Anerkennung von Entgeltfortzahlung an zusätzlichen Urlaubstagen
Anreizregulierung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit erst kürzlich veröffentlichtem Beschluss vom 30.01.2024 l Az.: EnVR 39/22 entschieden, dass die Fortzahlung des regelmäßigen Entgelts an zusätzlichen arbeitsfreien Tagen aufgrund Betriebsvereinba-rung oder Tarifvertrag keine Lohnzusatzleistung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV darstellt.

28.06.24

Bundesgerichtshof bestätigt Praxis der Regulierungsbehörden

Die Anreizregulierungsverordnung enthält in ihrem § 11 Absatz 2 einen abschließenden Katalog von sog. dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten. Diese können ohne bzw. mit geringem Zeitverzug in den Netzentgelten berücksichtigt werden. So wird gewährleistet, dass ein Energieversorgungsnetzbetreiber bestimmte Kosten zeitnah über eine entsprechende Erhöhung seiner Erlösobergrenze und seiner Netzentgelte refinanzieren kann. Streitig war in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren u.a. die Frage, ob die Entgeltfortzahlung an – aufgrund eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung – über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehenden, also zusätzlichen, Urlaubstagen dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV sind. Hiernach gelten Kostenanteile als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten aus betrieblichen und tarifvertraglichen Vereinbarungen zu Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen, soweit diese in der Zeit vor dem 31.12.2016 abgeschlossen worden sind.              

Die Regulierungsbehörden haben dies verneint. Der BGH hat diese Auffassung bereits am 30.01.2024 letztinstanzlich bestätigt. Erst kürzlich wurde der Gerichtsbeschluss veröffentlicht. Gegenstand der Entscheidung waren neben den Kosten, die der betroffenen Gasverteilernetzbetreiberin aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarung zusätzlicher Urlaubstage auch die Kosten für einen Betriebsausflug, der Freistellung an Silvester sowie die Kosten der betrieblichen Vereinbarung zur Berechnung des Urlaubs an Brückentagen mit nur einem halben Urlaubstag.

Bei der Vergütung, die nach den kollektivvertraglichen Vereinbarungen für die über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehenden Urlaubstage und den arbeitsfreien Silvestertag zu zahlen ist, handle es sich zwar um Kosten, die im rechtlichen Zusammenhang mit diesen Vereinbarungen stehen. Sie stellten jedoch laut BGH keine Lohnzusatzleistung im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV, sondern eine Lohnleistung dar, die nicht nach § 11 Abs. 2 Satz 1 ARegV privilegiert sei. Das folge aus Wortlaut und Regelungssystematik des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV und des § 21a Abs. 4 EnWG in der bis zum 28.12.2023 geltenden Fassung. In seiner umfangreichen Begründung weist der BGH u.a. darauf hin, dass der Begriff der "Lohnzusatzleistungen" weder gesetzlich noch durch eine entsprechende Übung definiert sei und sich eine Definition auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder derjenigen des Bundesfinanzhofes ergebe. Nachdem der BGH näher auf den konkreten Inhalt der tariflichen Vereinbarung eingeht, führt er aus, dass es sich nach dem allgemeinen Wortsinn bei der nach dem Tarifvertrag für die arbeitsfreien Tage zu zahlenden Vergütung um Lohn und nicht um eine Lohnzusatzleistung handle. Schließlich ergebe sich auch nicht aus Sinn und Zweck von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ARegV, dass eine kollektivvertraglich vereinbarte Vergütung für über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehende arbeitsfreie Tage als Lohnzusatzleistung im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist. Ein umfassender Schutz des sozialen Niveaus sei gerade nicht gewollt, wie sich aus der Einschränkung auf kollektivvertragliche Vereinbarungen, der Stichtagsregelung und daraus ergebe, dass der Bestandsschutz nicht für Personalkosten generell, sondern nur für Kosten aus Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen gewährt wurde.