Finanzverwaltung äußert sich zu Folgen der BFH-Rechtsprechung
Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in Freizeit-, Spaß- und Thermalbädern

Mit Beschluss vom 17.08.2021 (XI B 29/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Thermalbad, das nicht zum Schwimmen bestimmt und geeignet ist, dem Regelsteuersatz (19 %) unterliegt. Das Bundesministerium der Finanzen hat nun mitgeteilt, dass dieser Entscheidung keine allgemeine Bedeutung für Freizeit-, Spaß- und Thermalbäder zukommt.

17.11.22

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG unterliegen unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundene Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. In seinem Beschluss vom 17.08.2021 (XI B 29/21) hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Frage beschäftigt, ob dieser Steuersatz auch bei einem Thermalbad Anwendung findet.

Bei der Klägerin handelt es sich um die Betreiberin der X-Therme. Den Besuchern der X-Therme werden in einer "Badewelt" und einer "Saunawelt" verschiedene Bade-, Sauna-, Wellness-, Erlebnis- und Therapiemöglichkeiten unter Nutzung von Solewasser aus einer heilklimatischen Quelle geboten. Die Wassertemperatur beträgt zwischen 31 Grad und 37 C°.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass in diesem Fall der ermäßigte keine Anwendung findet. Es wies dabei u.a. darauf hin, dass der Begriff „Schwimmbad“ richtlinienkonform im Sinne einer Sportanlage auszulegen ist. Ein Schwimmbad im Sinne einer Sportanlage muss demnach zur Ausübung einer sportlichen Betätigung geeignet und bestimmt sein. Anzeichen dafür sind z.B. die Unterteilung in Schwimmbahnen, die Ausstattung mit Startblöcken, eine angemessene Tiefe oder ein angemessenes Ausmaß des Schwimmbeckens (vgl. EuGH-Urteil Město Žamberk vom 21.02.2013 - C-18/12, EU:C:2013:95, Rz 34 zu einem "Aquapark").

Diese Voraussetzung sah der BFH im Fall der X-Therme nicht als erfüllt an. Damit unterliegen sämtliche Umsätze der X-Therme dem Regelsteuersatz von 19 %.

Zunächst war unklar, wie die Finanzverwaltung mit dieser Entscheidung des BFH umgehen würde. Reine Erholungsbäder, die wie das Thermalbad im konkreten Fall aufgrund der Gesamtumstände nicht zum Schwimmen bestimmt und geeignet sind, konnten den ermäßigen Steuersatz vor diesem Hintergrund aber nicht länger anwenden. Darüber hinaus ist nur in wenigen Einzelfällen in Betriebsprüfungen – insbesondere in Brandenburg - die Auffassung vertreten worden, dass z.B. auch sogenannte Spaßbäder von den Grundsätzen dieser BFH-Rechtsprechung betroffen sind.

Zu dieser Frage haben sich in den letzten Wochen auch das BMF und die obersten Finanzbehörden der Länder ausgetauscht. Mit Mail vom 15.11.2022 an den VKU hat das BMF hierzu schließlich Folgendes mitgeteilt:

„Als Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder kann ich Ihnen mitteilen, dass sich aus dem Beschluss des BFH vom 17. August 2021, XI B 29/21 keine der Regel in Abschnitt 12.11 Absatz 1 UStAE widersprechende Rechtsauffassung ergibt. Demnach handelt es sich auch bei Freizeit-, Spaß- und Thermalbädern um Schwimmbäder im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG, wenn die Wassertiefe und die Größe eines Beckens das Schwimmen oder andere sportliche Betätigungen ermöglichen.

Der Beschluss des BFH ist in einem Nichtzulassungsverfahren erfolgt. Demgemäß stellt er lediglich fest, dass die von der Klägerin geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht existieren. Eine materiell-rechtliche Aussage zum Umsatzsteuersatz bei Umsätzen von Schwimmbädern enthält der Beschluss naturgemäß nicht. Da die Klägerin als Revisionszulassungsgrund eine Divergenz zwischen der Vorentscheidung des Hessischen FG und dem BFH-Urteil vom 28. August 2014 (V R 24/13, BStBl 2015 II S.  194) geltend gemacht hatte, stellt der BFH in der Begründung seines Beschlusses lediglich fest, dass eine derartige Divergenz nicht vorliegt.

Die Länder werden ihre nachgeordneten Bereiche entsprechend informieren.“

Das BMF stellt damit klar, dass insbesondere Spaß- und Freizeitbäder in aller Regel weiterhin dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, da hier die Wassertiefe und die Größe eines Beckens das Schwimmen oder andere sportliche Betätigungen ganz regelmäßig ermöglichen dürften. Allenfalls in Einzelfällen könnte dies fraglich sein.

Bei Thermalbädern wird es noch stärker auf die Gesamtumstände im Einzelfall ankommen, ob der Regelsteuersatz oder der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung kommt. Hier wird es wohl häufiger so sein, dass die Becken nicht für eine sportliche Betätigung ausgerichtet sind, so dass für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes kein Raum ist. Doch auch hier kann es Fälle geben, die eine andere Beurteilung zulassen.