Oberlandesgericht Düsseldorf weist Lieferantenbeschwerde zurück
Bundesnetzagentur kann Rückabwicklung unwirksamer Preiserhöhungen anordnen
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) kann gegenüber einem Energielieferanten die Rücknahme und Rückabwicklung einer unwirksamen Preiserhöhung anordnen. Sie muss sich nicht lediglich auf die Feststellung eines Gesetzesverstoßes beschränken. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf kürzlich entschieden.
13.09.23
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) kann gegenüber einem Energielieferanten die Rücknahme und Rückabwicklung einer unwirksamen Preiserhöhung anordnen. Sie muss sich nicht lediglich auf die Feststellung eines Gesetzesverstoßes beschränken. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf kürzlich entschieden.
Wenn Energielieferanten den vom Letztverbraucher zu entrichtenden Energiepreis ändern möchten, müssen sie bestimmte Vorankündigungsfristen einhalten (vgl. § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG). Wird dies nicht beachtet, kann es zur Unwirksamkeit der Preisänderung führen. In dem vorliegend vom OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 09.08.2023 (Az.: 3 Kart 43/22) entschiedenen Fall hatte die BNetzA einem solchen Energielieferanten aufgegeben, die gegenüber betroffenen Haushaltskunden vorgenommenen (unwirksamen) Preismaßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist zurückzunehmen und rückabzuwickeln. Hiergegen wendete sich der Energielieferant mit einer Beschwerde zum OLG Düsseldorf. Er stellte die Befugnis der Regulierungsbehörde in Frage, eine Rückabwicklung der unwirksamen Preiserhöhung anzuordnen. Das Gericht hat diese Befugnis der BNetzA bestätigt. Hiernach sei die Verpflichtung des Energielieferanten zur „Rücknahme“ und „Rückgängigmachung“ der vorgenommenen Preiserhöhung - etwa per Rückzahlung oder Gutschrift rechtmäßig. Die BNetzA habe die besagte Anordnung - wie in der Beschlussbegründung vorgesehen - auf § 65 Abs. 1 EnWG stützen können. Diese Vorschrift begründe entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht lediglich die Befugnis zum Erlass sogenannter zukunftsbezogener Maßnahmen, sondern ermächtige die BNetzA nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck und im Einklang mit verfassungsrechtlichen Maßstäben auch zu Anordnungen der hier streitgegenständlichen Art. Die Möglichkeit der vorliegenden Anordnung ergebe sich u.a. aus dem Wortlaut der Norm. Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 EnWG kann die Regulierungsbehörde Unternehmen verpflichten, ein Verhalten abzustellen, das (unter anderem) den Bestimmungen des EnWG entgegensteht. Der Anwendungsbereich des § 65 Abs. 1 Satz 1 EnWG sei nicht beschränkt auf reine Untersagungsanordnungen in Abgrenzung zu sogenannten Gebotsverfügungen, die vermeintlich allein von § 65 Abs. 2 EnWG erfasst seien. Auch Sinn und Zweck der Regelung des § 65 EnWG sprächen für weitreichende Befugnisse der BNetzA, welche Anordnungen zur Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustands einbeziehen. Die Norm ziele darauf ab, ein effektives behördliches Handeln zu gewährleisten. Beschränkten sich die Befugnisse der BNetzA im Anschluss an die vorliegende Zuwiderhandlung von vornherein darauf, den Verstoß bloß festzustellen und allenfalls noch auf eine zukünftige Befolgung der gesetzlichen Vorgaben hinzuwirken, bliebe ein auf das konkrete rechtswidrige Handeln zurückgehender Missstand unberührt. Die Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustands hinge von den einzelnen Haushaltskunden ab. Das EnWG ziele aber nicht darauf ab, die Durchsetzung der rechtlichen Vorgaben ausschließlich privaten Dritten und damit letztlich dem Zufall zu überlassen. Dementsprechend richte sich auch der Umfang behördlicher Befugnisse nicht danach, ob ein durch die Missbrauchsverfügung - mittelbar - begünstigter Dritter das Ziel, das mit der behördlichen Anordnung erstrebt wird, selbst auf dem Zivilrechtsweg erreichen könnte.
Das OLG stellt klar, dass es unzutreffend sei, dass die vom Energielieferanten als „formell“ bezeichnete Unterrichtungsfrist des § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG ohnehin materiell-rechtlich ohne Bedeutung und zumindest mit dem Ablauf eines Monats endgültig beendet sei, weil die gesetzliche Frist ersatzweise eingreife und der Preiserhöhung mit Verzögerung zur Wirksamkeit verhelfe. Die BNetzA sei in dem angegriffenen Beschluss zu Recht davon ausgegangen, dass eine Zuwiderhandlung der hier zu verzeichnenden Art zur (endgültigen) Unwirksamkeit der Preiserhöhung führt. Die Unterrichtungsfrist solle gewährleisten, dass der von einer Preisänderung betroffene Kunde sich von einem Vertrag, dessen neue Preisgestaltung er nicht akzeptiert, so rechtzeitig lösen kann, dass die Preisänderung ihm gegenüber nicht mehr wirksam wird. Dem würde nicht Rechnung getragen, ginge man trotz einer - wie hier - groben Unterschreitung der Frist des § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG (lediglich 3 Tage!) von der (Möglichkeit einer) zivilrechtlichen Wirksamkeit der Preisänderung aus. Wäre der Verstoß von vornherein bedeutungslos für die Wirksamkeit einer Preisänderung, wäre der Kunde bei einer als „sofort wirksam“ bezeichneten Preiserhöhung überhaupt nicht zur Ausübung seines besonderen Lösungsrechts im Stande, könnte eine Vertragsbeendigung mithin allenfalls mittels eines Schadensersatzverlangens erreichen.