Best Practice Beispiele

Die Geschichte einer Box

Mein Name ist Bernhard Bock. Ich bin Abfallberater im Landkreis Rosenheim. Über viele Umwege hat es mich zu dieser Aufgabe verschlagen, die im Heute eine tiefe Bedeutung in meinem Leben ausmacht und sehr viel mehr ist als ein Mittel ist um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Aber konzentrieren wir uns auf das was mir wichtig ist und sprechen über die Box.

Im Rahmen meiner Aufgabe als Abfallberater, durfte ich schon nach kurzer Zeit viele Vorträge in Kindergärten, Schulen, Hochschulen, Vereinen, Organisationen und kleinen und großen Unternehmen halten. Da ich nicht die Zeit hatte, meine Botschaften über Stunden auszuwalzen und ich meinen Apell des nachhaltigen Ressourcenmanagements und der Kreislaufwirtschaft bei meinen Zuhörern verankern wollte, brauchte ich einen Träger der dafür sorgte, dass das Gesagte und die Inhalte meiner Botschaft nicht wieder in Vergessenheit geraten und wir mit einem Werbegeschenk einen nachhaltigen Bezug und damit eine stetige Erinnerung schafft.

So entschlossen wir uns eine Brotzeitbox als kleines Dankeschön an die Zuhörer zu verschenken mit dem Hintergrund, in Form einer Beschriftung erstens sich wieder an uns und unsere Botschaft zu erinnern und zweitens diese immer wieder zu benutzen. Das war grundsätzlich der Plan einen Gebrauchsgegenstand mit einer Botschaft zu versehen, der bei jeder Benutzung uns wieder in Erinnerung ruft.

Dies funktionierte sehr gut und wir hatten in kurzer Zeit sehr viele Anfragen für weitere Seminare zu unseren Trennsystem, Recycling und zum Thema Kreislaufwirtschaft. Es ging sogar so weit, dass wir externe Dozenten engagieren mussten, die uns dabei unterstützen. Was jedoch immer wieder als Frage kam, war: „Ist die Box aus nachhaltigem Kunststoff? Ist die Box aus Recyclingkunststoff?“. Die Antwort auf diese Fragen musste ich leider immer verneinen und das störte mich persönlich enorm. Ich argumentierte damit, dass bei einer häufigen Benutzung der Box es folglich auch eine Ressourcenschonung bedeutet. Aber ehrlich gesagt war mir klar, dass dies nur ein vorgeschobenes Argument für den billigen Preis und die einfache Beschaffung war.

Es wurde mir sehr schnell bewusst, dass ich diese Voraussetzungen nicht auf sich beruhen lassen kann und ich aktiv etwas unternehmen musste, ich versuchte eine Box zu finden, die zumindest in die richtige Richtung wies und mehr als ein „weiter so“ bedeutet. Ich habe das große Glück, dass die Amtsleitung meine Argumente verstand und mich darin sehr unterstützte ein nachhaltiges Produkt zu finden. Ich versuchte erst Kunststoff zu vermeiden. Jedoch war es mir wichtig, bei der Brotbox für Kinder aber auch Erwachsenen die Praktikabilität nicht zu verschlechtern. Holz schied sehr schnell aus, da es weder formbeständig war noch spülmaschinenfest. Holzprodukte die diese Eigenschaften hatten waren mit Harzen angereichert, die noch mehr Umweltschäden verursachen als Kunststoff. Metallboxen waren auch interessant. Aber bei dem Gebrauch von Kindern in Schultaschen war eine Verformung vorprogrammiert. Eine Box die nach kurzer Zeit nicht mehr schließt, ist erstens kein guter positiver Reminder und gibt kein gutes Gefühl weiter. Zweitens wäre auch bei Metall die Ökobilanz sehr schlecht, wenn sie nach kurzer Zeit und wenig Gebrauch recycelt werden muss.

Also blieb wohl nur der böse Kunststoff. Aber auch Kunststoff kann besser sein als es scheint und viele Produkte können oft nicht mit anderen Materialien produziert werden ohne einen Verlust an Ihrer Gebrauchsfähigkeit zu erleiden. So sah ich mich um und telefonierte Unternehmen über Unternehmen ab, um nach einer Box zu suchen aus recyceltem Kunststoff oder Biokunststoff. Die meiste wiegelten sofort ab, da eine Umstellung der Maschinen für sie nicht in Frage kam. Nun möchte ich noch kurz klarstellen, dass die Konzipierung, Gestaltung und Produktion ab diesem Zeitpunkt nicht über meine Tätigkeit als Abfallberater abliefen, sondern ich dies als Privatperson weiterführte. Aus Recyclingkunststoff war eine Herstellung nicht möglich sagten mir die Techniker, es bliebe also nur der Biokunststoff. Hier gab es schon das eine oder andere Angebot. Ich ließ mir einige davon als Probe zusenden. Da ich nun mal noch sehr unbedarft war auf dem Kunststoffmarkt las ich die tollen Labels auf den Boxen und Katalogen. 100% recycelbar, aus Zuckerrohr….

Damit machte ich mich auf den Weg zu einem Kunststofftechniker, einem mittlerweile guten Freund, der mir dann erklärte, dass jeder thermoplastische Kunststoff recycelbar ist, solange er nicht mit anderen Kunststoffen vermischt wird und dass es nichts ändert in der Verwertung ob der Kunststoff aus Zuckerrohr oder Mais produziert wurden, außer dass dafür kein Rohöl aus der Erde gepumpt werden muss. Auch ein Label „aus Biokunstoff“ sagt nur aus, dass 20 Prozent der Box aus biologisch abbaubarem Kunststoff sein muss. Was eigentlich nur bedeutet, wenn ein solcher Kunststoff in der Natur landet, dass 20 Prozent der Box keinen Mikrokunststoff erzeugt.

Völlig desillusioniert wankte ich geistig von einem Fuß auf den andern. Ich sagte zu Ihm: „Ja dann ist Kunststoff immer schlecht!“. „Nein“ erwiderte er „nur dieser erfüllt nicht die Anforderungen, die Du haben möchtest“. Einige Erklärungen später war für mich als Nicht-Kunststofftechniker klar, dass ich hier vielen Problemen auf der Spur war, die der normale Verbraucher nicht erkennt und die ich als Abfallberater aufarbeiten muss, damit solche Zusammenhänge verstanden werden und verändert werden. „Aber was mit dieser Erkenntnis tun?“ sagte ich zu Herrn Heidenreich (Lehrer für Kunststofftechnik an der Berufsschule Wasserburg). „Wir machen es besser!“ sagte er und so entstand der erste Schritt.

Mit der Hilfe eines begeisterten Schülers (Herr Porath) konzipieren wir erst eine Form, die wir über die Schulmittel für eine Projektarbeit produzieren konnten. Dann suchten wir den richtigen Kunststoff. Als erste Wahl war für mich recycelter Kunststoff. Ich wollte Kunststoffe, die wir im Landkreis Rosenheim sammeln wiederverwenden. Dazu fuhren wir mehrere Verwerter ab und stellten auch hier fest es wäre kein Problem Kunststoffe wiederzuverwerten auch Tests mit Rezyklat funktionierten mit der Form sehr gut. Allerdings war eine Lebensmittelechtheit für eine Brotzeitbox nicht zu bekommen. Auch wenn die Verwerter uns versicherten, dass der Kunststoff einwandfrei war und bei der Herstellung so hohe Temperaturen im Spritzguss herrschen, dass eine Lebensmittelechtheit kein Problem wäre, gab es keine Stelle die uns dies hätte zertifizieren können oder schriftlich bestätigt hätte. Bei Erstverwendung von Kunststoffen ist dies nie ein Problem. Diese haben bei einer bestimmten Zusammensetzung immer eine Zulassung. Etwas frustriert suchten wir nach Alternativen.

Biokunststoff, war unser nächster Favorit. Biokunststoffe bestehen aus Biopolymeren, die aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Stroh, Zuckerrohr… gewonnen werden können. Auch hier ist die Ökobilanz umstritten, jedoch selbst wenn die Ökobilanz gleich dem Rohprodukt ist, so sparen wir zumindest etwas von fossilen Rohprodukten ein. Ebenso ist die Umweltverträglichkeit höher. Biopolymere sind kompostierbar, was bedeutet es entsteht kein Mikrokunststoff nachdem sich der Kunststoff zersetzt hat.

Wir machten uns erneut auf die Suche nach Kunststoffen für unsere Box. Viele Biokunststoffe sind bereits auf dem Markt, jedoch hatten wir mit unserer Box sehr hohe Anforderungen und Vorstellungen. Wir wollten keinen Qualitätsverlust bei Formbeständigkeit, bruchfeste, UV-beständig, farbecht, lebensmittelecht, spülmaschinenfest, außerdem sollte es aus einem nachwachsenden Rohstoff sein der nicht aus einem Lebensmittel für Menschen gewonnen wird und Kompostierbarkeit. Kurz gesagt, wir wollten ALLES. Zudem sollte der Kunststoff keine eigene oder spezielle Spritzform benötigen. Es sollte in der gleichen Maschine mit der gleichen Form produziert werden können als gewöhnlicher Kunststoff.

Wir fanden einen Kunststoff ein Biopolymer, das alle Anforderungen erfüllte und unsere Tests überstand. Wir produzierten die ersten Prototypen und holten uns die Zertifikate die wir für Lebensmittelechtheit benötigten um auch die Symbole des TÜV zu verwenden zu können. Auch mussten wir das ein oder anderen rechtliche Problem lösen. Hilfe holten wir uns auch von Seiten der Hochschule, die uns half mit Herr Professor Dr. Kalinger und Herrn Professor Dr. Bücker zusammen noch die weiteren Aspekte der Zusammensetzung des Stoffes zu verstehen und die Gestaltung zu verbessern.

Auch die Produktverantwortung musste noch geklärt werden und auf die Box angewendet werden. Dies übernahm Herr Porath, der mittlerweile sehr fundierte Erfahrungen im Bereich Biopolymereinsatz aufweisen kann und die Box unter dem Namen „Wunschstoffbox“ produziert und das Projekt weiter betreut.

Abschließend ist dazu zu sagen, dass diese Box als Werbegeschenk konzipiert war aber als kleiner Leuchtturm für einen Anstoß in die richtige Richtung heute dient. Diese Brotbox wird heute nicht nur verteilt als Marker und Erinnerung, sondern dient vor allem auch für Techniker, Produzenten und Unternehmer in dieser Zeit des Wandels darüber nachzudenken was schon möglich ist. Diese Box ist noch nicht die Lösung für unser Problem mit Kunststoffen, aber es soll ein paar der Todschlagargumente entkräften die unseren Ideenreichtum bremsen.

Wenn es möglich ist eine Brotbox mit solchen Anforderungen herzustellen und damit schon einige Probleme zu lösen, was könnten wir in der Industrie mit Hosenknöpfen, Verpackungen, Beschichtungen in dieser Art und Weise tun. Diese Projekte soll nicht dafür plädieren alles aus dem Biopolymer herzustellen. Es soll drei Wege aufzeigen was den Einsatz von Kunststoffen angeht. Zuerst sollte überlegt werden benötige ich für ein Produkt überhaupt Kunststoff, oder gibt es andere Materialien die besser, nachhaltiger oder sogar praktikabler sind. So muss ein Kochlöffel nicht aus Kunstsoff sein, wenn er doch aus Holz lebensmittelecht und praktikabel hergestellt werden kann. Auch Bettgerüste benötigen keinen Zusatz an Halterungen aus Kunststoff um zu funktionieren, aber das sind nur Beispiele.

Weiter sollte man sich überlegen ist dieses Produkt überhaupt soweit notwendig im heutigen Gebrauch, dass ich dafür auch noch Kunststoffe verwende. Bezugnehmend auf Einmalbesteck oder Strohhalme. Aber wie schon Beschrieben gibt es Produkte, bei denen wir den Werkstoff Kunststoff kaum noch ersetzen können und die Eigenschaften sehr schätzen. Es kann aber auch daran liegen, dass der Kunststoff hier eine Eigenschaft in sich trägt, die Praktikabilität und dadurch eine hohe Wiederverwendung fördert. So wie in unserem Beispiel der Brotbox. Genau bei diesen Produkten ist es wichtig, dass wir heute genauer und vor allem immer wieder die Herstellung und die Verwendung des richtigen Kunststoffes beachten. So sollte auch hier ein Dreiklang an Gedanken erzeugt werden. Kann ein Recyclingkunststoff verwendet werden? Es gibt so viele Produkte wo dies Zutritt. Vom Straßenpfosten bis hin zu Halterungen und Beschichtungen von Möbeln und Geräten.

Weiter wäre die Frage des Einsatzes von Biopolymeren, da wo der Recyclingkunststoff keine weitere Verwendung findet oder nachteilige Eigenschaften nicht auszumerzen sind. Siehe Brotbox. Es wird auch immer noch Produkte gebe, bei deren Produktion der Rohstoff Öl zugrunde liegen wird, da auch dieser noch Eigenschaften besitzt die wir noch nicht aus Biokunststoffen oder Recyclingkunststoffen erzeugen können. Aber die Techniken und die Kunststoffe entwickeln sich weiter. Wir können und wir müssen mit diesem Projekt und zukünftigen Projekten zeigen was möglich ist und aus der Komfortzone der einfachen Verwendung von Kunstoffen heraus.

Die Brotbox zeigt was schon geht und was noch für Hürden vor uns liegen. Sie soll das Spielen mit dem Feuerzeug sein, damit wir einen Flächenbrand entfachen können um noch bessere und saubere Lösungen zu finden. Wenn ein Abfallberater ein Lehrer und ein Schüler eine „fast perfekte“ Brotbox herstellen können, dann könnt Ihr da draußen noch viel mehr. Nehmt es als Ansporn besser zu werden und unseren Planeten vor der Flut an unnötigen Kunststoffen und schlechten Kunststoffen zu befreien. Unsere Brotbox löst sich jedenfalls im Meer rückstandslos auf und im Wald wachsen die Pflanzen ungestört weiter.

Ansprechpartner:


Bernhard Bock
Landratsamt Rosenheim Abfallwirtschaft
Wittelsbacherstraße 53
83022 Rosenheim
E-Mail: Bernhard.Bock(at)lra-rosenheim(dot)de

Bye Bye Plastik Sylt

Die Initiative Bye Bye Plastik will Deutschland vom Einwegplastik befreien. Dafür setzen sich regionale Gruppen ein, die sich alle freiwillig vor Ort um die Reduktion von Einwegplastik im privaten, geschäftlichen, kommunalen und touristischen Gebiet bemühen. Die ehrenamtliche Initiative wurde im November 2018 von der auf der dänischen Insel Bornholm lebenden deutschen Autorin und Plastikaktivistin Steffi Schroeter gegründet und ist seitdem in elf deutschen Regionen aktiv, darunter Kiel, Flensburg, Frankfurt und Quickborn.

Im Sommer 2019 haben sich der Initiative die vier engagierten Sylter Frauen Heike, Carin, Claudia und Christine angeschlossen um Bye Bye Plastik Sylt ins Leben zu rufen. Zur Symbolfigur wurde der Wal auserwählt. Dieser prangt auf den Smileys, die die Initiative an Unternehmen wie Cafés, Imbisse, Hotels, Geschäfte, aber auch an Kindergärten, Schulen und Institutionen vergeben, die sich entscheiden, auf Einwegplastik wie z.B. Plastikbecher, Plastikdeckel, Plastikbesteck, Plastiktüten, Plastikflaschen mit Einwegpfand, To-Go-Verpackungen wie für Sandwiches oder Salat, aber auch kleine Portionspackungen wie für Sahne oder Ketchup zu verzichten. 27 solcher Partner gibt es bisher auf Sylt. Aufgrund des neuen EU-Plastik-Einwegverbots, das ab dem 3. Juli 2021 greift, überarbeitet die Initiative aktuell die Kriterien für die Vergabe des Smileys und ab Sommer 2021 werden dann in einer zweiten Stufe noch gezielter Kriterien wie Mehrweg, Refill und Unverpackt in das Projekt einbezogen. Zudem werden konkrete Handlungsempfehlungen für Unternehmen und Kommunale Institutionen entwickelt, um die Plastikflut in der tagtäglichen Praxis zu bekämpfen.

Neben Müllsammelaktionen und Ideenbörsen veranstaltet Bye Bye Plastik Sylt auch Challenges. 2020 hat Bye Bye Plastik Sylt mit einer „Plastikfrei Challenge“ an der „Europäischen Woche der Abfallvermeidung“ vom 23. bis zum 27. November 2020 teilgenommen. Bei dieser Challenge wurden die Sylter und Touristen der Insel eingeladen, ihren Plastikkonsum, der beim täglichen Einkauf anfällt, zu reduzieren und ein Foto von dem (fast) plastikfreien Einkauf auf Sozialen Medien zu teilen. Zu gewinne gab es eine "Sylt-Buddel". Die Sylt-Buddel ist eine 0.6l-Glasflasche von soulbottle, gestaltet von der Sylter Künstlerin, Profisurferin und 6-fachen Stand-Up-Paddling-Weltmeisterin Sonni Hönscheid.

Die Initiative hat das Credo, dass jeder Schritt und jede Handlung eines jeden Menschen zählen. Wenn allein nur jede*r der knapp 18.000 Sylter Einwohner*innen jeden Tag ein Stück Plastik weniger verbraucht und ein Stück Plastik am Wegesrand, am Strand oder in der Natur aufsammelt, wären das mehr als 13.000.000 Stücke Plastik weniger im Jahr. 

Ansprechpartner:

Heike Werner
Vorstand Bye Bye Plastik Sylt
Kolberger Str. 3, 25980 Sylt/Westerland
E-Mail: sylt(at)byebyeplastik(dot)com

Fotorechte: Heike Werner

Kreisabfallwirtschaftsbetrieb Heidenheim

Kreisabfallwirtschaftsbetrieb klärt Schüler der Technischen Schule auf über den sorgsamen Umgang mit Plastik

Warum ist Mikroplastik so problematisch?

In den letzten 60 Jahren haben wir mehr Güter und Ressourcen verbraucht als alle Generationen vor uns zusammen. Dabei sollte uns allen bewusst sein, dass die natürlichen Ressourcen wie Wasser, Boden, Luft, Wälder, Metalle und auch die Artenvielfalt letztlich die Lebensgrundlage auf unserem Planeten sind. Der wachsende Konsum und die Bevölkerungszunahme und der damit verbundene Verbrauch der Ressourcen bringt die Tragfähigkeit unseres Planeten an seine Grenzen. Deshalb ist auch der seit 60 Jahren gestartete, ungebrochene Siegeszug von Kunststoffen in unserm Alltag auch so zwiespältig. Einerseits ist Plastik ein vielseitig einsetzbarer Stoff, - leicht, flexibel, reißfest, wasser- und chemikalienbeständig und bruchfest. Dazuhin billig und hält lange. Andererseits braucht eine Plastiktüte – je nach Material – Jahrhunderte um sich aufzulösen. Dabei werden Plastiktüten meist nur ein einziges Mal verwendet.

Und „Bio-Plastiktüten“ sind in der kurzen Zeit, in der diese in modernen Kompostierungsanlagen verbleiben, nicht abbaubar. Tütenfetzen bleiben zurück, weshalb diesen Kompost dann niemand haben möchte. Im Wasser wiederum kommt der zerriebene Plastikabfall schnell in unsere Nahrungskette. Und das ist ein Problem, dessen massive Folgen noch gar richtig abgeschätzt werden können. Problematisch sind vor allem die Plastikpartikel, die man nicht sieht. Selbst beim Zähneputzen kommt Mikroplastik ins Wasser. Mikroplastik aus Kosmetik und Kleidung landet nicht nur im Meer, sondern auch in unseren Flüssen und Seen. Stehende Binnengewässer sind ähnliche Senken wie Meere. In der Donau treiben an manchen Stellen mehr Plastikpartikel als Fischlarven. Dieses massive Umweltproblem im Blick auf Kunststoffabfälle hat jetzt der Kreisabfallwirtschaftsbetrieb bei einem Unterrichtsbesuch in der Technischen Schule aufgegriffen und gemeinsam mit Lehrerin Habibe Tok mit den Schülern diskutiert und mögliche Auswege aus dieser schwierigen Plastikabfallfalle aufgezeigt.

Aktueller Anlass dieses jetzigen - in Kooperation mit dem Kreisabfallwirtschaftsbetrieb - umgesetzten Umweltunterrichts ist das neue Müll-Trennsystem an der HEID-TECH. Einerseits sollen die Schüler erkennen, dass auch der Klimawandel mit der massiv zunehmenden Produktion von Kunststoffartikeln und deren Entsorgung in Zusammenhang steht. Und andererseits soll den Schülern auch konkret aufgezeigt werden, welchen Stellenwert Abfallvermeidung, Wiederverwendung und eine fachgerechte Entsorgung haben und warum das bereits bei der richtigen Sortierung von Wertstoffen und Restmüll beginnt. Am Ende wird ein Aktionstag stehen, bei dem die teilnehmenden Schüler Projektgruppen bilden und verschiedene Themen im Blick auf die vielfältigen Abfälle in unserer modernen Konsumgesellschaft aufarbeiten und dann beim Aktionstag präsentieren.

Ansprechpartner:

Kreisabfallwirtschaftsbetrieb Heidenheim
Herr Lothar Hänle
Tel.: 073219505-34
E-Mail: L.Haenle(at)abfallwirtschaft-heidenheim(dot)de

PooPicks auf Wangerooge

Oft muss man ein Problem mit eigenen Augen sehen, um es wirklich verstehen zu können - oder eine Plastikflasche mit den eigenen Händen aus dem Meer fischen, um das ungeheure Ausmaß der Plastikverschmutzung wortwörtlich zu begreifen. Und so ist es keine große Überraschung, dass eine Insel wie Wangerooge, umgeben von Meer, gesegnet mit schönen Stränden und tagtäglich konfrontiert mit Plastikmüll, besonders kreativ wird, wenn es um Lösungen des Problems geht. Der Insel-Stofbüdel ist so eine Lösung, denn er soll Einheimische und Touristen daran erinnern, beim Einkauf nicht auf Plastiktüten zu setzen (für alle Nicht-Norddeutschen - der Büdel ist eine Tasche). Was allerdings Vielen gar nicht klar ist: die so oft verteufelte Plastiktüte im Supermarkt ist nur ein Teil des Problems. Stoffbüdel hin- oder her, jeden Tag werden alleine in Deutschland bis zu 15 Millionen Plastiktüten verbrannt, weil sie einem ganz anderen Zweck dienen: die Hinterlassenschaften von Hunden zu beseitigen. Durch die Verbrennung von Hundekotbeuteln werden so täglich mehr als 750.000 Liter Erdöl verbrannt, die mehr als 1.000 Tonnen klimaschädliches CO2 freisetzen.

Als echte Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit hat sich die Kurverwaltung von Wangerooge vorgenommen, auch für dieses Problem eine innovative Lösung zu suchen. Gefunden haben sie sie in den sogenannten PooPicks, einer Art Schaufel aus Recycling-Papier. 100 Prozent plastikfrei, in Deutschland hergestellt, klimaneutral verbrannt oder kompostiert und damit eine echte Alternative zu Bergen aus Plastiktüten, die einem jede Gassirunde verderben können. Seit 2018 werden PooPicks an Touristen verteilt und am „Platz am Meer“ steht sogar ein praktischer Spender, aus dem PooPicks kostenlos entnommen werden können. Zukünftig gibt es PooPicks auch als praktische Tüte - in der Handhabung genauso einfach und sicher wie herkömmliche Plastiktüten, aber garantiert ebenso plastikfrei wie der “große Bruder” aus Recycling-Pappe. So zeigt Wangerooge weiterhin was es heißt, im Namen der Umwelt immer weiter nach Lösungen zu suchen. Damit auch zukünftige Generationen den weißen Sand am Hauptstrand genießen können - und nicht auf einem Berg aus Plastiktüten und anderen angespülten Plastikteilchen spazieren gehen müssen.

Kontakt: info(at)thepoopick(dot)com

Fotorechte: Kurverwaltung Wangerooge (Rieka Beewen)