Umsatzsteuer
BFH veröffentlicht lang erwartete Entscheidung zur umsatzsteuerlichen Organschaft

Seit Jahren wird eine Reform der umsatzsteuerlichen Organschaft diskutiert. Wegen diverser Vorabentscheidungsverfahren, in denen der EuGH grundlegende Fragen dazu klären sollte, hat sich diese verschoben. Nun ist das letzte Urteil veröffentlicht worden. Der Weg für eine Reform wäre frei. Auch im kommunalen Bereich bieten sich neue Gestaltungsmöglichkeiten.

10.12.24

Weg für grundlegende Reform der Organschaft nun frei

Nach derzeitiger Rechtslage besteht zwischen Unternehmen eine umsatzsteuerliche Organschaft, wenn die Organgesellschaft (Tochtergesellschaft), finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Insbesondere die Voraussetzungen für die organisatorische und finanzielle Eingliederung sind immer wieder strittig und Gegenstand gerichtlicher Überprüfungen. Zudem müssen Unternehmen in Unternehmensverbünden permanent überwachen, ob im Konzern u.U. unabsichtlich Organschaften begründet oder beendet werden. Die umsatzsteuerliche Organschaft ist also mit hoher Rechtsunsicherheit verbunden.

Schon lange wird daher eine grundlegende Reform der umsatzsteuerlichen Organschaft diskutiert. So hatte die Finanzverwaltung bereits im Jahr 2019 das Eckpunktepapier für eine Gruppenbesteuerung in Anlehnung an Art. 11 MwStSystRL, die die heutigen Regelungen zur Organschaft ersetzen sollte, veröffentlicht. Kern der Überlegungen war, die sachlichen Voraussetzungen für die Organschaft zu erleichtern und aus Gründen der Rechtssicherheit ein Antragsverfahren als formelle Voraussetzung für eine Mehrwertsteuergruppe/Organschaft vorzuschalten.

Schon damals hatte der VKU zudem angeregt, das Instrument der Mehrwertsteuergruppe/Organschaft u.a. auch für die Beziehung zwischen Kommunen und ihren Anstalten es öffentlichen Rechts/Kommunalunternehmen zu ermöglichen, um zu verhindern, dass in diesen Fällen Leistungen zwischen diesen Körperschaften im Rahmen des § 2b UStG steuerpflichtig werden.

Die Reformüberlegungen sind dann jedoch zunächst auf Eis gelegt worden, weil sowohl der V. Senat als auch der XI. Senat des BFH dem EuGH in mehreren Verfahren verschiedene Grundsatzfragen zur Mehrwertsteuergruppe/Organschaft vorgelegt haben. Dabei ging es unter anderem um die Frage, ob das in Deutschland vorgesehene Konzept, wonach der Organträger Schuldner der Umsatzsteuer für den Organkreis ist, mit dem EU-Recht vereinbar ist. Ein weiterer Punkt betraf die Frage, ob die Organschaft auch Leistungen der Organgesellschaft an den hoheitlichen Bereich des Organträgers umfasst, oder ob insoweit, wie es die BFH-Rechtsprechung bis dahin gesehen hat, unentgeltliche Wertabgaben anzusetzen sind. Schließlich wurde der EuGH auch noch in einem Folgeverfahren gefragt, ob Leistungen innerhalb einer Mehrwertsteuergruppe/Organschaft tatsächlich nichtsteuerbar sind.

Nachdem der EuGH die übrigen Fragen bereits 2022 geklärt hatte, hat der EuGH mit Urteil vom 11.07.2024 (c-184/23) zur letztgenannten Fragestellung entschieden, dass Leistungen innerhalb einer Mehrwertsteuergruppe nicht der Mehrwertsteuer unterliegen. Damit konnte dann der V. Senat des BFH endlich in seinem Verfahren ein Urteil fällen (Urteil vom 29.08.2024 -V R 14/24).

Nunmehr ist also final entschieden,

  • dass es mit dem EU-Recht vereinbar ist, wenn der Organträger Steuerschuldner für den Organkreis ist,
  • dass es bei Leistungen der Organgesellschaft an den hoheitlichen Bereich des Organträger (z.B. einer Kommune), entgegen er bisherigen BFH-Rechtsprechung, nicht zu unentgeltlichen Wertabgeben kommt und
  • dass Leistungen innerhalb des Organkreises nichtsteuerbar sind.

Insbesondere der zweite Punkt könnte neue Gestaltungsmöglichkeiten auch im kommunalen Bereich eröffnen, denn damit unterliegen nun Leistungen der Organgesellschaft an den hoheitlichen Bereich der Organträger-Kommune nicht mehr der Umsatzsteuer. Allerdings ist zu beachten, dass insoweit für Eingangsleistungen der Organgesellschaft der Vorsteuerabzug zu versagen ist.

Wichtig erscheint nun, dass die angesprochene Reform der umsatzsteuerlichen Organschaft nun endlich konkret angegangen wird. Insbesondere sollte ein Antragsverfahren vorgeschaltet werden. Zudem sollte aber auch der Kreis der möglichen Teilnehmenden an einer solchen Mehrwertsteuergruppe erweitert werden. Wenn auf diese Weise z.B. eine Mehrwertsteuergruppe zwischen Kommune und einer AöR/einem Kommunalunternehmen ermöglicht werden würde, was EU-rechtlich zulässig wäre, könnten nachteilige Folgen des § 2b UStG in diesem Bereich vermieden werden.