Nächster Schritt für Textilien
EU-Umweltrat positioniert sich zur Abfallrahmenrichtlinie

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben am 17. Juni 2024 eine Einigung zur Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie erzielt, die weitreichende Maßnahmen zur Reduzierung und Behandlung von Textilabfällen sowie zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung vorsieht.

24.06.24

Erweiterte Herstellerverantwortung für Textilien

Die aktuelle Abfallrahmenrichtlinie, die seit 2008 in Kraft ist, verpflichtet die Mitgliedstaaten bereits, bis zum 1. Januar 2025 die getrennte Sammlung von Textilien zur Wiederverwendung, Vorbereitung zur Wiederverwendung und zum Recycling sicherzustellen. Nun haben sich die Ministerinnen und Minister der EU-Mitgliedsstaaten zu dem EU-Kommissionsvorschlag zur Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie positioniert. Dieser sieht die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien vor.

Erweiterte Herstellerverantwortung

Ein zentrales Element des neuen Vorschlags ist die Einführung harmonisierter Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung. Diese Systeme verpflichten Modemarken und Textilhersteller zur Zahlung von Gebühren, die zur Finanzierung der Kosten für die Sammlung und Behandlung von Textilabfällen beitragen sollen. Die Systeme sollen laut Ratsposition bis zu 30 Monate nach Inkrafttreten der überarbeiteten Richtlinie implementiert werden.

Die Höhe der Gebühren soll nach der Kreislauffähigkeit und Umweltleistung der Textilerzeugnisse gestaffelt werden, was auch als Ökomodulation bezeichnet wird. Unternehmen, die typische Praktiken der "Fast Fashion" anwenden, können dabei höheren Gebühren unterliegen, um Anreize zur Abfallvermeidung zu schaffen. Dies soll insbesondere dem hohen Ressourcenverbrauch der Fast-Fashion-Industrie entgegenwirken.

Der VKU begrüßt die Maßnahmen: „Es ist gut und richtig, dass in Zukunft endlich auch die Hersteller in die Verantwortung für Alttextilien genommen werden. Das macht Hoffnung auf einen Fast-Fashion-Stopp. Zudem ist es erfreulich, dass sich der EU-Umweltrat zur Ausgestaltung der Herstellerverantwortung positioniert hat, damit die Verhandlungen auf EU-Ebene so schnell wie möglich aufgenommen werden können.“

Die Rolle von gemeinnützigen Sammlern

Die Position des Rates erkennt zudem die Schlüsselrolle der Akteure der Sozialwirtschaft bzw. gemeinnützigen Sammlern an, zu denen Wohltätigkeitsverbände, soziale Unternehmen und Stiftungen gehören. Diese dürfen ihre eigenen Sammelstellen für die getrennte Sammlung weiterhin betreiben und können von bestimmten Berichtspflichten befreit werden, um unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden.

Der VKU weist hierbei ausdrücklich auf die Bedeutung der Unterstützung der kommunal-gemeinnützigen Sammelstrukturen hin: Wichtig bleibt für die Kompromissverhandlungen, dass die gesamte kommunale und gemeinnützige Sammelstruktur durch die Hersteller finanziell unterstützt wird. Die kommunale Organisationshoheit nach dem deutschen Kreislaufwirtschaftsgesetz muss beibehalten werden und auch auf europäischer Ebene müssen die kommunalen Akteure Beachtung finden.

Der VKU betont dabei auch die Dringlichkeit: Durch die Neu-Konstituierung des Parlaments und der Kommission nach der Europawahl verzögern sich die Verhandlungen in diesem Gesetzgebungsprozess bereits um Monate. Und mit der 2025 kommenden Getrenntsammlungspflicht brauchen die kommunalen Abfallwirtschaftsunternehmen baldmöglichst Planungssicherheit.

Nächste Schritte

Mit der erzielten Position des Rates können nun Gespräche mit dem Europäischen Parlament über den endgültigen Text aufgenommen werden, sobald sich das neue Parlament konstituiert hat.


Hintergrund

Jährlich fallen in der EU 12,6 Millionen Tonnen Textilabfälle an, davon 5,2 Millionen Tonnen allein an Bekleidung und Schuhen. Pro Person entspricht dies einer Abfallmenge von 12 Kilogramm jährlich. Derzeit werden nur 22 % dieser Abfälle getrennt für die Wiederverwendung oder das Recycling gesammelt, während der Rest meist verbrannt oder deponiert wird.

Am 5. Juli 2023 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie vor, der sich besonders auf den Lebensmittel- und den Textilsektor konzentrierte.

Mit der Positionierung setzen die EU-Mitgliedstaaten ein deutliches Zeichen für mehr Nachhaltigkeit und den verstärkten Kampf gegen Abfall. Die kommenden Verhandlungen werden entscheidend dafür sein, wie diese Maßnahmen konkret umgesetzt werden und welchen Einfluss sie auf die europäische Textil- und Lebensmittelindustrie haben werden.