Sicherheitsleistungen nach dem Verpackungsgesetz
Gesetzliche Grundlage der Sicherheitsleistungen laut Bundesverwaltungsgericht hinreichend bestimmt
Die Festsetzung einer Sicherheitsleistung nach § 18 Abs. 4 VerpackG ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts rechtmäßig, ein Verstoß der Vorschrift gegen das Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes liege nicht vor. Die Regelung versetze den Adressaten der Verfügung in die Lage, die Rechtslage zu erkennen und sein Verhalten danach auszurichten.
02.09.24
Die Festsetzung einer Sicherheitsleistung nach § 18 Abs. 4 VerpackG ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts rechtmäßig, ein Verstoß der Vorschrift gegen das Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes liege nicht vor. Die Regelung versetze den Adressaten der Verfügung in die Lage, die Rechtslage zu erkennen und sein Verhalten danach auszurichten.
Mit Urteil vom 23.05.2024 (Az.: 10 C 8.23) hat sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit der Festsetzung einer Sicherheitsleistung durch die Dualen Systeme nach dem VerpackG auseinandergesetzt. Die schriftlichen Urteilsgründe sind noch nicht veröffentlicht, liegen dem VKU aber bereits vor.
Die dem Urteil zugrundeliegende Sicherheitsleistung betrug etwa 4,1 Mio Euro, was nach zweimaliger Änderung des Ausgangsbescheides von 1992 auch der Klagegegenstand war. Das zuständige Verwaltungsgericht hatte die Klage des Dualen Systems gegen diese Festlegung seinerzeit abgewiesen, da die Behörde für die Höhe der Festsetzung in nicht zu beanstandender Weise die Annahme eines kompletten Ausfalls der Erfassung und Entsorgung von Leichtverpackungen (LVP) zugrunde gelegt habe. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Sprungrevision hat das BVerwG nunmehr als unbegründet zurückgewiesen.
Im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts sieht das BVerwG in der Festsetzung keinen Dauerverwaltungsakt. Das VG sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Festsetzung einer Sicherheitsleistung eine Nebenbestimmung zu dem erlassenen Feststellungsbescheid des Dualen Systems sei, der nach § 38 Abs. 1 VerpackG als Systemgenehmigung im Sinne des § 18 Abs. 1 VerpackG fortgelte und damit unbefristet auf Dauer angelegt sei. Die Festsetzung der Sicherheitsleistung sei als deren Bestandteil für die Genehmigungsdauer gültig und somit ihrerseits auf die Begründung eines Dauerrechtsverhältnisses zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer gerichtet, so das VG.
Hierauf entgegnet das BVerwG jedoch, dass die Festsetzung einer Sicherheitsleistung nach dem Verpackungsgesetz eine einmalige Gebotsverfügung darstelle und gerade kein Rechtsverhältnis auf Dauer begründe. Die Leistung der Sicherheit erfolge durch einmalige Handlung des Dualen Systems. Es obliege der Behörde, auf erhebliche Marktanteilsschwankungen kurzfristig zu reagieren, was im Bescheid auch angelegt sei. Dennoch, so das BVerwG, bleibe die Regelung auch unter Berücksichtigung dieser Beobachtungspflicht eine einmalige Gebotsverfügung und dauere nicht an.
Genau wie das Verwaltungsgericht kommt das BVerwG zu dem Schluss, dass ein Verstoß von § 18 Abs. 4 VerpackG gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG nicht vorliege. Das Gericht konstatiert, dass § 18 Abs. 4 VerpackG sowohl in der Fassung als "Kann-Bestimmung" als auch in der seit dem 03.07.2021 geltenden Fassung als "Soll-Bestimmung" dem Gebot hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit genüge.
Der Gesetzgeber sei hiernach gehalten, Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich sei. Die Betroffenen müssen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können. Dies bedeute hingegen nicht, dass die Verwendung wertausfüllungsbedürftiger Begriffe bis hin zu Generalklauseln verboten sei. Gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe bestünden keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen ließe. Diesen Anforderungen genüge § 18 Abs. 4 Satz 1 VerpackG.
Das Gericht führt aus, dass auch im Hinblick auf die sicherbaren finanziellen Nachteile mit den Tatbestandsmerkmalen der nicht, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß erfolgten Erfüllung der dort bezeichneten Pflichten und der dadurch entstehenden "zusätzliche[n] Kosten oder finanzielle[n] Verluste" keine Bedenken an der Bestimmtheit bestünden. Diese Merkmale seien inhaltlich ohne Weiteres im Wege der Auslegung bestimmbar. Damit sei das behördliche Handeln für den Bescheidadressaten hinreichend voraussehbar und berechenbar. Auch das Merkmal der Angemessenheit auf Rechtsfolgenseite werde durch den gesetzlich festgelegten Sicherungszweck hinreichend bestimmt, so dass BVerwG.
Die Höhe der Sicherheitsleistung (hier knapp 4,1 Mio Euro) ist nach Ansicht des Gerichts nicht unverhältnismäßig. Das Bundesrecht erlaube eine Pauschalierung der Kosten. Maßgeblich sei, ob die Kostenschätzung auf einer geeigneten Grundlage beruhe und die daran anknüpfende Pauschalierung sachlich nachvollziehbar sei. Zur Sicherung gegen den Ausfall der Systeme bei der Erfassung und Entsorgung von Leichtverpackungen (LVP) habe die Behörde die prognostischen Gesamtkosten der Erfassung und Entsorgung von LVP-Abfällen für den Zeitraum eines Monats zugrunde gelegt und dieses Systemrisiko den Systemen entsprechend ihres jeweiligen Marktanteils zugewiesen. Diese Vorgehensweise sei vom Gesetz gedeckt, so das Gericht.