Europäischer Grüner Deal
EU-Parlament positioniert sich zu EU-Wasserstoffstrategie und Integration des Energiesystems

Nachdem die EU-Kommission im Sommer 2020 Strategien über eine europäische Wasserstoffwirtschaft und die Integration der Energiesysteme vorgelegt hatte, hat sich das Europäische Parlament am 19. Mai 2021 zu den Strategien positioniert. Konkrete Gesetzgebungsvorschläge der EU-Kommission sollen im Sommer und zum Ende des Jahres folgen.

25.05.21

Ein Jahr nach Vorlage der europäischen Wasserstoffstrategie sowie der Strategie zur Integration des Energiesystems (siehe VKU Pressemitteilung) haben sich die Mitglieder des Europäischen Parlaments am 19. Mai 2021 zu beiden Strategien der EU-Kommission positioniert. Der Initiativbericht des Parlaments hat zwar keinen rechtsverbindlichen Charakter, drückt jedoch seine Erwartungen an die kommenden Gesetzgebungsvorschläge der EU-Kommission im Rahmen des Europäischen Grünen Deals aus.

Der VKU hat in einer Pressemitteilung begrüßt, dass das Parlament die Bedeutung von kohlenstoffarmen Gasen sowie der Technologieneutralität bestätigt hat. Nicht nur die Technologieneutralität wird einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung, auch des Wärmesektors, leisten. Um die kurzfristigen CO2-Einsparpotentiale nutzen zu können, nehmen kohlenstoffarme Gase eine wichtige Rolle ein. Aus VKU-Sicht müssen jetzt gehandelt und die vorhandenen Potentiale genutzt werden, um die ambitionierten Emissionsreduktionsziele erreichen zu können.

Wasserstoff als Bindeglied der Sektoren

Die Strategie der Kommission zur Integration des Energiesystems sowie das Parlament heben den Mehrwert des verstärkten Einsatzes von Wasserstoff in einem integrierten Energiesystem zur Verringerung der CO2-Emissionen hervor. Im europäischen Energiesystem wird Wasserstoff die Rolle des Bindeglieds für das intelligente Vernetzen der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr einnehmen. Dabei ist aus VKU-Sicht das geschickte Gestalten der Sektorenkopplung bei der Produktion, dem Verteilen und Nutzen vor Ort der Schlüssel für effiziente und klimafreundliche Energiesysteme. Kommunale Unternehmen bringen genau hier ihr Wissen und ihre Expertise ein. Sie sind erfahren im langjährigen Anwenden von verschiedenen Formen der Sektorenkopplung wie Kraft-Wärme-Kopplung und energetischer Abfallverwertung. Sie bieten für Wasserstoff und weitere Produkte der Elektrolyse, wie Sauerstoff oder Abwärme, Einsatzmöglichkeiten in Kläranlagen, Verteil- und Wärmenetzen und steigern zudem die Flexibilität des Stromnetzes.

Bei dem Aufbau einer klimaneutralen europäischen Wasserstoffwirtschaft spielen dezentrale Ansätze eine besondere Rolle. Neben dem regionalen Wertschöpfungspotential von „hydrogen valleys“ sind kurze Distributionsketten für das zukünftige Versorgen der Sektoren Wärme, Verkehr und Industrie mit Wasserstoff unverzichtbar. Auch das Parlament bestätigt die Wichtigkeit von lokalen branchenübergreifende Wasserstoffwertschöpfungsketten zum Aufbau einer EU-Wasserstoffwirtschaft.

Der VKU hatte anlässlich der Beratungen im Parlament darauf hingewiesen, dass die Politik regionale Faktoren und dezentrale Potentiale wesentlich stärker berücksichtigen muss. Kommunale Unternehmen gestalten die Wasserstoffwirtschaft vor Ort bereits mit. Mit seiner wirtschaftlichen Anpassungsfähigkeit für die klimaneutralen Gase sollte aus VKU-Sicht die Leistungsfähigkeit, Schnelligkeit und Reaktionsfähigkeit des Verteilnetzes für die effektive sowie effiziente Dekarbonisierung genutzt werden. Die Dekarbonisierung des Energie- und Wärmesystems ohne Einbeziehung der Gasverteilnetze wäre ineffizient, teuer und würde die Versorgungssicherheit gefährden. Die Dekarbonisierung des Energie- und Wärmesystems ist auf alle verfügbaren Infrastrukturen und Energiequellen angewiesen. Insbesondere für den Hochlauf des Wasserstoffmarktes ist ein technologieoffener Bezug von klimaneutralem Wasserstoff unabhängig von seiner Erzeugungsart von entscheidender Bedeutung. Die Sicherheit der öffentlichen Trinkwasserversorgung muss dabei absoluten Vorrang genießen. Erfolge bei der Wasserstoffwirtschaft dürfen nicht mit Gewässerschutzbelastungen in der EU, wie zum Beispiel durch Carbon Capture and Storage (CCS), erkauft werden.

Nächste Schritte

Beide Strategien enthalten grobe Zielvorstellungen der EU-Kommission, wie der energiepolitische Rechtsrahmen der EU angepasst werden sollte, um einen europäischen wettbewerbsfähigen Wasserstoffmarkt aufzubauen sowie das europäische Energiesystem zu integrieren. Voraussichtlich Mitte Juli will die EU-Kommission die erste Hälfte des „Fit für 55“-Pakets vorlegen. Die zweite Hälfte des Pakets hat die EU-Kommission für Ende 2021 angekündigt. Nach Vorlage der Gesetzesvorschläge wird es Aufgabe des Parlaments und des Rates der EU sein, die Inhalte zu verhandeln und einen neuen Rechtsrahmen zu erarbeiten bzw. anzupassen. Der VKU wird die bevorstehenden Verhandlungen auf europäischer Ebene eng begleiten und die Positionen der Kommunalwirtschaft aktiv einbringen.