Energiewirtschaftsrecht
Kabinett beschließt Gesetzesentwurf zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts
Das BMWK hat den Gesetzesentwurf aus dem August weiterentwickelt, zudem umfangreiche Regelungen auf über 100 Seiten ergänzt und in dieser Form im Oktober übermittelt. Unter anderem dienen die neuen Regelungsentwürfe der Umsetzung der Wachstumsinitiative vom 5. Juli 2024, der Digitalisierung der Energiewende und der Beschleunigung von Netzanschlüssen. Das Kabinett hat den Gesetzesentwurf in seiner Sitzung am 13. November 2024 nun beschlossen. Der Ausgang ist ungewiss.
15.11.24
Das BMWK hat den Gesetzesentwurf aus dem August weiterentwickelt, zudem umfangreiche Regelungen auf über 100 Seiten ergänzt und in dieser Form im Oktober übermittelt. Unter anderem dienen die neuen Regelungsentwürfe der Umsetzung der Wachstumsinitiative vom 5. Juli 2024, der Digitalisierung der Energiewende und der Beschleunigung von Netzanschlüssen. Das Kabinett hat den Gesetzesentwurf in seiner Sitzung am 13. November 2024 nun beschlossen. Der Ausgang ist ungewiss.
In seiner Sitzung am 13. November 2024 hat das Kabinett den Gesetzesentwurf zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Bereich der Endkundenmärkte, des Netzausbaus und der Netzregulierung beschlossen. Der Ausgang ist allerdings ungewiss.
Die Verbände wurden Ende August bereits zu einem ersten Entwurf angehört. Der VKU hat sich daran mit einer vorläufigen Stellungnahme vom 10.09.2024 und einer finalen Stellungnahme vom 20.10.2024 beteiligt (Internetbeitrag vom 20.09.2024).
Im Oktober wurde ein zweiter Entwurf in weiterentwickelter und deutlich ergänzter Version übermittelt. Die Ergänzungen erfolgten im Wesentlichen im Lichte der Wachstumsinitiative der Bundesregierung und des Digitalisierungsberichts des BMWK nach § 48 des Messstellenbetriebsgesetzes (beides vom Juli 2024). Für die erneute Anhörung der Verbände wurden lediglich zwei Tage eingeräumt, was der VKU ggü. dem BMWK in aller Schärfe kritisiert hat. Die entsprechend auf wesentliche Aspekte fokussierte Stellungnahme zur Oktober-Version steht unten zum Download zur Verfügung.
- Vom Smart-Meter-Rollout zum Smart-Grid-Rollout
Der Smart-Meter-Rollout soll zukünftig stärker netzorientiert erfolgen, was aus Sicht des VKU sehr zu begrüßen ist. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen zukünftig Anlagen mit einer installierten Leistung über 2 kW steuerbar gemacht werden. Entsprechend sollen auch die gesetzlichen Rollout-Ziele angepasst werden, so dass zunächst 90 Prozent der installierten Leistung von Neuanlagen und perspektivisch auch von Bestandsanlagen mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden sollen. Aufgrund des hohen technischen Aufwands bei der Nachrüstung von Kleinanlagen, des zweifelhaften Nutzens für das Stromnetz sowie der möglichen bremsenden Wirkung auf den PV-Zubau sollte die Grenze nach Ansicht des VKU bei 7 kW liegen.
Flankierend sollen die Preisobergrenzen (POG) insbesondere für optionale Anlagen und Einspeiser angehoben werden. Entgegen den Ergebnissen des Digitalisierungsberichts des BMWK enthielt der Oktober-Entwurf jedoch keine Anhebung der POG für moderne Messeinrichtungen, wodurch insbesondere die kurzfristige Finanzierung des Rollouts weiterhin stark gefährdet war. Hier ist aus Sicht des VKU eine angemessene Erhöhung weiterhin dringend erforderlich.
Darüber hinaus enthält der Entwurf eine Vielzahl weiterer Anpassungsvorschläge, die u. a. auf eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, der Nachhaltigkeit sowie der Sicherheit abzielen. Aus Sicht des VKU stehen hier vielen guten Vorschlägen einige verbesserungswürdige und einige unklare Punkte gegenüber - er wird daher das weitere Gesetzgebungsverfahren intensiv begleiten und auf weitere Anpassungen hinwirken.
- Regelungen zum Umgang mit Stromspitzen und negativen Strompreisen
Die vorgesehene schrittweise Absenkung der Direktvermarktungsschwelle für Erneuerbare-Energien-Anlagen auf 25 kW installierter Leistung sieht der VKU grundsätzlich positiv. Allerdings stellt sogar der aktuelle Schwellenwert von 100 kW für viele Anlagen ein Problem dar, weil es aufgrund des hohen Direktvermarktungsaufwands selbst für diese Anlagen schwierig sein kann, einen Direktvermarkter zu finden. Es bleibt daher abzuwarten, ob mit den ebenfalls geplanten Vereinfachungen der Direktvermarktung dieses Problem gelöst werden kann.
Gemäß Entwurf soll die EEG-Förderung bei negativen Strompreisen schon ab der ersten Stunde entfallen. Die so entgangenen Vergütungsstunden werden im Anschluss an die Förderung „angehängt“. Der VKU sieht diese Regelung positiv, um die EEG-Ausgaben zu senken und eine Abschaltung der entsprechenden Anlagen bei negativen Preisen oder einen zusätzlichen Flexibilisierungsanreiz (über Speicher o. ä.) zu erreichen.
- Beschleunigung von Netzanschlussverfahren
Die Standardisierung und Digitalisierung von Netzanschlussverfahren werden weiter vorangetrieben. Vorgesehen ist, entlang gestufter Umsetzungsfristen schlussendlich innerhalb von 3 Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes sämtliche Netzanschlussverfahren für Erzeugungsanlagen, Verbrauchseinrichtungen und Speicher in den Verteilnetzen geeignet zu standardisieren und zu digitalisieren.
Auch soll die Transparenz zur Netzanschlusskapazität erhöht werden. Unter anderem werden Verteilnetzbetreiber zur unverbindlichen Netzanschlussauskunft verpflichtet. Hier konnte der VKU im Vergleich zum ersten Gesetzesentwurf längere Umsetzungsfristen (1. Januar 2028 statt 2026) und Vereinfachungen in Bezug auf die Auskunftspflichten erreichen. Nach Ansicht des VKU besteht auch hier weiterer Anpassungsbedarf.
Positiv bewertet der VKU die vorgesehene Gesetzesgrundlage zum Abschluss flexibler Netzanschlussvereinbarungen. Netzbetreiber und Anlagenbetreiber können die Begrenzung der maximalen Einspeisung am Netzanschlusspunkt vereinbaren. Hierdurch können Anlagen auch bei begrenzter Netzkapazität zügig ans Netz angeschlossen und im Falle langfristiger Vereinbarungen auch Netzausbaubedarfe reduziert werden.
Die nun vorliegende Kabinettsfassung hat mit rund 450 Seiten erneut an Umfang zugenommen. Von besonderer Bedeutung für kommunale Unternehmen sind nach wie vor die Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG). An diesbezüglichen Regelungen aus dem Oktober-Entwurf wurde noch an wenigen Stellen gefeilt:
- Nahezu unverändert scheinen nach erster Durchsicht die Regelungen zu Stromspitzen und negativen Strompreisen. Beim Auslaufen der EEG-Vergütung bei negativen Strompreisen sind zuvor enthaltene Übergangsregelungen für Anlagen bis 400 kW allerdings nicht mehr zu finden.
- Zentrale Regelungen für Verteilnetzbetreiber scheinen ebenfalls nahezu unverändert (Standardisierung und Digitalisierung von Netzanschlussverfahren, unverbindliche Netzanschlussauskunft). Neu ergänzt: Ein nachgelagerter VNB, der seine Pflichten zur Steuerfähigkeit und zum Abruf der Ist-Einspeisung dauerhaft oder wiederholt verletzt und diese daher seitens BNetzA entzogen bekommt, kann diese mit Nachweis seiner Leistungsfähigkeit (neu) auch wieder zurückübertragen bekommen.
- Für eine breitere Digitalisierung wurde im MsbG die Grenze für Smart-Meter-Pflichteinbaufälle wieder von 10.000 auf 6.000 kWh/a abgesenkt. Die Preisobergrenzen für Smart Meter wurden für Kunden mit mehr als 20.000 kWh/a angehoben, ebenso für moderne Messeinrichtungen. Neu ist, dass Netzbetreiber nun die Hälfte der Kosten für Einbau und Betrieb von Technik zur Anlagensteuerung übernehmen sollen.
Nach Ansicht des VKU sollten zumindest Teile des Gesetzesentwurfs verabschiedet werden (Stromspitzen, Smart-Meter-Rollout). Ob bzw. inwiefern das gelingen kann, ist derzeit ungewiss. Der Gesetzesentwurf wurde als besonders eilbedürftig gekennzeichnet und soll laut Zeitplan am 19.12.2024 zur ersten Lesung in den Bundestag und am 20.12.2024 in den Bundesrat; eine Verabschiedung ist noch vor den Neuwahlen am 23.02.2025 geplant.