Rechtsetzungsverfahren zu Gas und zur Gebäudeenergieeffizienz beginnt
Zweiter Teil des europäischen „Fit für 55“-Pakets veröffentlicht
Am 15. Dezember 2021 veröffentlichte die EU-Kommission den zweiten Teil des „Fit für 55“-Pakets zur Umsetzung der neuen EU-Klimaziele. Darin enthalten sind die Vorschläge zur Dekarbonisierung der Gasmärkte, Förderung von Wasserstoff und Verringerung der Methanemissionen sowie zur Förderung der Dekarbonisierung des Gebäudesektors.
25.01.22
Am 15. Dezember 2021 veröffentlichte die EU-Kommission den zweiten Teil des „Fit für 55“-Pakets zur Umsetzung der neuen EU-Klimaziele. Darin enthalten sind die Vorschläge zur Dekarbonisierung der Gasmärkte, Förderung von Wasserstoff und Verringerung der Methanemissionen sowie zur Förderung der Dekarbonisierung des Gebäudesektors.
Nachdem die EU-Kommission im Sommer 2021 den ersten Teil des „Fit für 55“-Pakets vorgelegt hatte (VKU-Nachrichtenbeitrag, Pressemitteilung und VKU-Stellungnahmen), veröffentlichte sie am 15. Dezember 2021 den zweiten Teil. In einer Pressemitteilung begrüßte der VKU grundsätzlich die Vorschläge zur Überarbeitung der Verordnung und Richtlinie zu Gasmärkten und Wasserstoff sowie den neuen Vorschlag für eine Verordnung zur Reduzierung von Methanemissionen im Energiesektor (Gaspaket), machte aber deutlich, dass u.a. die Entflechtungsregeln den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft erschweren können. Auch die Überarbeitung der Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie) ist sinnvoll, doch anstatt nur auf Einzelgebäude sollte aus VKU-Sicht stärker auf CO2-Vermeidungsstrategien im Quartier abgezielt werden. Die konkreten Vorschläge lassen sich wie folgt kurz zusammenfassen und bewerten.
Gasmärkte- und Wasserstoffpaket
Das Paket soll die Dekarbonisierung des Gassektors sowie die Entwicklung von erneuerbaren und kohlenstoffarmen Gasen sowie Wasserstoff unterstützen. Aus VKU-Sicht ist begrüßenswert, dass die EU-Kommission Erdgas übergangsweise und vor allem klimaneutralen Gasen einen festen Platz in der künftigen Energieversorgung zuerkennt und Erdgas- sowie Wasserstoffregulierung gemeinsam geregelt werden sollen, z. B. durch die Ausweitung des Gasbegriffs auf Biogas und Wasserstoff. Deutlich wird, dass neue Regelungen zum Gasvertrieb und Verbraucherschutz, aber auch das Prinzip der Energiebürgergemeinschaften bestehende Regelungen aus dem Strombinnenmarkt spiegeln. Positiv bewertet der VKU auch, dass die Entflechtungsvorschriften der Gasverteilnetzbetreiber nicht grundsätzlich überarbeitet werden sollen. Die künftig verschärften Entflechtungsregeln für Wasserstoffnetzbetreiber, die auch Gasverteilnetzbetreiber einschließen, sieht der VKU aber ebenso kritisch wie die Vorgaben, die eine Finanzierung der Wasserstoffnetze über die Gasnetze verhindern sollen. In der vorgeschlagenen integrierten Netzplanung hat die EU-Kommission keine Verzahnung mit der Wärmeplanung vorgeschlagen. Auch sollen eine EU-Organisation der EU-Wasserstoffnetzbetreiber gegründet und Gasverteilnetzbetreiber in die EU-DSO-Entity (EUDE) integriert werden.
Reduzierung von Methanemissionen
Neben der Überarbeitung des europäischen Gasbinnenmarkts wird die Reduzierung von Methanemissionen im Energiesektor durch die bessere Erkennung und Reparatur von Lecks und der Begrenzung des Ablassens und (Betreiber von Öl-, Gas- und Kohlekraftwerke) zusätzliche Anforderungen an die Gasbranche stellen. Aus Sicht des VKU sind die im Verordnungsvorschlag enthaltenen Vorgaben zur Erfassung und Beseitigung von Methanemissionen sowie der entsprechenden Berichterstattung grundsätzlich zielführend, da die Daten dadurch strukturiert und vergleichbar werden. Eine feste Zielvorgabe zur Reduktion von Methanemissionen ist im Vorschlag nicht enthalten, aber einige weitreichende Verpflichtungen und auch Sanktionsmöglichkeiten. Einige der Vorgaben knüpfen an in Deutschland bereits gelebte Praxis an. Aus VKU-Sicht ist es wichtig, dass die zusätzlichen Vorgaben möglichst auf etablierte Verfahren und Institutionen aufbauen, um Mehrfachmeldungen von Daten vermeiden zu können.
Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie
Mit dem Vorschlag will die EU-Kommission den Mitgliedstaaten detailliertere Regelungen zur Energieeffizienzsteigerung vorgeben und ergänzend zur bisherigen Zielsetzung auf die Reduktion der THG-Emissionen abstellen. Die Anforderungen an Neubauten sollen über die Einführung eines „Zero-Emission Building“-Standards, der den Fokus stärker auf die Vor-Ort-Erzeugung von erneuerbaren Energien legt, weiter verschärft werden. Zudem soll der Bestand viel stärker als bisher über die Einführung von energetischen Mindeststandards adressiert werden. Auch ein Gebäuderenovierungspass soll eingeführt und der Gebäudeenergieausweis häufiger aktualisiert werden. Deutlich nachgeschärft werden sollen auch die Anforderungen im Bereich Gebäudeausstattung für Ladeinfrastruktur bzw. Leitungsinfrastruktur bei Neubauten und Bestandsgebäuden. Die Ausstattung von Bestandsgebäuden sollen erleichtert und rechtliche Hemmnisse sollen abgebaut werden. Aus VKU-Sicht enttäuschend ist, dass eine stärkere Berücksichtigung von Quartierslösungen im Vorschlag nicht enthalten ist.
Weiterer Prozess
Mit der Veröffentlichung der Vorschläge beginnt auf EU-Ebene das ordentliche Gesetzgebungsverfahren. In den kommenden Monaten werden Parlament und Rat ihre jeweiligen Positionen erarbeiten, bevor die EU-Institutionen miteinander über Kompromisse verhandeln („Trilog-Verfahren“). Das Rechtssetzungsverfahren kann bis zu zwei Jahre dauern.
Der VKU brachte sich bereits vor Veröffentlichung der Vorschläge aktiv in den Konsultationsprozess zur Überarbeitung der Richtlinien und Verordnungen mit begleitenden Gesprächen mit der EU-Kommission und dem EU-Parlament ein. Der Verband wird die Rechtsetzungsverfahren eng begleiten, um die Interessen der kommunalen Unternehmen in allen Phasen des Prozesses aktiv zu vertreten.