Technische Regelwerke und Normen
Zugang zu europäischen harmonisierten technischen Normen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 05.03.2024 entschieden, dass europäische harmonisierte technische Normen für Unionsbürger zugänglich sein müssen. Der EuGH erklärte den Beschluss der EU-Kommission, mit dem der Zugang zu solchen Normen verweigert wurde, für nichtig und hob ein Urteil auf, mit dem die Weigerung für rechtmäßig erklärt wurde.
14.03.24
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 05.03.2024 entschieden, dass europäische harmonisierte technische Normen für Unionsbürger zugänglich sein müssen. Der EuGH erklärte den Beschluss der EU-Kommission, mit dem der Zugang zu solchen Normen verweigert wurde, für nichtig und hob ein Urteil auf, mit dem die Weigerung für rechtmäßig erklärt wurde.
Public.Resource.Org und Right to Know sind zwei gemeinnützige Organisationen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, allen Bürgern das Recht frei zugänglich zu machen. 2018 beantragten sie bei der EU-Kommission, ihnen Zugang zu auf Unionsebene harmonisierten technischen Normen im Bereich der Sicherheit von Spielzeugwaren zu gewähren. Diese Normen betrafen im Einzelnen chemisches Spielzeug und chemische Experimentierkästen. Die EU-Kommission lehnte ihren Antrag ab. Das von den Organisationen angerufene Europäische Gericht (EuG) bestätigte diese Ablehnung. Im Rechtsmittelverfahren hob der EuGH das Urteil des EuG auf und erklärt den Beschluss der EU-Kommission für nichtig (Urteil vom 05.03.2024 l Rechtssache C-588/21 P (Public.Resource.Org und Right to Know/Kommission u.a.).
Der EuGH weist darauf hin, dass das Unionsrecht jedem Unionsbürger und jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat den Zugang zu Dokumenten gewährleistet, u. a. zu denjenigen, die sich im Besitz der EU-Kommission befinden. Der Zugang zu einem Dokument kann allerdings verweigert werden, falls durch dessen Verbreitung der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums, beeinträchtigt würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.
Im vorliegenden Fall sind die Normen über die Sicherheit von Spielzeug harmonisierten Normen Teil des Unionsrechts. Eine Unionsvorschrift kann nämlich solchen Normen Rechtswirkungen verleihen, insbesondere wenn für Erzeugnisse, die diese Normen beachten, die Vermutung besteht, dass sie die Standards einhalten, die in diesen Vorschriften festgelegt werden und von denen die Vermarktung in der Union abhängt. In diesem Sinne kann eine harmonisierte Norm die den Einzelnen eingeräumten Rechte sowie ihnen obliegende Pflichten näher bestimmen. Unter Verweis u. a. auf die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des freien Zugangs zum Gesetz ist der EuGh der Auffassung, dass die Bürger darauf angewiesen sein können, von diesen Normen Kenntnis zu nehmen, damit sie prüfen können, ob ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung tatsächlich die Anforderungen einer solchen Vorschrift erfüllt. Daher stellt der EuGH fest, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der in Rede stehenden harmonisierten Normen besteht.