Taxonomie
VKU gibt Stellungnahme zu vorgeschlagenen Taxonomie-Kriterien ab

Mit der sogenannten Taxonomie möchte die Europäische Kommission Finanzströme anhand bestimmter Kriterien, der sogenannten Technical Screening Criteria (TSC), in nachhaltige Anlagen und Investitionen lenken. Zur Festlegung dieser Kriterien wird derzeit an einem weiteren delegierten Rechtsakt gearbeitet, der zahlreiche Aktivitäten in den Bereichen Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Abfall-/Kreislaufwirtschaft umfasst. Die von der EU-Kommission beauftragte Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen hat nun Vorschläge für Kriterien in den besagten Tätigkeitsfeldern unterbreitet, bei deren Erfüllung Aktivitäten als taxonomiekonform einzustufen wären. Der VKU hat den Bericht ausführlich kommentiert.

08.08.22

Der erste delegierte Rechtsakt mit den Nachhaltigkeitskriterien, den sogenannten Technical Screening Criteria (TSC), zu den ersten beiden Umweltzielen der Taxonomie, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, wurde vergangenes Jahr verabschiedet und seit Januar 2022 angewandt. Dort wird festgelegt, welche Kriterien wirtschaftliche Aktivitäten erfüllen müssen, um einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel zu leisten und dementsprechend als nachhaltige Investition zu gelten. Um die Kriterien für einen Beitrag von Energieerzeugungsaktivitäten in Verbindung mit Erdgas und Atomkraft festzulegen, wurde Anfang des Jahres ein ergänzender delegierter Rechtsakt vorgelegt, in dessen Erarbeitung und politische Verabschiedung der VKU sich intensiv einbrachte. Dieser wird ab dem ersten Januar 2023 in Kraft treten.

Ausstehend ist ein zweiter delegierter Rechtsakt mit den Kriterien für einen wesentlichen Beitrag zu den übrigen vier Umweltzielen, der nachhaltigen Nutzung und dem Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, dem Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, der Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie dem Schutz und der Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme. Ende März hat die Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen ihren finalen Bericht mit Vorschlägen für Kriterien veröffentlich. Diesen hat der VKU detailliert ausgewertet und nun eine umfassende Stellungnahme ausgearbeitet, welche Sie im Mitgliederbereich finden können.

Kriterien für Wirtschaftsaktivitäten der kommunalen Abfallwirtschaft  
Im Bereich der Kreislaufwirtschaft sieht der VKU insbesondere zwei Punkte kritisch. Zum einen, dass die Kriterien in keiner Weise die Sammlung und Behandlung von Restmüll positiv anerkennen und zum anderen die negative Bewertung der thermischen Abfallbehandlung. Zwar ist es aus Sicht des VKU unstreitig, dass Abfälle möglichst, d.h. je nach ihrer Rezyklierbarkeit, nach Wertstofffraktionen getrennt werden sollen. Dennoch verbleibt zwingend ein gewisser Anteil an Restmüll (etwa: Abfälle aus Hygieneartikeln, stark verunreinigter Abfall, Corona-Testabfälle etc.). Restmüll muss zwingend gesammelt und behandelt werden, um die Entsorgungssicherheit zu gewährleisten und den Schadstoffeintrag in die Umwelt zu vermeiden. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass die Taxonomie keine Aktivitäten im Zusammenhang mit der Sammlung und nachfolgend der Behandlung von Restmüll und anderen nicht hochwertig recycelbaren Abfällen positiv in Bezug nimmt. In der Taxonomie sollten daher auch Kriterien für ein effizientes Management von Restmüll entwickelt werden.

Ganz allgemein spricht sich der VKU gegen die Logik der TSC mit Blick auf die thermische Abfallbehandlung (TAB) aus. Die TSC sagen lapidar: “Die Verbrennung von nicht gefährlichen Abfällen wird ausgeschlossen wegen des bedeutenden Schadens, der hierdurch den Kreislaufwirtschaftszielen, und den Zielen des ersten delegierten Taxonomie-Rechtsakts zugefügt wird.” Der VKU sieht dies äußerst kritisch, da thermische Abfallbehandlungsanlagen – zusammen mit der getrennten Sammlung, dem Recycling und der Deponiegasverwertung – dazu beitragen, dass allein in Deutschland seit 1990 fast 30 Millionen Tonnen CO2eq pro Jahr vermieden werden, indem die Abfälle nicht mehr deponiert werden und kein Methan mehr emittieren. Vor diesem Hintergrund kann aus Sicht des VKU nicht schlüssig argumentiert werden, dass die TAB dem Klimaschutz schaden würde. Daher spricht sich der VKU für die Einbeziehung der Energieerzeugung aus der Abwärme der thermischen Verwertung, sofern diese gemäß der Abfallhierarchie nach 2008/98/EG als umweltfreundlichste Variante ausgewählt wurde, als „zum Klimaschutz beitragend“ in die Taxonomie aus.

Kriterien für Wirtschaftsaktivitäten der kommunalen Wasser- und Abwasserwirtschaft
Für eine „taxonomiekonforme“ Wasserversorgung und Abwasserentsorgung schlägt der finale Bericht der Plattform Kriterien vor, die für einen wesentlichen Beitrag zu dem Umweltziel „Nachhaltiger Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen“ erzielt werden müssen. Dabei konnten aufgrund der Kritik des VKU im vorangegangenen Konsultationsprozess einige Verbesserungen erreicht werden.

Für die Wasserversorgung wurde nun neben den Aktivitäten „Bau und Erweiterung eines Wasserversorgungssystems“ und der Aktivität „Erneuerung eines Wasserversorgungssystems“ zusätzlich der „Betrieb eines Wasserversorgungssystems“ aufgenommen, der im Vergleich zu den beiden erstgenannten etwas weniger strenge Schwellenwerte vorgibt. Dadurch wird die taxonomiekonforme Finanzierung von Investitionen vereinfacht, die nicht unmittelbar mit dem Bau oder der Erneuerung von Leitungsnetzen oder Versorgungsanlagen in Verbindung stehen. Dass die Taxonomie mit ihren Kriterien auf die Erfüllung anderer EU-Richtlinien verweist, ist grundsätzlich sinnvoll. Unterschiedliche Schwellenwerte – wie bei der Wasserversorgung die Festlegung von noch akzeptablen Wasserverlusten – müssen aber vermieden werden.

Die Plattform erkennt die bedeutende Rolle der Abwasserentsorgung zur Vermeidung und Verminderung von Umwelt- und Gewässerbelastungen an, die damit insbesondere auch andere, der Abwasserentsorgung vorgelagerte Nutzungen und Wirtschaftsaktivitäten, entlastet. Vor diesem Hintergrund ist es Sicht des VKU von entscheidender Bedeutung, dass über die Taxonomie nachhaltige Finanzierungen für Investitionen in die Abwasserentsorgung sichergestellt werden. Mit Blick auf das gesamte Leistungsspektrum der Abwasserentsorgung besteht bei den Bewertungskriterien der verschiedenen Umweltziele nach wie vor die Gefahr, Ziele des Klimaschutzes gegen die Ziele des Gewässerschutzes auszuspielen. Diesen Punkt hat der VKU seit Beginn der Arbeit an der EU-Taxonomie stets gegenüber der Plattform und auch der EU-Kommission immer wieder hervorgehoben.

Basierend auf dem Bericht der Plattform erarbeitet die EU-Kommission ihren Vorschlag für einen delegierten Rechtsakt mit Kriterien für einen wesentlichen Beitrag zu den übrigen vier Umweltzielen. Dieser soll bis Ende des Jahres vorgelegt werden, ein genaues Datum ist nicht bekannt.