KANU 2.0
Anpassungen der Abschreibungsmodalitäten im Gassektor

Der geplante Ausstieg aus der Erdgasnutzung erfordert eine Anpassung der Abschreibungsmodalitäten für die Transformation der Gasnetze. Die Bundesnetzagentur hat dazu ein Eckpunktepapier vorgelegt.

16.05.24

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Im Zuge der Energiewende ist ein schneller Ausstieg aus der Nutzung von Erdgas vorgesehen. Dies erfordert zugleich ein Umdenken hinsichtlich der bestehenden Infrastruktur. Bis zum Jahr 2045 sollen die Gasnetze für die Nutzung von Wasserstoff (teilweise) umgewidmet, stillgelegt oder zurückgebaut werden. Aus diesem Grund ist eine verlässliche Regelung für die Refinanzierung der in die Gasnetze getätigten Investitionen unerlässlich.

Am 6. März 2024 hat die Große Beschlusskammer der Bundesnetzagentur (BNetzA) ein Eckpunktepapier vorgelegt, mit dem die notwendige Anpassung der Abschreibungsmodalitäten für Anlagen im Gassektor vorgesehen ist. Dadurch sollen die Gasnetzanlagen kalkulatorisch vollständig in den kalenderjährlichen Erlösobergrenzen berücksichtigt und damit über die Netznutzungsentgelte refinanziert werden können. Der VKU begrüßt, dass die BNetzA die regulatorischen Voraussetzungen für den Transformationsprozess der Gasnetze zeitnah schaffen möchte. Der VKU hat eine Stellungnahme zum Eckpunktepapier eingereicht.

„Wahlmodell“ zwischen degressiver und linearer Abschreibung

Das Eckpunktepapier stellt für die regulatorische Umsetzung der angestrebten Gasnetztransformation zwei Modelle zur Wahl, von denen in der Festlegung letztlich nur eines übernommen werden soll. Der Netzbetreiber soll das Gasnetz entweder degressiv in Höhe von 15 % oder linear abschreiben können. Bei der linearen Abschreibung kann der Netzbetreiber die Nutzungsdauern so wählen, dass die Anlagen bis 2045 abgeschrieben sind. Der Netzbetreiber muss von der degressiven auf die lineare Abschreibung wechseln, wenn der degressive Abschreibungsbetrag kleiner wird als der linear verteilte Restwert bis zum Ende der vorgesehenen Nutzungsdauer bzw. bis spätestens 2045.


Folglich müssten Netzbetreiber frühzeitig bestimmen, wie sie ihr Gasnetz hinsichtlich der Transformation zeitlich in der Nutzung und in der Renditeerwartung sehen. Aus VKU-Sicht ist dies zu diesem Zeitpunkt nicht möglich und wird dem anstehenden Transformationsprozess, den aktuell herrschenden Unsicherheiten sowie den anstehenden Diskussionen nicht gerecht. Auch die Anforderungen an eine effiziente Transformation der Gasnetze werden auf diese Weise verfehlt, da für die Netzbetreiber nicht ersichtlich ist, wie sich die Transformation der Gasnetze entwickeln wird. Ferner gibt es zum jetzigen Zeitpunkt zahlreiche offene Fragen, die in den kommenden Jahren noch geklärt werden müssen. Dazu gehört insbesondere die kommunale Wärmeplanung, an der sich die Netzbetreiber in Bezug auf die zukünftige Nutzung der Netze orientieren werden.

Mehr Flexibilität für Netzbetreiber

Aus Sicht der Netzbetreiber muss in der Festlegung die Möglichkeit eingeräumt werden, situativ auf die sich sukzessiv entwickelnden Gegebenheiten reagieren zu können, um im Sinne aller Beteiligten eine möglichst effiziente und kostenoptimale Gasnetztransformation realisieren zu können. Dies erfordert ein Höchstmaß an Flexibilität in Eigenverantwortung der Netzbetreiber bei der Ausgestaltung der Abschreibungsmodalitäten. Dies umfasst insbesondere netzbetreiberindividuelle Flexibilität hinsichtlich:

  • dem Beginn der Änderung der Abschreibungsmodalitäten,
  • der Aggregationsebene der Anlagengüter bzw. anlagengutscharfe Betrachtung,
  • der Abschreibungssystematik (linear oder degressiv),
  • der Nutzungsdauer,
  • der Anwendung für Bestandsanlagen und Neuinvestitionen
    dem Nutzungsdauerende

Mit diesem zwingenden Erfordernis der Flexibilisierung geht aus VKU-Sicht auch einher, dass die Regelung KANU 2.0 und KANU 1.0 harmonisiert werden sollten.

Unabhängig vom gewählten Modell muss sichergestellt werden, dass die angesprochenen Flexibilitäten der Modelle nicht je Netzbetreiber, sondern in Abhängigkeit von den vor Ort gewählten Transformationspfaden auch für Teilnetze gelten. Denn die zukünftigen Wärmeplanungen werden unterschiedliche Konstellationen und Aufteilungen der Netzgebiete beinhalten. Dies bedeutet, dass die angesprochenen Flexibilitäten (z.B. der Zeitpunkt der initialen Entscheidung, die Wahl des Abschreibungsmodells, die Festlegung der (Rest-)Nutzungsdauern, die Ausgestaltung der Anlagenaggregation und zukünftige Anpassungen) je Konzessionsgebiet bzw. je Flurstück bzw. je Einzelanlage eigenständig bestimmt werden sollten. Dies ist aufgrund unterschiedlicher Transformationspfade im Rahmen der Wärmewende unabdingbar.