Der Bundesfinanzhof hat das letzte Wort
Energiesteuer: Doch keine Erstattung für Wärmenetzverluste?
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat die Klage eines kommunalen Energieversorgungsunternehmens auf Erstattung von Energiesteuer für Erdgas und Heizöl in Bezug auf den Ausgleich von Wärmenetzverlusten zurückgewiesen. Damit steht die Entscheidung im Widerspruch zu einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 2016. Für Wärmeversorger wird die Rechtslage unübersichtlicher.
30.09.20
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat die Klage eines kommunalen Energieversorgungsunternehmens auf Erstattung von Energiesteuer für Erdgas und Heizöl in Bezug auf den Ausgleich von Wärmenetzverlusten zurückgewiesen. Damit steht die Entscheidung im Widerspruch zu einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 2016. Für Wärmeversorger wird die Rechtslage unübersichtlicher.
Mit Urteil vom 19.05.2020 hat das Finanzgericht Baden-Württemberg (Az.: 11 K 1272/18) die Klage eines kommunalen EVU (Energieversorgungsunternehmen) auf Erstattung von Energiesteuer für Erdgas und Heizöl in Bezug auf den Ausgleich von Wärmenetzverlusten zurückgewiesen. Der BFH hat zwar bereits 2016 entschieden, dass der Erdgasanteil, der auf den Ausgleich der Wärmenetzverluste entfällt, als Eigenverbrauch erstattungsfähig ist. Der aktuelle Fall unterscheidet sich jedoch in einem wesentlichen Punkt von dem Fall aus 2016: Diesmal wurde die Wärme nicht von einem, sondern von mehreren Unternehmen erzeugt, das Wärmenetz hingegen gehört der Klägerin. Unternehmen im Bereich der Wärmeversorgung, die nicht nur selbst erzeugte Wärme verkaufen, sondern Wärme zukaufen, können also von dem Urteil betroffen sein.
Ein EVU darf eine Erstattung nach §§ 54, 55 EnergieStG für Erdgas bzw. das Heizöl nur dann beantragen, wenn die daraus erzeugte Wärme von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes genutzt wird. Diese Einschränkung soll missbräuchliche Gestaltungen verhindern.
Strittig war lange, ob auch Erdgas-/Heizölmengen entlastet werden können, die auf die Wärme(netz-)verluste entfielen. Nach Auffassung der Zollverwaltung mussten EVUs aufgrund der o.g. Missbrauchsklausel die Wärmeverluste aufteilen; sie seien nur anteilig nach dem Verhältnis zu den mit Wärme belieferten Unternehmen des Produzierenden Gewerbes zu berücksichtigen gewesen.
Der BFH entschied gegen die Auffassung der Zollverwaltung (Az.: VII R 6/16). Nach Ansicht der Richter wäre es dem EVU ohne den Verlustausgleich nicht möglich gewesen, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und das Wärmenetz ordnungsgemäß zu betreiben.
In dem aktuellen Fall lehnte das FG hingegen den Entlastungsanspruch des klagenden EVU in Bezug auf die Wärmeverluste ab. Nach den Feststellungen des Gerichts erzeugt das EVU nicht die gesamte gelieferte Wärme selbst, sondern bezieht auch Wärme von Dritten. Diese Drittmengen bzw. der darauf entfallende Erdgasanteil seien nicht erstattungsfähig. Das EVU argumentiert ohne Erfolg, dass es im Wege einer freien bilanziellen Zuordnung die selbst erzeugten Wärmemengen vollständig den Netzverlusten zuordnet. Die Drittmengen seien an die Kunden geliefert worden. Diese freie bilanzielle Zuordnung des klagenden EVU lehnt das Finanzgericht ab.
In der Tat wurde diese Frage bisher auch nicht vom BFH entschieden. Somit ist die Kernfrage dieses Rechtsstreits: Muss bei mehreren Anlagenbetreibern eine proportionale Aufteilung der Verlustmengen erfolgen?
Gegen das Urteil des FG wurde Revision beim BFH unter dem Az.: VII R 27/20 eingelegt. EVUs, die sowohl selber Wärme erzeugen als auch von Dritten Wärme beziehen, sollten die Erstattungen nach §§ 54, 55 EnergieStG unter Darlegung des Sachverhalts beantragen und gegen eine Teil-Ablehnung Einspruch einlegen. Unter Verweis auf das beim BFH anhängige Verfahren können Betroffene sodann das Ruhen des Einspruchsverfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragen.