Forderungsinkasso
Erstattungsfähigkeit von Konzerninkassokosten
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine Inkassovergütung auch dann einen ersatzfähigen Verzugsschaden darstellt, wenn es sich bei dem mit der Einziehung der Forderung beauftragten Inkassodienstleister um ein verbundenes Unternehmen handelt und der Gläubiger die Vergütung nicht unmittelbar an den Inkassodienstleister zahlt.
04.03.25
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine Inkassovergütung auch dann einen ersatzfähigen Verzugsschaden darstellt, wenn es sich bei dem mit der Einziehung der Forderung beauftragten Inkassodienstleister um ein verbundenes Unternehmen handelt und der Gläubiger die Vergütung nicht unmittelbar an den Inkassodienstleister zahlt.
Das hat der BGH nach der mündlichen Verhandlung in einem Musterfeststellungsverfahren am 19.02.2025 entschieden, das vorinstanzliche Urteil des OLG Hamburg aufgehoben und die Klage als unbegründet abgewiesen.
Nach § 280 Abs. 1, 2, §§ 286, 249 Abs. 1 BGB sind dem Gläubiger grundsätzlich alle Einbußen zu ersetzen, die er durch die Verfolgung seiner Rechte gegen den bereits in Verzug geratenen Schuldner erleidet. Zu den danach erstattungsfähigen Rechtsverfolgungskosten zählen nach gefestigter Rechtsprechung des BGH im Ausgangspunkt auch diejenigen Aufwendungen, die dem Gläubiger dadurch entstehen, dass er - nach Verzugseintritt - ein Inkassounternehmen mit der Einziehung der Forderung beauftragt. Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit ist allerdings, dass die Rechtsverfolgungskosten aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.
Entgegen der Auffassung des OLG Hamburg handelt es sich danach bei der Inkassovergütung, deren Erstattung der Konzern vorliegend von den jeweiligen Schuldnern verlangt, um einen ersatzfähigen Verzugsschaden.
Bei dem für die Bestimmung eines Schadens vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (Differenzhypothese), begründet der Umstand, dass der Konzern einem Vergütungsanspruch der Inkassodienstleisterin aus dem mit dieser geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag ausgesetzt ist, einen Schaden. Zwar stellt die Belastung mit einer Verbindlichkeit nach gefestigter Rechtsprechung des BGH nur dann und insoweit einen Schaden dar, als der Geschädigte mit der Verbindlichkeit tatsächlich beschwert ist. Eine solche Beschwer entfällt entgegen der Auffassung des OLG Hamburg im Streitfall aber nicht etwa dadurch, dass der Geschädigte mit dem Dritten, dessen Forderung den geltend gemachten Schaden bildet, besondere für den Geschädigten vorteilhafte Erfüllungsmodalitäten vereinbart. Dies gilt auch dann, wenn diese Modalitäten wie die Abrede, dass der Dritte hinsichtlich seiner Vergütung an Erfüllungs statt die Abtretung des diesbezüglichen Ersatzanspruchs des Geschädigten gegen den Schädiger annimmt zur Folge haben, dass der Geschädigte keinen direkten Mittelabfluss in Form einer Geldzahlung an den Dritten erleidet. Denn dies ändert nichts daran, dass der Geschädigte die Erfüllung der Forderung schuldet und somit eine Vermögenseinbuße im schadensrechtlichen Sinne vorliegt.
So verhält es sich auch im Streitfall. Nach der hier getroffenen Abrede erfolgt die Erfüllung, wenn der Inkassodienstleisterin eine Realisierung der entsprechenden Ansprüche (Haupt- und/oder Nebenforderungen) gegenüber dem Schuldner (teilweise) gelingt dadurch, dass die Inkassodienstleisterin berechtigt ist, den eingezogenen Betrag in Höhe der Vergütungsforderung zu behalten. Hierbei handelt es sich in dem Verhältnis zwischen dem Konzern und der Inkassodienstleisterin um eine Leistung des Konzerns im Sinne von § 362 BGB, die letztlich darin besteht, dass der Konzern auf die Geltendmachung seines Anspruchs auf Auskehrung der durch die Geschäftsbesorgung erlangten Geldbeträge insoweit verzichtet. Bleibt der Forderungseinzug hingegen erfolglos, erbringt der Konzern die ihrerseits geschuldete Vergütungsleistung, indem sie ihren Schadensersatzanspruch gegen den jeweiligen Schuldner an die Inkassodienstleisterin an Erfüllungs statt abtritt.
Die Einschaltung der Inkassodienstleisterin war aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Konzerns zur Wahrnehmung seiner Rechte auch erforderlich und zweckmäßig. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens regelmäßig selbst in einfach gelagerten Fällen aus der Sicht des Gläubigers erforderlich und zweckmäßig, wenn der Schuldner - wie in sämtlichen hier zu beurteilenden Fällen - in Zahlungsverzug geraten ist.
Der Umstand, dass der Forderungseinzug vorliegend im Wege eines Konzerninkassos betrieben wird, rechtfertigt es nicht, die Erforderlichkeit der hierdurch verursachten Kosten zu verneinen. Denn die Frage der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten richtet sich nicht nach der gewählten Organisation des Forderungsinkassos, sondern allein danach, mit welchen Tätigkeiten der Gläubiger das Inkassounternehmen beauftragt. Hat der Gläubiger der ihm obliegenden Mühewaltung - wozu beispielsweise die Stellung einer Rechnung oder die verzugsbegründende Erstmahnung zählen - genügt, wie regelmäßig anzunehmen ist, wenn er den Schuldner in Verzug gesetzt hat, und beauftragt anschließend, um seinem Erfüllungsverlangen Nachdruck zu verleihen, einen Rechtsanwalt oder ein (externes) Inkassounternehmen mit der Forderungseinziehung, besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz der hierdurch verursachten Kosten.
Im Fall der Beauftragung eines konzernverbundenen - gleichwohl aber rechtlich selbständigen - Inkassounternehmens kann nichts anderes gelten. Nur wenn im Einzelfall zusätzliche besondere Anhaltspunkte für ein von sachfremden Interessen geleitetes, rechtsmissbräuchliches Verhalten des Gläubigers gegebenenfalls in kollusivem Zusammenwirken mit dem konzernverbundenen Inkassounternehmen vorliegen, kann die Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme zu verneinen sein. Solche Anhaltspunkte liegen hier jedoch nicht vor.
Auch der Umstand, dass durch ein konzernverbundenes Unternehmen erbrachte Inkassodienstleistungen vom Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) ausgenommen sind und deshalb unter anderem die schuldnerschützende Vorschrift des § 13e Abs. 1 RDG, wonach der Gläubiger von seinem Schuldner eine Erstattung von Inkassokosten nur bis zu der Höhe verlangen kann, die einem Rechtsanwalt für diese Tätigkeit nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zustehen würde, nicht (unmittelbar) anzuwenden ist, gebietet keine andere Beurteilung. Denn der vom Gesetzgeber mit jener Regelung bezweckte Schutz des Schuldners vor einer Belastung mit überhöhten Kosten lässt sich ohne weiteres dadurch erreichen, dass die in § 13e Abs. 1 RDG) zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung, die als Konkretisierung der allgemeinen Schadensminderungsobliegenheit des Gläubigers nach § 254 Abs. 2 BGB zu begreifen ist, nach Maßgabe dieser letztgenannten Vorschrift auf die Erstattungsfähigkeit von Konzerninkassokosten übertragen wird. Da im Streitfall eine Berechnung der Inkassokosten gemäß dem RVG vereinbart wurde, kommt eine Anspruchsminderung hiernach nicht in Betracht.