Fernwärmeversorgung
Widerspruch gegen Fernwärmepreisänderung kann mangels Wiederholung seine Wirkung verlieren

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit drei Urteilen am 25.09.2024 entschieden, dass ein von einem Fernwärmekunden erhobener Widerspruch gegen eine Preiserhöhung seine Wirkung verliert, wenn der Kunde nicht spätestens bis zum Ablauf von weiteren drei Jahren ab der Erklärung wiederholt, dass er weiterhin an seiner früheren Beanstandung festhält.

26.09.24

In allen drei vom BGH letztinstanzlich entschiedenen Verfahren beliefert die Beklagte die Kläger seit den Jahren 2008 bzw. 2010 auf der Grundlage ihrer Allgemeinen Versorgungsbedingungen mit Fernwärme. Hiernach stellt sie ihren Kunden einen verbrauchsunabhängigen Bereitstellungspreis und einen verbrauchsabhängigen Arbeitspreis in Rechnung. Diese Preise passt sie nach Maßgabe im Vertrag vorgesehener Preisänderungsklauseln an. Nach Zugang der ersten Jahresabrechnung legten die Kläger jeweils im Jahr nach dem Vertragsschluss – und damit frühzeitig - Widerspruch gegen die Preiserhöhung ein. In der Folgezeit zahlten sie für die von ihnen abgenommene Fernwärme die von der Beklagten jährlich in Rechnung gestellten - nach Maßgabe der Preisänderungsklausel angepassten - Entgelte.

Nachdem das Kammergericht (KG) Berlin Anfang des Jahres 2019 in einem anderen gegen die Beklagte gerichteten Rechtsstreit entschieden hatte, dass die in ihren Allgemeinen Versorgungsbedingungen enthaltenen Preisänderungsklauseln unwirksam seien, verlangten die Kläger von der Beklagten nunmehr - ausgehend von den im Vertrag genannten Basispreisen für die Jahre 2000 bzw. 2005 - die Rückerstattung der ihrer Ansicht nach seit 2015 zu viel gezahlten Wärmeentgelte.

Die Klagen hatten insoweit in zweiter Instanz vor dem Landgericht (LG) Berlin bzw. dem KG Berlin keinen oder nur geringfügigen Erfolg. Nach Auffassung der beiden Berufungsgerichte stehen den Klägern Ansprüche auf Rückzahlung überhöhten Entgelts für die Wärmelieferungen der Jahre 2015 bis 2018 nicht oder nur in sehr geringem Umfang zu. Zwar sei die Preisänderungsklausel in den Allgemeinen Versorgungsbedingungen der Beklagten hinsichtlich des Arbeitspreises unwirksam. Daraus folge aber nicht, dass die Beklagte lediglich berechtigt sei, den bei Vertragsschluss vereinbarten (niedrigen) Arbeitspreis in Rechnung zu stellen. Vielmehr sei im Wege ergänzender Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB auf das Preisniveau abzustellen, das vor den Jahresabrechnungen gegolten habe, die noch innerhalb von drei Jahren nach deren Zugang beanstandet worden seien. Daher seien die Arbeitspreise der Jahre 2014 bzw. 2015 maßgeblich. Daran änderten auch die frühzeitig in den Jahren 2009 bzw. 2011 erhobenen Widersprüche nichts, da die Kläger im Anschluss daran viele Jahre lang den Preiserhöhungen und Jahresabrechnungen nicht mehr widersprochen hätten. 

Mit den von beiden Berufungsgerichten zugelassenen Revisionen verfolgen die Parteien ihre vorinstanzlichen Begehren weiter. Die Kläger erstreben unter anderem eine (weitergehende) Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung von Wärmeentgelt auf der Grundlage der (niedrigen) Anfangspreise.

Die Revisionen der Fernwärmekunden hatten insoweit Erfolg. Der BGH hat entschieden, dass die von den Berufungsgerichten gegebenen Begründungen für die Klageabweisungen keinen Bestand haben können.

Die Berufungsgerichte sind zwar zutreffend davon ausgegangen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BGH die infolge der Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB entstandene planwidrige Regelungslücke bei Fernwärmelieferungsverträgen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) grundsätzlich dahingehend zu schließen ist, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht mehr geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.

Diese allgemein für Energielieferungsverhältnisse entwickelte Dreijahreslösung hat der BGH nunmehr für Fernwärmelieferungsverhältnisse angesichts der diese kennzeichnenden Besonderheiten (insbesondere hohe Investitionen des Fernwärmeversorgers und regelmäßig sehr lange Mindestvertragslaufzeiten) fortentwickelt. Denn wenn die Parteien des Fernwärmelieferungsvertrages erkannt hätten, dass die Wirksamkeit der vereinbarten Preisanpassungsklausel unsicher war, hätten sie bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben (auch) eine Regelung vereinbart, nach der ein vom Fernwärmekunden bereits frühzeitig - innerhalb von drei Jahren nach Zugang der ersten Jahresabrechnung - erklärter, aber erfolglos gebliebener Widerspruch gegen eine Preiserhöhung seine Wirkung verliert, wenn der Kunde nicht spätestens bis zum Ablauf von weiteren drei Jahren ab der Erklärung des Widerspruchs in geeigneter Weise gegenüber dem Fernwärmeversorger deutlich macht, dass er auch jetzt noch an seiner frühzeitig geäußerten Beanstandung festhält.

Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen der Berufungsgerichte kann indes nicht abschließend beurteilt werden, ob die Kläger ihre in den Jahren 2009 bzw. 2011 erklärten frühen Widersprüche innerhalb von drei Jahren gegenüber der Beklagten in dem vorgenannten Sinne bekräftigt haben. Daher hat der Senat die Berufungsurteile insoweit aufgehoben und die Sachen jeweils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Berufungsgerichte zurückverwiesen.