Kommunale Unternehmen international engagiert
Gute Beispiele aus weltweiten Partnerschaften
Kommunale Akteure im Ausland sollen zu den Experten ihrer eigenen Infrastrukturen der Daseinsvorsorge werden. Das ist das Ziel von Wissenstransfer-Projekten. Immer mehr kommunale Unternehmen engagieren sich an dieser Stelle. Die guten Beispiele aus der Wasser- und Abfallwirtschaft sind nun abrufbar. In Zeiten von Globalisierung und Klimawandel gerät die lokale Ebene immer stärker in den Fokus, wenn es um die Frage geht, wie die 17 Ziele der Agenda 2030 konkret umgesetzt werden sollen. Zentral ist dabei die Herausforderung, Ver- und Entsorgungssicherheit auch in anderen Ländern der Erde nachhaltig sicherzustellen. Menschen sollten gut und gerne dort leben, wo ihre Heimat ist. Dazu gehört es, vor Ort eine funktionierende Infrastruktur der Daseinsvorsorge zu unterhalten. Deutsche Kommunen und kommunale Unternehmen sind mit ihrem speziellen Betriebswissen rund um Abfall, Wasser, Abwasser und Energie die Experten für Aufbau und Erhalt von lokalen Strukturen der Daseinsvorsorge. Die in den Unternehmen vorhandene Erfahrung ist ein Schatz, der nun zusammen mit dem BMZ systematisch für die Partnerberatung im Ausland gehoben werden soll. „Betreiberpartnerschaften“ sind dafür der Schlüsselbegriff. Ein Pilotvorhaben mit deutschen kommunalen Wasserunternehmen soll ab 2019 das Potenzial für Wissenstransfer-Projekte testen. Die Grundidee der partnerschaftlichen Beratung ist nicht neu. Bereits heute engagieren sich zahlreiche Unternehmen an vielen Orten erfolgreich. Oftmals ist der Grundstein für Partnerschaftsarbeit eine Städtepartnerschaft, aber es gibt auch Beispiele für rein kommunalwirtschaftliches Engagement. Einige der besten Beispiele für Aktivitäten von Mitgliedsunternehmen des VKU werden hier präsentiert. Sie dienen als Anregung für Unternehmen, selbst aktiv zu werden.
Best Practice Beispiele
Im Rahmen der Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geht es darum, in einen partnerschaftlichen Austausch mit den Fokusländern Marokko, Jordanien, Ukraine und Sambia zu gehen. Vor diesem Hintergrund wird das Ziel verfolgt, das Know-how und die Expertise von kommunalen Unternehmen aus Deutschland für eine nachhaltig funktionierende und selbstständig geführte Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung einzubringen.
GELSENWASSER wird als Leadpartner mit der EMSCHERGENOSSENSCHAFT / LIPPEVERBAND ein Projekt in Sambia leiten. Gemeinsam mit dem ansässigen Wasserversorger Lukanga Water Supply and Sanitation Company wird man die Herausforderungen vor Ort angehen, beispielsweise den Anschlussgrad der Bevölkerung an die öffentliche Wasserversorgung schrittweise erhöhen. Sambia hat eine der am schnellsten wachsenden Bevölkerungen weltweit. Der Aufbau der Infrastruktur kann da nicht mithalten, sodass viele Menschen noch keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäranlagen haben. Sambia ist im Vergleich zu einigen anderen afrikanischen Staaten kein wasserarmes Land, die vorhanden Ressourcen müssen hier jedoch sinnvoll genutzt werden.
Weitere Projektpartner sind die Stadtwerke Ettlingen, die Wirtschaftsbetriebe Hagen und der Eigenbetrieb Wabau der Stadt Baruth/Mark. Gemeinsam wollen wir das Vorhaben angehen und Erfahrungen und Expertise partnerschaftlich austauschen. Vor allem aber wollen wir konkrete Einsätze vor Ort, ob im Betrieb oder der Verwaltung, ermöglichen.
Angesichts der Corona-Pandemie konnten unsere Fachleute noch nicht nach Sambia reisen. Es ist schwierig, ohne einen eigenen Eindruck vor Ort das Vertrauen weiter auszubauen und einen sinnvollen Arbeitsplan für eine langfristig angelegte Partnerschaft zu entwickeln. Erste Kennenlerntreffen fanden bereits in Berlin und im Ruhrgebiet statt. Uns liegt viel daran, die Zusammenarbeit auch vor dem derzeit verschobenen Gegenbesuch zu vertiefen. Deswegen haben wir uns via Webkonferenzen mit den Partnern aus Sambia zusammengeschaltet. In ersten Gesprächen konnten wir uns darüber austauschen, welche Auswirkungen die Pandemie auf das Tagesgeschäft in Deutschland und Zentralafrika hat und dabei feststellen, dass die Probleme und Herausforderungen ähnlich, die Lösungsmöglichkeiten aufgrund regionaler Bedingungen jedoch sehr unterschiedlich sind.
Die Pandemie verschärft die Situation vor Ort natürlich und ist eine große Herausforderung für die Region, in der ohnehin die Wasser- und Sanitärversorgung und somit auch die hygienischen Verhältnisse dringend ausgebaut werden müssen. Hinzu kommt, dass durch Corona der direkte Kundenkontakt ausbleibt und das Unternehmen Forderungsausfälle in hoher Zahl erwartet.
Wir wollen die Verbindung unbedingt auch in Krisenzeiten aufrechterhalten und planen weitere Webkonferenzen, um unsere Unterstützung – fürs Erste - digital anzubieten. Darüber hinaus werden wir uns auch in Webinare einbringen, die außerhalb des Projekts organisiert werden, um den Erfahrungsaustausch zu vertiefen und die Diskussion zu bereichern.
Das BMZ finanziert das Projekt „Betreiberplattform“ und setzt es mit der GIZ und der Engagement Global (EG) mit ihrer Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) um. Die Pilotierung der Betreiberplattform erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und German Water Partnership (GWP).
Kontakt
Dr. Gesa Kutschera
Leiterin Innovation und Forschung
GELSENWASSER AG
+49 209 708-340
gesa.kutschera@gelsenwasser.de
Dr. Arnt Baer
Leiter Politik und Verbände
GELSENWASSER AG
+49 209 708-450
arnt.baer(at)gelsenwasser(dot)de
Im Rahmen seiner Kooperation mit der Buffalo City Metropolitan Municipality (BCMM) in East London führt der OOWV zurzeit ein vom BMBF unterstütztes Projekt durch. Die Zielstellung der Fallstudie in Zusammenarbeit mit der kommunalen Wasserversorgung in Buffalo City ist die Erarbeitung eines hydrologischen Modells, welches das örtliche Staudammsystem abbildet. Mit Hilfe des hydrologischen Modells lassen sich insbesondere die Auswirkungen des Klimawandels auf die zukünftige Verfügbarkeit von Oberflächenwasserressourcen untersuchen. Das Modell wird, unterstützt durch existierende Wasserbedarfsszenarien, die Beurteilung des Risikos eines zeitweisen Wasserdefizits für die Metropolregion deutlich verbessern. Eine solche Beurteilung ist die Grundlage für das Einleiten von notwendigen wasserwirtschaftlichen Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel vor Ort. In der Kooperation mit Buffalo City setzt der OOWV mit dem Projekt daher vor allem die nachhaltigen Entwicklungsziele 6 (Wasser- und Sanitärversorgung), 13 (Klimaanpassung) und 17 (Partnerschaften für die Entwicklungsziele) der Vereinten Nationen um. Die Kooperation findet in enger Abstimmung mit dem Leichtweiß-Institut für Wasserbau (LWI) an der Technischen Universität Braunschweig statt.
Einen wesentlichen Teil des Erfolges der Fallstudie bilden integrierte Studentenaustauschprogramme sowie wiederkehrende Expertenworkshops mit Partnern aus Wissenschaft und Praxis, die sowohl auf deutscher Seite als auch auf südafrikanischer Seite veranstaltet werden. Dadurch wird ein nachhaltiger Transfer von Know-How über institutionelle und nationale Grenzen sichergestellt. Die Einbindung politischer Akteure in die Projektaktivitäten sowie die Präsentation des Kooperationsprojektes auf internationalen Kongressen und Messen wie der IFAT Africa 2019 in Johannesburg, fördern die gesellschaftliche Sichtbarkeit des Projektes. Eine Vertiefung der fruchtbaren, bilateralen wasserwirtschaftlichen Kooperation wird bereits jetzt durch die Ausgestaltung von Folgeprojekten angestrebt.
Die Kläranlage der Stadt Nablus in den palästinensischen Autonomiegebieten wurde im Jahr 2013 gebaut und hat eine Kapazität von 150.000 EW. Im Rahmen des Design-Build-Operate-Konzepts haben Fachleute von HAMBURG WASSER (mit Unterstützung von CONSULAQUA) die Inbetriebnahme und den Regel-Betrieb der Kläranlage begleitet. Hierdurch wurde sichergestellt, dass die Abwasser- und Schlammbehandlung der Kläranlage voll funktionsfähig ist. Außerdem konnte gewährleistet werden, dass der Betrieb und die Wartung der Kläranlage in vollem Umfang durch die palästinensischen KollegInnen durchgeführt wird und dass die palästinensischen Grenzwerte im Ablauf eingehalten werden. Diese Ziele wurden mit dem Projektabschluss im Jahr 2019 erreicht.
In den ersten zwei Jahren nach Inbetriebnahme (erste Projektphase) fand eine dauerhafte operative Begleitung durch Hamburger Fachleute vor Ort statt. Dies ermöglichte einen umfangreichen Wissenstransfer und eine effiziente Schulung auf Augenhöhe in Betrieb und Wartung (O&M) der Kläranlage. Die gute Zusammenarbeit hat sich ebenfalls positiv auf die Arbeitssituation und die Wertschätzung der MitarbeiterInnen ausgewirkt, wodurch auch die Motivation und die Einsatzbereitschaft deutlich gestiegen sind. Hieran zeigt sich, dass neben der ökologischen und ökonomischen auch die soziale Entwicklung nachhaltig verbessert werden konnte. Die Kooperation folgt damit ganz den Prinzipien der Agenda2030.
In der zweiten Projektphase wurde die Präsenz der Hamburger Fachleute nach und nach verringert. Dadurch wurde dem palästinensischen Personal die Möglichkeit geboten, die Anlage in Eigenverantwortung zu betreiben. Die deutschen ExpertInnen von HAMBURG WASSER waren periodisch vor Ort, um Unterstützung bei Problemen zu leisten, Schulungen durchzuführen und neu beschaffte Ausrüstungen mit in Betrieb zu nehmen.
Außerdem hatte das palästinensische Personal die Möglichkeit, die Anlagen von HAMBURG WASSER vor Ort zu besichtigen. 2016 wurden zwei MitarbeiterInnen aus Nablus nach Hamburg geschickt, um dort ein mehrwöchiges ‚Job Shadowing‘ durchzuführen. Das bedeutet konkret, dass sie Fachpersonal von HAMBURG WASSER während der täglichen Routinearbeit begleitet haben und dadurch „live“ erlebten, wie standardisierte Arbeitsabläufe, Prozesse, Verantwortlichkeiten etc. in Hamburg organisiert und strukturiert sind.
Durch das mehrjährige Projekt ist eine Vertrauensbasis entstanden, was bestätigt, dass das sogenannte „Peer Learning“ (Lernen auf Augenhöhe) sehr erfolgreich war und nachhaltige Erfolge verzeichnen konnte. Die Stadt Nablus und HAMBURG WASSER mit Unterstützung von CONSULAQUA führen jetzt ihre Kooperation in anderen Bereichen wie der Trinkwasserversorgung weiter.
Kontakt
Christian Günner
+49 40 7888 82000
Christian.guenner@hamburgwasser.de
www.hamburgwasser.de
Ziel der Projektpartnerschaft ist es, die lokale Abfallwirtschaft zu verbessern. Dabei steht die Einführung der Mülltrennung im Fokus.
Die Bürgerinnen und Bürger sollen für die Trennung von Kunststoffabfällen und Biomüll sensibilisiert werden. Ebenso geht es um den Bau eines Wertstoffhofes, das Recycling von Kunststoffabfällen sowie die Einführung der Eigenkompostierung organischer Abfälle. Experten aus Tunesien können in Böblingen hospitieren. Regelmäßige Besuchsreisen unterstreichen, dass es nicht nur um Fachliches, sondern auch um eine Kommunalpartnerschaft geht. Langfristige Zusammenarbeit wird angestrebt.
Durch die gemeinsam gegründete deutsch-rumänische Umweltstiftung „AQUADEMICA“ mit Sitz in Rumänien erhalten auch die 40 weiteren Betriebe des Landes die Möglichkeit, von dem Know-how aus Deutschland zu profitieren. Mit Partnern wie der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA), der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und der Bayerischen Verwaltungsschule (BVS) werden die Projekte finanziert und gestaltet.
Ziel der Zusammenarbeit ist der langfristige Aufbau von nachhaltigem Betriebs-Know-how in Rumänien. Die geltenden EU-Standards müssen in Rumänien erfüllt werden. Oberste Priorität hat daher die Ausbildung der Mitarbeitenden.
Die MSE stellt für das Projekt Experten zur Verfügung, die regelmäßig im Jahr in Timișoara Lehrveranstaltungen abhalten. Beispielhaft wird rumänisches Kläranlagenpersonal an den zwei durch München gespendeten Lehrkläranlagen ausgebildet. Die Themen sind vielfältig, der Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung von verwaltungstechnischem Know-how.