Beihilferecht
KWKG verstieß nicht gegen EU-Recht

Mit einem Grundsatzurteil hat das Europäische Gericht am 24.01.2024 entschieden, dass es sich bei den Fördertatbeständen des deutschen Gesetzes zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung 2016 und 2020 (KWKG) nicht um Beihilfen handelt. Fraglich sind die Auswirkungen des Urteils auf zukünftige Änderungen des KWKG.

20.02.24

Das Europäische Gericht (EuG) hat mit Urteil vom 24.01.2024 | Rechtssache T-409/21 erstinstanzlich entschieden, dass der Beschluss der EU-Kommission C(2021) 3918 nichtig ist. In dem Beschluss hatte die EU-Kommission festgestellt, dass verschiedene Maßnahmen im deutschen KWKG 2016 und 2020 Beihilfen seien. Aus dem Urteil folgt eigentlich, dass – sollte der Gesetzgeber die Förderungen im KWKG erhöhen, den Umlagenmechanismus allerdings unangetastet lassen – eine Änderung des KWKG nicht notifiziert werden müsste. Die EU-Kommission allerdings vertrat jedenfalls bisher die gegenteilige Auffassung; trotz der Entscheidung des EuGH in Bezug auf das EEG 2012, Urteil vom 29.03.2019 | Rechtssache. C-405/16 P.

Das EuGH folgt im Wesentlichen der Argumentation der Bundesrepublik Deutschland im Verfahren und verneint hauptsächlich, dass es sich bei der KWK-Förderung um staatliche Mittel handle.

Demnach werden finanzielle Mittel (Fördergelder) aus staatlichen Mitteln finanziert, wenn

  • sie entweder nach den nationalen Rechtsvorschriften aus einer Steuer oder anderen obligatorischen Abgaben stammen und im Einklang mit diesen Rechtsvorschriften verwaltet und verteilt werden, oder alternativ
  • es sich um Beträge handelt, die stets unter staatlicher Kontrolle bleiben und somit den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stehen.

Bei diesen beiden Kriterien handelt es sich um alternative Kriterien des Begriffs „staatliche Mittel“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV

I.       Staatliche Mittel - Vorliegen einer Steuer oder einer anderen obligatorischen Abgabe
Art. 107 I AEUV setzt voraus, dass die Maßnahmen (die KWKG-Förderungen) aus staatlichen Mitteln finanziert sein müssen. Dieses Kriterium ist vorliegend nicht erfüllt. Als „staatliche Mittel“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV sind zwar auch Gelder anzusehen, die nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats durch obligatorische Beiträge (Steuer/obligatorische Abgabe) aufgebracht und im Einklang mit diesen Rechtsvorschriften verwaltet und verteilt werden. Bei der KWKG-Umlage handelt sich jedoch weder um eine Steuer noch eine andere obligatorische Abgabe.

Das EuG führt hierzu aus: „Die Kommission durfte nicht davon ausgehen, dass die obligatorischen Zahlungen der Netzbetreiber an die Betreiber von KWK-Anlagen und anderen mit der KWK verbundenen Anlagen, die auf der „ersten Ebene“ der Versorgungskette erfolgen, eine Steuer oder eine obligatorische Abgabe darstellten, die geeignet wäre, diese als staatliche Mittel zu kennzeichnen. Diese Zahlungen beziehen sich nämlich insofern nur auf die gesetzeskonforme Verwendung der Gelder, als die Netzbetreiber gesetzlich verpflichtet sind, den Betreibern von KWK-Anlagen und anderen mit der KWK verbundenen Anlagen eine finanzielle Förderung zu gewähren. Die Zahlungen geben indes keinen Aufschluss über die Herkunft der Gelder, die von den Netzbetreibern für die Gewährung der finanziellen Förderung an die Anspruchsberechtigten verwendet werden. Wie die Bundesrepublik Deutschland zu Recht ausführt, liefe die Annahme, dass die genannten Zahlungen eine Steuer oder eine andere obligatorische Abgabe im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung darstellten, darauf hinaus, dass die Finanzierung der Maßnahmen zur KWK-Förderung mit der Gewährung der Gelder an die Anspruchsberechtigten zusammenfiele.“ (Rn. 67)

Die EU-Kommission kann daher nicht geltend machen, dass sich der Staat die Mittel der Netzbetreiber zu eigen mache, da diese Betreiber entgegen dem Vorbringen der EU-Kommission nicht zwangsläufig die endgültigen Zahlungsverpflichteten in Bezug auf die finanzielle Last sind, die durch die Maßnahmen zur KWK-Förderung entstanden ist.

II.      Staatliche Mittel – ständige staatliche Kontrolle
Zusätzlich fehlte es an einer ständigen staatlichen Kontrolle der Mittel. Mit dem Kriterium prüft das EuG lediglich, ob der Staat hätte bestimmen dürfen, die KWK-Förderung auch anderweitig zu verwenden und zum Beispiel andere staatliche Ausgaben mit den Geldern zu finanzieren.
Die KWK-Förderungen durften nach Auffassung des EuG allein zur Erfüllung der gesetzlich übertragenen Aufgaben verwendet werden (Grundsatz der ausschließlichen Verwendung der Mittel). Der Staat hingegen konnte nicht über diese Gelder verfügen, d. h. keine andere als die gesetzlich vorgesehene Verwendung beschließen.
Zusätzlich führt der EuGH aus, dass das Kriterium der ständigen staatlichen Kontrolle dann nicht erfüllt ist, wenn die privaten Unternehmen (Netzbetreiber) nicht vom betreffenden Mitgliedstaat mit der Verwaltung staatlicher Mittel beauftragt worden waren, sondern zur Abnahme unter Einsatz ihrer eigenen finanziellen Mittel verpflichtet waren.

III.    Sonderpunkt: Begrenzung der KWKG-Umlage für Wasserstoffhersteller
Auch die Begrenzung der KWK-Umlage für Wasserstoffhersteller ist keine Beihilfe nach Ansicht des EuG. Zwar ist anerkannt, dass eine Entlastung von staatlichen Abgaben und Umlagen eine Beihilfe darstellen kann. Es muss also nicht ein finanzieller Vorteil vom Staat zum Begünstigten fließen, auch der Verzicht auf eine Forderung kann eine Beihilfe darstellen.
Allerdings führt der EuGH hier zutreffend aus, dass eine Befreiung von einer Maßnahme (KWK-Umlage) keine Beihilfe darstellt, wenn die Maßnahme als solches nicht staatlich (Steuer oder Abgabe) ist.

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