Digitalisierung
Google muss Interoperabilität von Android Auto mit italienischer Ladestrom-App ermöglichen

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat am 25.02.2025 entschieden, dass die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, die Interoperabilität seiner Plattform mit einer App eines anderen Unternehmens sicherzustellen, die dadurch attraktiver würde, missbräuchlich sein kann.

04.03.25

Ein solcher Missbrauch einer beherrschenden Stellung ist laut EuGH nicht auf den Fall beschränkt, dass die Plattform für die Ausübung der Tätigkeit desjenigen, der um Zugang ersucht, unerlässlich ist. Er kann auch vorliegen, wenn, wie es zu beurteilenden Fall zu sein scheint, ein Unternehmen in beherrschender Stellung die Plattform nicht ausschließlich für die Zwecke seiner eigenen Tätigkeit, sondern mit dem Ziel entwickelt hat, ihre Nutzung durch Drittunternehmen zu ermöglichen, und wenn diese Plattform für die kommerzielle Nutzung einer von einem Drittunternehmen entwickelten App zwar nicht unerlässlich ist, aber geeignet ist, diese App für die Verbraucher attraktiver zu machen.

Die Zugangsverweigerung kann auch dann wettbewerbswidrige Auswirkungen haben, wenn das Drittunternehmen, das die App entwickelt hat, und seine Wettbewerber auf dem Markt, zu dem diese App gehört, tätig geblieben sind und ihre Stellung auf diesem Markt ausgebaut haben, ohne die Interoperabilität mit der Plattform nutzen zu können. Insoweit ist unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen Umstände zu prüfen, ob die Weigerung geeignet war, die Aufrechterhaltung oder Entwicklung des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt zu behindern.

Die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, die Interoperabilität einer App mit einer digitalen Plattform zu gewährleisten, kann damit gerechtfertigt werden, dass es für die Kategorie der betreffenden Apps kein Template gibt, wenn die Gewährung einer solchen Interoperabilität mittels eines solchen Templates die Integrität dieser Plattform oder die Sicherheit ihrer Nutzung gefährden würde oder wenn es aus anderen technischen Gründen unmöglich wäre, die Interoperabilität durch die Entwicklung dieses Templates zu gewährleisten.

Ist dies jedoch nicht der Fall, muss das Unternehmen in beherrschender Stellung ein solches Template innerhalb eines angemessenen Zeitraums und gegebenenfalls gegen eine angemessene finanzielle Gegenleistung entwickeln. Dabei sind die Bedürfnisse des Drittunternehmens, das um diese Entwicklung ersucht hat, die tatsächlichen Kosten dieser Entwicklung und das Recht des Unternehmens in beherrschender Stellung, daraus einen angemessenen Nutzen zu erzielen, zu berücksichtigen.

Hintergrund der EuGH-Entscheidung

Im Jahr 2018 führte Enel in Italien die App JuicePass ein, die es den Nutzern ermöglicht, Ladestationen für ihre Elektrofahrzeuge zu lokalisieren und zu buchen. Um die Navigation zu solche Stationen zu erleichtern, ersuchte Enel Google, die App mit Android Auto, dem System von Google, das es ermöglicht, direkt über den Bordbildschirm von Fahrzeugen auf Apps auf Smartphones zuzugreifen, kompatibel zu machen. Drittentwickler können ihre Apps nämlich dank der Templates, die Google bereitstellt, an Android Auto anpassen. Google lehnte es ab, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Interoperabilität von JuicePass mit Android Auto zu gewährleisten. Die italienische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (AGCM) war der Ansicht, dass dieses Verhalten einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstelle, und verhängte gegen Google eine Geldbuße von über 102 Mio. Euro. Google focht diese Entscheidung bis zum italienischen Staatsrat an, der den EuGH um Vorabentscheidung ersucht hat.