Neufassung der Kommunalabwasserrichtlinie wird verhandelt
EU-Kommission schlägt neue Vorschriften für Kommunalabwasser und Schadstoffe in Gewässern vor
Ende Oktober hat die EU-Kommission den Entwurf der neuen Kommunalabwasserrichtlinie veröffentlicht. Neu ist, dass die Kläranlagen zur Spurenstoffreduktion ertüchtigt und die erweiterte Herstellerverantwortung verankert werden sollen: Erstmals sollen Hersteller von Arzneimitteln und Chemikalien, deren Produkte die Gewässer verunreinigen, in die Pflicht genommen werden. Mit der erweiterten Herstellerverantwortung greift die EU-Kommission eine langjährige Forderung des VKU auf und bringt eine überfällige Weiterentwicklung europäischer Umweltpolitik auf den Weg.
08.11.22
Ende Oktober hat die EU-Kommission den Entwurf der neuen Kommunalabwasserrichtlinie veröffentlicht. Neu ist, dass die Kläranlagen zur Spurenstoffreduktion ertüchtigt und die erweiterte Herstellerverantwortung verankert werden sollen: Erstmals sollen Hersteller von Arzneimitteln und Chemikalien, deren Produkte die Gewässer verunreinigen, in die Pflicht genommen werden. Mit der erweiterten Herstellerverantwortung greift die EU-Kommission eine langjährige Forderung des VKU auf und bringt eine überfällige Weiterentwicklung europäischer Umweltpolitik auf den Weg.
Am 26. Oktober 2022 hat die EU-Kommission ihre Vorschläge für eine Überarbeitung der Kommunalabwasserrichtlinie und der Schadstofflisten für Oberflächengewässer und Grundwasser als Teil des „Null-Schadstoff“ Paktes veröffentlicht. Der VKU hat die Veröffentlichung mit einem Pressestatement kommentiert und wird die Verhandlungen auf EU-Ebene weiterhin eng begleiten. Im nächsten Schritt werden das Europäische Parlament und der Ministerrat in den kommenden Monaten ihre Positionen zu den Vorschlägen erarbeiten.
Im Paket enthalten ist insbesondere eine umfassende Überarbeitung der Kommunalabwasserrichtlinie und eine weitreichende Ausweitung des Anwendungsbereichs. Die Zielsetzung soll vom Umweltschutz auf Gesundheitsschutz, Reduktion von Treibhausgasemissionen, Verbesserung von Governance und Transparenz des Sektors, den besseren Zugang zu sanitären Anlagen und regelmäßiges Monitoring von für die öffentliche Gesundheit relevanten Parametern – in Folge der Pandemie – erweitert werden.
Die Nährstoffeinträge in Gewässer sollen über verschärfte Grenzwerte für Stickstoff und Phosphor am Ablauf der Kläranlage weiter reduziert werden. Neu eingeführt werden sollen Grenzwerte für Mikroschadstoffe und damit verbunden neue Vorgaben für die erweitere (vierte) Reinigungsstufe auf Kläranlagen. Aus VKU-Sicht ist bei den erhöhten Anforderungen an Kläranlagen ein genauer Blick notwendig: Welche Anlagen konkret für eine wirksame Spurenstoffreduzierung im Sinne von Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit geeignet sind, muss sorgfältig geprüft werden. Dazu braucht es klare Kriterien, die auch die Situation vor Ort berücksichtigen und den Betreibern die notwendige Planungs- und Investitionssicherheit geben.
Besonders begrüßenswert ist aus VKU-Sicht hingegen, dass die EU-Kommission die VKU-Forderung aufgegriffen und die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung vorgeschlagen hat. Dass die EU-Kommission die Hersteller von Schadstoffen stärker in die Pflicht nimmt, hat der VKU als zentrale und überfällige Weiterentwicklung und als Meilenstein europäischer Umweltpolitik unterstützt. Das vorgeschlagene System soll auf Arzneimittel und Körperpflegeprodukte abzielen und zum einen zusätzliche Kosten für die vierte Reinigungsstufe abdecken und zum anderen anreizen, dass weniger schädliche Produkte auf den europäischen Markt in Verkehr gebracht werden.
In Bezug auf Niederschlagswasser sollen die Mitgliedstaaten integrierte Wassermanagementpläne in allen großen Kläranlagen und denjenigen über 10.000 EW, bei denen ein Umweltrisiko besteht, umsetzen. Präventiven Maßnahmen inklusive der Einrichtung grüner Infrastrukturen und einer Verbesserung bestehender Sammlungs- und Behandlungssysteme soll Vorrang eingeräumt werden. Bis 2040 soll dann ein indikatives EU-Ziel für alle Anlagen über 10.000 EW folgen.
Im Rahmen des Grünen Deals sollen auch neue Vorgaben im Bereich Klimaneutralität und Energieeffizienz aufgenommen werden. Jeder Mitgliedstaat soll bis Ende 2040 sicherstellen, dass die Betreiber von Abwasserbeseitigungsanlagen Klimaneutralität erreichen, indem die benötigten Energiemengen vollständig aus erneuerbaren Energien, vornehmlich durch Nutzung der eigenen Energiequellen (z.B. PV, Schlamm etc.), gedeckt werden. Energieaudits sollen bis Ende 2025 für alle Anlagen über 100.000 EW und bis Ende 2030 über 10.000 EW verpflichtend eingeführt werden. Der VKU hat sich dafür ausgesprochen, die Bedingungen, unter denen sich kommunale Abwasserentsorger im Ausbau erneuerbarer Energien engagieren können, zu vereinfachen. Der VKU hat außerdem darauf hingewiesen, dass das Klimaneutralitätsziel das Ziel, die Gewässerbelastung durch Abwassereinträge weiter zu reduzieren, nicht konterkarieren darf.
In Bezug auf Klärschlamm soll die EU-Kommission dazu ermächtigt werden, feste Mindestrückgewinnungsraten für bspw. Phosphor festzulegen.
Ähnlich wie bei der Neufassung der EU-Trinkwasserrichtlinie sollen auch Informationen für die Öffentlichkeit Eingang in die neue Richtlinie finden. Mindestens einmal im Jahr, bspw. über die Rechnung, sollen Informationen über die Behandlung, das gesammelte und behandelte Volumen eines Haushaltes, zusammen mit jährlichen Trends, sowie Preis und Kosten pro Liter und Kubikmeter und ein Vergleich mit dem Durchschnittshaushalt zur Verfügung gestellt werden. Online sollen Abwasserentsorger bspw. auch über die jährlichen Investitions- und Betriebskosten sowie Kosten in Verbindung mit Personal, Energie etc. sowie über die Kostendeckung informieren.