Deutschland strebt Gleichbehandlung zu Zertifikaten nach dem TEHG an
Vorerst kein Reverse-Charge-Verfahren im Handel mit nEHS-Zertifikaten

Die Verkäufe von nEHS-Zertifkaten, die am 05.08.2021 gestartet sind, werden vorerst umsatzsteuerlich anders behandelt als der Handel mit CO2-Zertifikaten nach dem TEHG. Hier kommt es nicht zum sogenannten Reverse-Charge-Verfahren, so dass in den Rechnungen die Umsatzsteuer offen ausgewiesen werden muss. Ändern wird sich das voraussichtlich erst zum 01.01.2023.

01.10.21

Grundsätzlich schuldet der Unternehmer, der eine Leistung ausführt, die darauf entfallende Umsatzsteuer. Diese muss er an sein Finanzamt abführen und in seiner Rechnung ausweisen. Der Empfänger der Leistung kann, wenn er Unternehmer ist, die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer gegenüber seinem Finanzamt geltend machen.

Nach § 13b UStG kommt es in bestimmten Fällen zum Wechsel der Steuerschuldnerschaft (auch: „Reverse-Charge-Verfahren“). In diesen Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer und kann zugleich, wenn er Unternehmer ist, den Vorsteuerabzug geltend machen. In der Rechnung darf dann die Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen werden. Stattdessen muss die Rechnung einen Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers enthalten.

Üblicherweise wird das Reverse-Charge-Verfahren in Branchen eingeführt, bei denen der Verdacht besteht, dass sie besonders anfällig für Umsatzsteuerbetrug durch die Bildung von Umsatzsteuer-Karussellen sind. Da im Handel mit CO2-Zertifikaten entsprechende Auffälligkeiten registriert wurden, ist bereits vor Jahren für die Übertragung von Zertifikaten nach § 3 Nummer 3 Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) das Reverse-Charge-Verfahren eingeführt worden, § 13b Abs. 2 Nr. 6 UStG.

Diese Handhabung ist – jedenfalls zunächst – auf die ab dem 05.10.2021 startenden Verkäufe von Zertifikaten im Rahmen des nationalen Emissions-Handelssystems (nEHS-Zertifikate), die im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) geregelt sind, nicht übertragbar. Der Wortlaut des § 13b Abs. 2 Nr. 6 UStG stellt ausdrücklich auf Zertifikate nach dem TEHG ab. Der Handel mit nEHS-Zertifikaten nach dem BEHG fällt demnach nicht in den Wortlaut der Vorschrift. Insbesondere können nEHS-Zertifikate auch nicht als Gas- und Elektrizitäts-zertifikate qualifiziert werden, für die ebenfalls der Wechsel der Steuerschuldnerschaft angeordnet wird.

Demnach kommt es im Handel mit nEHS-Zertifikaten zunächst nicht zur Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens. In der Rechnung über die Übertragung von nEHS-Zertifikaten muss stattdessen ein gesonderter Umsatzsteuerausweis erfolgen.

Perspektivisch strebt Deutschland an, die beiden Sachverhalte umsatzsteuerlich gleich zu behandeln. Für die Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens durch eine entsprechende Ergänzung in § 13b Abs. 2 Nr. 6 UStG bedarf es jedoch einer Ermächtigung durch die EU-Kommission. Diese wurde bereits im März 2021 beantragt. Laut telefonischer Auskunft des Bundesministeriums der Finanzen liegt die Ermächtigung aber noch nicht vor. Allerdings wird durchaus erwartet, dass die Ermächtigung in absehbarer Zeit erteilt wird.

Wenn dem deutschen Antrag entsprochen wird, muss anschließend noch eine Änderung des § 13b UStG erfolgen. Auch wegen der nach der Bundestagswahl anstehenden Sondierungs- und Koalitionsverhandlungen wird diese Gesetzesänderung erst 2022 möglich sein. Voraussichtlich wird es also erst zum 01.01.2023 zur Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens im Handel mit nEHS-Zertifikaten kommen.