustande gekommen und insbesondere von der Ermächtigungsgrundlage in § 24 Abs. 1 Zif. 2 KrW-/AbfG bzw. 25 Abs. 1 Zif. 2 KrWG gedeckt. Der Bescheid sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Zwar werde der Begriff "Ermessen" nicht erwähnt, Bescheid und Begründung ließen jedoch erkennen, dass der Beklagte eine Entscheidung nach Prüfung der Sach- und Rechtslage getroffen habe. Es sei keinesfalls zu beanstanden, dass sich das beklagte Land dabei auf die Neufassung der VerpackV und die Absprachen in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu einer einheitlichen Verwaltungspraxis in allen Bundesländern zur Frage der Sicherheitsleistung gestützt habe. Ferner sei es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Konzernsicherheit nicht als gleich geeignetes Sicherungsmittel anerkannt habe. In kritischen Zeiten sei es nämlich so, dass die Insolvenz der Tochter die der Mutter nach sich ziehen könnte oder umgekehrt. Die Konzernbürgschaft sei daher risikobehafteter als eine Bankbürgschaft. Im Übrigen sei die Bankbürgschaft ein anerkanntes, übliches Sicherungsmittel, das typischerweise zur Absicherung von Verbindlichkeiten oder Risiken diene. Die Forderung nach einer Bankbürgschaft sei daher auch für die öffentliche Hand nicht besonders begründungsbedürftig.

Das Urteil des VG Halle ist auch für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger von Bedeutung. Sollten einzelne oder mehrere Systembetreiber ihren Betrieb insolvenzbedingt einstellen müssen, so müssten die Länder oder die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Zweifelsfalle einspringen und Ersatzvornahmen durchführen, um einen Entsorgungsnotstand zu verhindern. Die dadurch entstehenden Kosten sollen, so hat es der Verordnungsgeber ausdrücklich vorgesehen, durch eine "angemessen, insolvenzsichere Sicherheit" des Systembetreibers abgesichert werden. Die Bestimmung des § 6 Abs. 5 S. 3 VerpackV ist zwar nur eine Kann-Vorschrift. Das Land hat sich jedoch zu Recht auf den zunehmenden Wettbewerb zwischen den Systembetreiben berufen. Das beklagte Land Sachsen-Anhalt hat daher im vorliegenden Fall "nur" die Bestimmung des § 6 Abs. 5 VerpackV konsequent vollzogen. Bleibt zu hoffen, dass die anderen Bundesländer genauso handeln.

Gegen das Urteil ist auf Antrag Berufung zum OVG Sachsen-Anhalt eingelegt worden, die dort unter dem Az.: 2 L 1/14 geführt wird.