Rechtsstreit geht in weitere Runde
Erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers

Lohnsteuerlich fraglich kann sein, ob ein Müllwerker seine erste Tätigkeitsstätte auf dem Betriebshof haben kann. Sollte dies der Fall sein und er mehr als 8 Stunden pro Tag außerhalb des Betriebshofs unterwegs sein, könnten ihm sogenannte Verpflegungsmehraufwendungen sowie weitere erhebliche Lohnsteuervorteile zustehen.

29.11.21

Arbeitnehmer können lohnsteuerlich u.a. sogenannte Verpflegungsmehraufwendungen gelten machen, wenn sie mehr als 8 Stunden außerhalb der Wohnung sowie der ersten Tätigkeitsstätte arbeitstäglich arbeiten.

Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.

Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören. Nur dann kann die "erste Tätigkeitsstätte" als Anknüpfungspunkt für den Ansatz von Wegekosten nach Maßgabe der Entfernungspauschale und als Abgrenzungsmerkmal gegenüber einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit dienen.

In dem vorliegenden Fall streiten der Müllwerker und das Finanzamt um die Einordnung des Betriebshofs als erste Tätigkeitsstätte. Sollte der Müllwerker im Recht sein, dann stünde ihm zunächst die sog. Entfernungspauschale für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebshof zu. Darüber hinaus könnte er sogenannte Verpflegungsmehraufwendungen geltend machen, fall er mehr als 8 Stunden außerhalb des Betriebshofs tätig ist. Genau dies hat der Müllwerker auch vorliegend im Rahmen seiner Steuererklärung angegeben und zusätzliche Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe 2.700 EUR jährlich geltend gemacht.

Die Vorinstanz hatte zwar den Baubetriebshof als erste Tätigkeitsstätte angenommen, aber eine Abwesenheit von weniger als 8 Stunden täglich festgestellt und deshalb den Anspruch des Müllwerkers auf Verpflegungsmehraufwendungen verneint. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zwar der Revision des Klägers stattgegeben, allerdings vermutlich anders als vom Kläger erhofft. Die Vorinstanz muss erneut untersuchen, ob der Betriebshof tatsächlich die erste Tätigkeitsstätte des Müllwerkes sei. Die Vorinstanz hatte festgestellt, dass der Müllwerker sich im Betriebshof umkleidete, sich die Ansage der Einsatzleitung anhörte, das Tourenbuch, die Fahrzeugpapiere und die Fahrzeugschlüssel abholte und danach mit seinen Kollegen die Blinker sowie die Beleuchtung des Müllfahrzeugs kontrollierte. Diese geringfügigen Tätigkeiten allein reichen nach Auffassung des BFH nicht aus, um den Betriebshof als erste Tätigkeitsstätte anzusehen.

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