Umsatzsteuer
Steuerliche Behandlung von KWK-Zuschlägen für dezentralen Verbrauch
Die Finanzverwaltung vertritt zur umsatzsteuerlichen Behandlung von KWK-Zuschlägen für dezentralen Verbrauch eine Auffassung, die für Betreiber von hoheitlichen KWK-Anlagen zu einer Doppelbelastung führt. Nachdem der Bundesfinanzhof dies für unzulässig erklärt und der VKU Ende 2023 Abhilfe gefordert hat, will die Finanzverwaltung nun ihre Praxis ändern.
12.11.24
Die Finanzverwaltung vertritt zur umsatzsteuerlichen Behandlung von KWK-Zuschlägen für dezentralen Verbrauch eine Auffassung, die für Betreiber von hoheitlichen KWK-Anlagen zu einer Doppelbelastung führt. Nachdem der Bundesfinanzhof dies für unzulässig erklärt und der VKU Ende 2023 Abhilfe gefordert hat, will die Finanzverwaltung nun ihre Praxis ändern.
Entwurf eines neuen Abschnitts 2.5 Umsatzsteuer-Anwendungserlass
Abschnitt 2.5 Abs. 17 i.V.m. Abs. 6 UStAE enthält eine Regelung zur umsatzsteuerlichen Behandlung für KWK-Anlagen, deren Betreiber einen Zuschlag für dezentral verbrauchten Strom nach § 4 Abs. 3 a KWKG 2009/2012 geltend macht.
Für diese Fälle fingiert der UStAE, dass zunächst der gesamte in der Anlage erzeugte Strom an den Stromnetzbereiber geliefert und der dezentral verbrauchte Strom vom Netzbetreiber an den Anlagenbetreiber zurückgeliefert wird. Folge dieser Fiktion ist, dass sowohl für die Hinlieferung des Anlagenbetreibers als auch für die Rücklieferung des Netzbetreibers jeweils Rechnungen auszustellen sind. In aller Regel erfolgt dies einheitlich durch den Netzbetreiber, der für die fingierte Hinlieferung eine Gutschrift erteilt.
Wenn alle Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, sind die jeweiligen Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis auszustellen. Da die Lieferung von Strom grundsätzlich eine unternehmerische Leistung ist, gilt dies in den meisten Fällen auch für die fingierte Hinlieferung des dezentral verbrauchten Stroms. Dies führt dazu, dass auch Anlagenbetreibern, die im Übrigen keine Unternehmer sind, insoweit steuerbare Umsätze zugerechnet werden, so dass ihnen auf die Investition in die bzw. auf den Betrieb der Anlage ein (ggf. anteiliger) Vorsteuerabzug gewährt wird. In diesen Fällen wirkt die auf die fingierte Rücklieferung des dezentral erzeugten Stroms entfallende Umsatzsteuer im Ergebnis als Korrektur zum o.g. Vorsteuerabzug.
Es gibt jedoch Fälle, in denen die Fiktion der Hin- und Rücklieferung den Anlagenbetreiber in nicht sachgerechter Weise steuerlich zusätzlich belastet. Das ist bei Anlagenbetreibern der Fall, die aufgrund ihrer hoheitlichen Tätigkeit nicht Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind und bei denen die fiktive Hinlieferung des erzeugten Stroms seitens der Finanzverwaltung als hoheitliches Hilfsgeschäft angesehen wird.
Beispielhaft ist ein Abwasserbeseitiger in öffentlich-rechtlicher Rechtsform zu nennen, der die KWK-Anlage dafür einsetzt, die erzeugte Wärme im Faulturm zu verwenden, um diesen auf die notwenige Betriebstemperatur zu bringen. Der in der Anlage erzeugte Strom wird dann häufig vollständig oder in hohem Umfang durch den Abwasserbeseitiger selbst verbraucht. In diesen Fällen geht die Finanzverwaltung davon aus, dass die Hinlieferung des Stroms ein nichtsteuerbares, hoheitliches Hilfsgeschäft darstellt. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen die jeweilige jPdöR § 2b UStG noch nicht anwendet.
Diesen Anlagenbetreibern ist der Vorsteuerabzug aus der Investition und den laufenden Betriebskosten der Anlage vollständig versagt. Die auf die fiktive Rücklieferung entfallende Umsatzsteuer belastet einen solchen Anlagenbetreiber also, ohne dass dies als Kompensation für zuvor geltend gemachten Vorsteuerbeträgen angesehen werden kann. Für solche Anlagenbetreiber führt die Verwaltungspraxis mithin zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden, umsatzsteuerlichen Belastung, auf die der VKU bereits in einer Stellungnahme vom 11.02.2016 hingewiesen hatte, was jedoch keine Änderungen der Verwaltungspraxis herbeiführen konnte.
Der Bundesfinanzhof hatte sich in zwei Urteilen mit der Thematik auseinandergesetzt. Zunächst hatte der hatte der 11. Senat mit Urteil vom 29.11.2022 (XI R 18/21) entschieden, dass die Zahlung des KWK-Zuschlags für nicht eingespeisten, sondern dezentral verbrauchten Strom gemäß § 4 Abs. 3a KWKG 2009 nicht zu einer Lieferung i.S.v. § 3 Abs. 1 UStG führt. Damit kommt es in diesen Fällen nicht zu der von der Finanzverwaltung vorgesehen Hin- und Rücklieferung. In einem zweiten Urteil vom 11.05.2023 (Az. V R 22/21) bestätigte der 5. Senat in einem ähnlich gelagerten Fall das vorgenannte Urteil.
Diese Rechtsprechung hatte der VKU Ende 2023 zum Anlass genommen, eine weitere Stellungnahme gegenüber dem BMF abzugeben, in der eine zeitnahe Abhilfe gefordert wird. Dem will die Finanzverwaltung nun folgen. Sie hat u.a. dem VKU den Entwurf eines neuen Abschnitts 2.5 UStAE übersandt. Der VKU kann dazu noch einmal Stellung nehmen.
Der Entwurf sieht u.a. vor, dass die vorgenannte BFH-Rechtsprechung umgesetzt wird. Die direktverbrauchten Mengen sollen also nicht mehr als fiktive Hin- und Rücklieferung abgebildet werden. Der KWK-Zuschlag für den Direktverbrauch soll nunmehr nach Auffassung des BMF mangels Vorliegens eines Leistungsaustauschs als ein nichtsteuerbarer, echter Zuschuss an den Anlagenbetreiber anzusehen sein.
Da die Umsetzung der Rechtsprechung für den Netzbetreiber mit einem erheblichen Umsetzungsaufwand verbunden ist, ist eine Nichtbeanstandungsregelung dergestalt vorgesehen, dass Abrechnungen, die bislang nach den geltenden Verwaltungsvorgaben erteilt wurden, nicht zwingend korrigiert werden müssen, aber – was für die nachteilig betroffenen Anlagenbetreiber entscheidend ist – korrigiert werden können.
Zudem soll für vor dem 01.01.2025 ausgeführte Umsätze nicht beanstandet werden, wenn dem Wunsch der Vertragsparteien zufolge die bisherige Verwaltungspraxis weiterhin angewandt wird. Diese Übergangsfrist erscheint angesichts des Aufwands, den Netzbetreiber zur Umsetzung haben werden, zu kurz.
Es erscheint unsicher, ob diese Übergangsregelung als ausreichend anzusehen ist. Der VKU fürchtet, dass es Fälle geben kann, in denen die Veranlagungsjahre, auf die sich die Rechnungskorrekturen beziehen, beim jeweiligen Netzbetreiber nicht mehr offen sind, ein Anlagenbetreiber aber dennoch einen zivilrechtlichen Anspruch auf Rechnungskorrektur und Rückzahlung der zu viel gezahlten Umsatzsteuer geltend machen kann. In diesen Fällen muss, so die VKU-Forderung, zumindest aus Billigkeitsgründen die Entstehung eines entsprechenden Schadens beim Netzbetreiber, der sich nun einmal an die Vorgaben des UStAE halten musste, verhindert werden. Zugleich muss sichergestellt sein, dass auch die Anlagenbetreiber ihre zivilrechtlichen Ansprüche gegen die Netzbetreiber erfolgreich und ohne weitere Hürden geltend machen können.