Reverse-Charge-Verfahren bei Telekommunikationsdienstleistungen
Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2020 veröffentlicht
Das Bundesministerium der Finanzen hat am 17.07.2020 den Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG) 2020 veröffentlicht. Im Wesentlichen dient das Gesetz der Umsetzung unionrechtlicher Vorgaben. Für die Kommunalwirtschaft wird insbesondere die Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens für Telekommunikationsdienstleistungen relevant sein.
31.07.20
Das Bundesministerium der Finanzen hat am 17.07.2020 den Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG) 2020 veröffentlicht. Im Wesentlichen dient das Gesetz der Umsetzung unionrechtlicher Vorgaben. Für die Kommunalwirtschaft wird insbesondere die Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens für Telekommunikationsdienstleistungen relevant sein.
In verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts hat sich laut Referentenentwurf fachlich notwendiger Gesetzgebungsbedarf ergeben. Dies betrifft insbesondere notwendige Anpassungen an EU-Recht und EuGH-Rechtsprechung sowie Reaktionen auf Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.
Darüber besteht ein Erfordernis zur Umsetzung eines unvermeidlich entstandenen technischen Regelungsbedarfs. Hierzu gehören Verfahrens- und Zuständigkeitsfragen, Folgeänderungen, Anpassungen aufgrund von vorangegangenen Gesetzesänderungen und Fehlerkorrekturen.
Hierzu gehören insbesondere folgende Maßnahmen:
- die zielgenauere Ausgestaltung der Investitionsabzugsbeträge des § 7g EStG auch unter Berücksichtigung der vorübergehenden besonderen Situation der Corona-Krise,
- die Erweiterung der steuerrechtlichen Berücksichtigung von Aufwendungen bei der verbilligten Wohnraumvermietung, § 21 Absatz 2 Satz 1 EStG,
- die Einführung eines Datenaustauschs zwischen den Unternehmen der privaten Krankenversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern, der im Lohnsteuerabzugsverfahren, die bestehenden Verfahren mittels Papierbescheinigungen vollständig ersetzt, §§ 39 ff. EStG und
- die Umsetzung der zweiten Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets.
Aus Sicht der Kommunalwirtschaft ist insbesondere eine Änderung des § 13b UStG von hoher Relevanz. Demnach wird auch für den Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen das sogenannte „Reverse-Charge-Verfahren“ eingeführt.
Grundsätzlich schuldet der Unternehmer, der eine umsatzsteuerliche Lieferung oder sonstige Leistung ausführt, die darauf entfallende Umsatzsteuer. Diese muss er an das Finanzamt abführen und in seiner Rechnung gesondert ausweisen.
Unter den Voraussetzungen des § 13b UStG kommt es jedoch in bestimmten Fällen zum Wechsel der Steuerschuldnerschaft, auch „Reverse-Charge-Verfahren“ genannt. In den Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer. In der Rechnung des leistenden Unternehmers darf dann die Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen sein. Stattdessen muss die Rechnung einen Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers enthalten.
Typische Fälle für die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens in der kommunalen Versorgungswirtschaft sind etwa innergemeinschaftliche Strom- und Gaslieferungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 5b UStG, Bauleistungen in Form des Legens von Hausanschlüssen (§ 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG) oder die Übertragung von CO2-Zertifkaten (§ 13b Abs. 2 Nr. 6 UStG).
Mit dem JStG 2020 soll nun § 13 Abs. 2 UStG-E um eine neue Nr. 12 ergänzt werden. Demnach wird auch bei Telekommuikationsdienstleistungen der Wechsel der Steuerschuldnerschaft eintreten. Voraussetzung hierfür ist gem. § 13b Abs. 5 S. 6 UStG-E, dass die Haupttätigkeit des Leistungsempfängers in Bezug auf den Erwerb dieser Telekommunikation in deren Erbringung besteht und dessen eigener Verbrauch dieser Leistungen von untergeordneter Bedeutung ist (Wiederverkäufer).
Laut Gesetzesbegründung liegen vermehrt Anzeichen dafür vor, dass es im Bereich des Handels mit Voice over IP (VOIP) zu Umsatzsteuerausfällen kommt. Daher habe man sich entschieden, auch im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen das Reverse-Charge-Verfahren einzuführen.
Wie auch in anderen Bereichen (inländische Strom- und Gaslieferungen, Bauleistungen) wird sich hier die Frage stellen, wie zwischen den Parteien der Nachweis der Wiederverkäufereigenschaft erfolgen soll. Auch werden sich Abgrenzungsfragen dazu ergeben, was als „Telekommunikationsdienstleistung“ anzusehen ist. Hierzu enthalten Gesetzentwurf und Gesetzesbegründung keine Ausführungen. Dies wird sicherlich Gegenstand eines späteren Anwendungsschreibens des BMF sein.