Liquiditätsrisiko Virtuelle Handelspunkte
Die Einführung Virtueller Handelspunkte gefährdet die Marktliquidität

Das nordische Hub-Modell kann nicht für ganz Europa dienen. Eine politisch induzierte Schaffung virtueller Handelspunkte gefährdet die hohe Liquidität des Terminhandels in Deutschland, von der auch die angrenzenden kleineren Gebotszonen profitieren. Dies würde Marktteilnehmer zusätzlichen Risiken aussetzen und die Transaktionskosten erhöhen.

07.10.24

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The Little Hut/stock.adobe.com 

Regionale Virtuelle Handelspunkte sind keine Blaupause für ganz Europa

 

Virtual Hubs oder Virtuelle Handelspunkte (Art. 9 Strombinnenmarkt-VO) waren während der Überarbeitung des EU-Strommarktdesigns eine der Lobbyprioritäten des VKU. Während des Legislativprozesses konnte der VKU erreichen, dass diese Hubs nicht automatisch eingeführt werden wie von der EU-KOM vorschlagen, sondern vorab eine gründliche und ergebnisoffene Folgenabschätzung erfolgen muss.

 

Dieses sog. Impact-Assessment wurde nun öffentlich konsultiert, um Risiken aus Sicht der Marktteilnehmer zu erfassen. Der VKU hat seinen Konsultationsbeitrag eingereicht und sich darin kritisch zur Schaffung solcher Hubs ausgesprochen.

 

Die europäische Agentur für die Zusammenarbeit der Regulierungsbehörden ACER hatte 2023 die Errichtung Virtueller Hubs vorgeschlagen, um die Liquidität auf Terminmärkten in kleineren Gebotszonen zu verbessern und der Fragmentierung dieser Märkte in Europa entgegenzuwirken. Diese Virtuellen Handelspunkte sollen nach der Vorstellung von ACER mehrere Gebotszonen umspannen. Terminkontrakte der jeweiligen Gebotszonen sollen gegen Preise auf diesen Hubs referenziert werden, analog zum Handel der nordischen Systempreis-Futures heute. Bei der Vorstellung des Konzepts hatte ACER die Absicherung gegen einen Virtuellen Hub-Preis für die CORE-Region mit der der Absicherung über liquide deutsche Strom-Futures verglichen, von der heute viele Nachländer Deutschlands profitieren.

 

Das nordische Hub-Modell kann allerdings keine Blaupause für ganz Europa sein, denn die politisch induzierte Schaffung regionaler Virtueller Handelspunkte ist mit potenziell schädlichen Auswirkungen auf den liquiden Terminhandel verknüpft. Es fehlen belastbare Aussagen, welche Verbesserungen dadurch tatsächlich erreicht werden können. Ein Blick auf die bisherigen Erfahrungen in skandinavischen Ländern mit Virtuellen Handelspunkten bestätigt das. Marktliquidität im Terminmarkt sowie im kurzfristigen Intraday-Markt sind in den nordischen zonalen Märkten suboptimal ausgeprägt. Seit der Aufteilung Schwedens in mehrere Preiszonen weichen die Preise zum hypothetischen Referenzpreis des nordischen Marktgebiets zunehmend ab. Für Hedging-Kontrakte ist dieser Referenzpreis daher nur bedingt geeignet.

 

Die Marktphase nach der Abspaltung Österreichs von der gemeinsamen Preiszone mit Deutschland im Jahr 2018 ist ein Beleg für eine drohende abnehmende Liquidität im Terminhandel, die Parallelen zu der verpflichtenden Schaffung regionaler Virtueller Handelspunkte aufweist. Das gemeinsame Terminprodukt (DE/AT-Future), das mit einem Referenzpreis eines Hubs verglichen werden kann, hatte nach Abspaltung Österreichs zunehmend an Liquidität verloren. Die Nachfrage der Marktteilnehmer aus Deutschland konzentrierte sich nach Abspaltung auf das rein deutsche Terminprodukt, um Preisunterschiede zum deutsch-österreichischen Referenzprodukt auszuschließen. Marktteilnehmer aus Österreich dagegen reagierten auf die sinkende Liquidität des DE/AT-Future, indem sie selbst deutsche Terminprodukte nachfragten.

 

Auch die Auswirkung virtueller Hubs auf den für kommunale Energieversorger wichtigen außerbörslichen Markt (“Over The Counter - OTC”) ist unklar. Kontrakte könnten u. U. aufgrund fehlender Leitungskapazitäten nicht physisch geliefert werden. Der Handel über Virtuelle Hubs erhöht damit die Komplexität der Risikoabsicherung und damit die Kosten für Endverbraucher.