Erfüllungsaufwand erstmals quantifiziert
„65 % EE“-Vorgabe nimmt Formen an
Nachdem erste Vorstellungen zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes vorab medienwirksam bekannt geworden waren und dann darüber in einem Koalitionsausschuss gerungen wurde, ist am 3. April der Referentenentwurf veröffentlicht worden.
11.04.23
Nachdem erste Vorstellungen zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes vorab medienwirksam bekannt geworden waren und dann darüber in einem Koalitionsausschuss gerungen wurde, ist am 3. April der Referentenentwurf veröffentlicht worden.
Nachdem die Leaks der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) zur Umsetzung der geplanten „65 % EE“-Vorgabe für neue Heizungen ab 2024 Ende Februar bzw. Anfang März für ein heftiges Medienecho sowie deutliche Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Regierungskoalition gesorgt hatten, die erst über einen dreißigstündigen Koalitionsausschuss ausgeräumt wurden, wurde am 3. April 2023 der Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes und zur Änderung der Heizkostenverordnung sowie zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung“ veröffentlicht. Der VKU hat hierzu Stellung genommen.
Für den Einbau klimafreundlicherer Heizungen müssen Bürgerinnen und Bürger nach Einschätzung des Wirtschaftsministeriums bis 2028 jährlich mehr als neun Milliarden Euro in die Hand nehmen. Dem stünden über eine Betriebszeit der Heizung von 18 Jahren zugleich Einsparungen in Höhe von rund 11 Milliarden Euro gegenüber, rechnet das Bundeswirtschaftsministerium vor. Die Einsparungen kommen unter anderem zustande, weil Öl und Erdgas in den kommenden Jahren absehbar teurer werden.
Die Bundesregierung hatte im Vorfeld der Konsultation gegenüber den Leaks einen deutlich technologieoffeneren Ansatz angekündigt. Der VKU hatte dies begrüßt, um vor allem bei der Gasversorgung eine geordnete und stufenweise Transformation in die Klimaneutralität zu ermöglichen. Gegenüber den Leaks sieht der Referentenentwurf nunmehr im Neubau weitere Erfüllungsoptionen (u. a. Hybridheizung, Solarthermie) sowie im Gebäudebestand (Biomasseheizung, Kombination unterschiedlicher Erfüllungsoptionen) vor. Obgleich dies im Grundsatz positiv zu be-werten ist, ist der technologische Lösungsspielraum um dezentrale KWK-Anlagen und Brennstoffzellen zu erweitern.
Damit der Anschluss an ein Wärmenetz als Erfüllungsoption für die „65 % EE“-Vorgabe angesehen wird, müssen neue Netze (Baubeginn nach dem 31. Dezember 2023) mit mindestens 65 % aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme bespeist werden. Für Bestandsnetze müssen bis zum 31. Dezember 2026 Transformationspläne vorgelegt werden. Diese sollen aufzeigen, wie der Anteil der klimaneutral erzeugten Wärme bis 2030 auf 50 Prozent angehoben werden kann. Der VKU kritisiert in seiner Stellungnahme die Einführung der 2030-Zielsetzung für Wärmenetze und weist dabei auf die weiterhin inadäquaten Rahmenbedingungen für den Hochlauf der klimaneutralen Fernwärme hin.
Auch die Erfüllungsoption „grüne Gasheizung“ muss hohe Anforderungen erfüllen: Gebäudeeigentümer dürfen eine H2-ready-Heizung nur einbauen, wenn der Gasnetzbetreiber einen Transformationsplan für eine verbindliche, vollständige Umstellung auf Wasserstoff bis zum 1. Januar 2035 vorlegt. Bis 2030 muss der Gebäudeeigentümer bereits zu 50 % klimaneutrales Gas beziehen (Biomethan oder grünen / blauen Wasserstoff). Bis 2035 soll der Anteil dann auf 65 % angehoben werden. Darüber hinaus hat der Gasnetzbetreiber einen Transformationsplan für die verbindliche, vollständige Umstellung der Versorgung seiner Kunden auf Wasserstoff vorzulegen. Der Transformationsplan muss mit einem Investitionsplan einhergehen. Dieser muss zwei- bis dreijährliche Meilensteine definieren, die für die Umsetzung des Neubaus oder der Umstellung des Gasnetzes auf Wasserstoff anzugeben sind. Der VKU kritisiert daran unter anderem, dass mit den EE-Vorgaben die Klimaziele für das Gasnetz faktisch von 2045 um zehn Jahre vorverlegt werden und zudem noch zahlreiche Unsicherheiten, etwa zur Ausgestaltung der Transformationspläne, bestehen.
Im Anschluss an das Konsultationsverfahren folgt das parlamentarische Verfahren, welches nach aktuellem Kenntnisstand vor der Sommerpause abgeschlossen werden soll. Der VKU wird sich auf Basis der Einschätzungen aus seiner Mitgliedschaft proaktiv für praxisgerechtere Anforderungen einsetzen.
Für die Kommunalwirtschaft ist darüber hinaus wichtig, dass die Gesetzgebung zur GEG-Novelle eng mit der Gesetzgebung zur kommunalen Wärmeplanung verzahnt wird. Die Transformation zur CO2-neutralen Wärmeversorgung wird vor Ort gestaltet. Deshalb bedarf es Handlungsspielräume und örtlich angepasste Optionen, um die ambitionierten Klimaziele umzusetzen. Daran wollen und werden kommunale Energieversorger aktiv mitwirken.