Nachhaltige Finanzierung
EU-Klassifikation soll grüne Finanzprodukte fördern

Europäische Kommission, Rat und Europaparlament haben im Dezember eine politische Einigung für eine Nachhaltigkeitsklassifikation für Finanzprodukte erzielt. Eine so genannte Taxonomie soll nachhaltige Investitionen klar kenntlich machen und dadurch fördern. Wichtige technische Details sind noch zu klären.

30.01.20

Nach rund anderthalbjährigen Verhandlungen konnten die Europäische Kommission, der Ministerrat und das Europaparlament im Trilogverfahren eine politische Einigung für eine Klassifizierung nachhaltiger Investments, zur genannten Taxonomie-Verordnung, erzielen. Diese soll einen einheitlichen Rahmen zur Kennzeichnung nachhaltiger Finanzprodukte bieten und ab Ende 2021 schrittweise in Kraft treten. Grundlage der Taxonomie sind sechs Umweltziele: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie Schutz und Wiederherstellung der ökologischen Vielfalt und der Ökosysteme. Als nachhaltig sollen grundsätzlich wirtschaftliche Aktivitäten gelten, die mindestens eines der Ziele fördern, ohne dabei anderen Umweltzielen erheblich zu schaden; außerdem sollen sie sozialen und Governance-Mindeststandards gerecht werden.

Die Klassifikation steht damit in enger Verbindung zum Klimapaket „ European Green Deal“, das Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen soll. Die Taxonomie sieht drei Abstufungen nachhaltiger Aktivitäten vor: Als „nachhaltig“ im engsten Sinne gelten Investitionen, die die Nachhaltigkeitsdefinition vorbehaltslos erfüllen. Hinzu kommen zwei bedingt nachhaltige Kategorien, die als „Übergangs-“ und als „Ermöglichungsaktivitäten“ („transitional“, „enabling activities“) bezeichnet werden. Übergangstechnologien mit mittleren Emissionen können dann als nachhaltig klassifiziert werden, wenn zunächst keine emissionsarme Alternative zur Verfügung steht, sie aber den Übergang zu solchen Technologien perspektivisch ermöglichen. Als ermöglichend gelten Aktivitäten mit gesteigertem Emissionsausstoß, die entscheidend für den Aufbau emissionsarmer Aktivitäten sind. Grundsätzlich ausgeschlossen von allen Nachhaltigkeitskategorien sind kohlebasierte Investitionsvorhaben. Die Klassifizierung soll einen weitreichenden Anwendungsrahmen erhalten.

Grundsätzlich betrifft sie Finanzinvestoren und Banken und die Nachhaltigkeit ihrer Investments. Dazu sollen große Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern die Taxonomie anwenden, um die Nachhaltigkeit ihrer Aktivitäten zu dokumentieren. Eine Anwendung bei Kreditvergaben und bei kleinen Unternehmen ist vorerst nicht vorgesehen, eine indirekte Wirkung durch ein entsprechendes Marktumfeld oder eine zukünftige Ausweitung ist jedoch denkbar. Die genaue Ausgestaltung hängt maßgeblich von den technischen Kriterien der Verordnung ab. Diese technischen Kriterien werden von einer durch die EU-Kommission eingesetzten technischen Expertengruppe ausgearbeitet und von der EU-Kommission schließlich beschlossen. Die Expertengruppe wird Anfang März 2020 ihren Abschlussbericht vorstellen. Anhand der Kriterien entscheidet sich, ob der politisch formulierte Kompromiss von Übergangstechnologien auch praktisch zur Bedeutung gelangt. Von zentraler Bedeutung wird der Emissionsgrenzwert für die Stromerzeugung – er wird unter anderem darüber entscheiden, wie lange Erdgas seine wichtige Rolle noch spielen kann. Für den Mobilitätsbereich ist ferner zu erwarten, dass ab 2026 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge als nachhaltig gelten sollen. Am 12. März 2020 soll der Abschlussbericht in einem Stakeholder-Dialog in Brüssel diskutiert werden.