Zur Umsetzung der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie ist im ersten Schritt eine Anpassung des Infektionsschutzgesetzes und des Wasserhaushaltsgesetzes erforderlich. Der VKU hat sich zu den beiden Gesetzentwürfen mit Stellungnahmen positioniert und Nachbesserungen gefordert. Für die Planungssicherheit der Wasserversorger ist wesentlich, dass die verschiedenen Vorschriften frühzeitig miteinander verzahnt werden. Zudem sollte der Aufwand im Verhältnis zum Nutzen einer besseren Trinkwasserqualität gewahrt bleiben.
Die neue EU-Trinkwasserrichtlinie (Richtlinie (EU) 2020/2184) ist am 12.01.2021 in Kraft getreten. Die Richtlinie muss bis zum 21.01.2023 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Umsetzung soll einerseits über eine umfassende Novelle der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) auf Grundlage des entsprechend angepassten Infektionsschutzgesetzes (IfSG) unter Federführung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) in enger Abstimmung mit den Ländern erfolgen. Zur Umsetzung von Artikel 8 der Richtlinie (Einführung eines risikobasierten Ansatzes im Einzugsgebiet der Wasserversorgung) und von Artikel 16 (Errichtung und Betrieb öffentlicher Trinkwasserspender) ist andererseits eine Anpassung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und Schaffung einer gesonderten „Artikel 8-Verordnung“ unter Federführung des Bundesumweltministeriums (BMUV) ebenfalls in Abstimmung mit den Ländern erforderlich. Der Referentenentwurf zur Änderung des IfSG ist bereits in der Beratung im Bundesrat, während sich die Änderung des WHG noch in der Ressortabstimmung unter Berücksichtigung der Stellungnahmen von Verbänden und Ländern befindet.
Der VKU wird das Verfahren zur Umsetzung der Trinkwasserrichtlinie in Deutschland weiterhin sehr eng begleiten und sich aktiv in die anstehenden Diskussionen einbringen.
Änderung des IfSG
Die Änderung des IfSG sieht grundsätzlich eine 1:1-Umsetzung der Vorgaben der Trinkwasserrichtlinie vor und bietet die Ermächtigungsgrundlage für die TrinkwV. Unklar ist weiterhin das Zusammenspiel mit den Vorgaben des Wasserrechts in Bezug auf die Umsetzung des risikobasierten Ansatzes, die frühzeitig in enger Abstimmung zwischen den zuständigen Ressorts zu klären sind. Wesentlich für die Auswirkungen auf die kommunale Wasserwirtschaft ist hierfür insbesondere die weitere Ausgestaltung der Regelungen in der TrinkwV, insbesondere zum risikobasierten Ansatz einschließlich Aufgaben und Zuständigkeiten, zu den qualitativen Anforderungen wie die Vorgaben zu Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) vor dem Hintergrund der Empfehlung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sowie zu den erweiterten Informationspflichten. Der VKU hat auf Einladung des BMG an dem Austausch mit Ländern und Verbänden insbesondere zur Umsetzung von Artikel 9 der Richtlinie (Einführung verpflichtenden risikobasierten Ansatz in der Trinkwasserversorgung) teilgenommen und sich mit einer Stellungnahme zur Änderung des IfSG positioniert. Dabei konnte auch erreicht werden, dass Bund und Länder von einer etwaigen Genehmigungspflicht für die Umsetzung des risikobasierten Ansatzes durch den Wasserversorger abgerückt sind.
Auch die im Referentenentwurf vorgeschlagene Erweiterung der Anforderungen an Badebeckenwasser auf ein Niveau nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik wurde zunächst gestrichen. Aktuell hat sich jedoch der Bundesrat mit seinem Antrag des Gesundheitsausschusses dafür ausgesprochen, eine Aufnahme erneut zu prüfen. Dazu erfolgt nunmehr die Konsultation der Schwimm- und Badebeckenkommission beim Umweltbundesamt.
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Änderung des WHG
Im Hinblick auf die Änderung des WHG sollte die Flexibilität bei der Aufstellung der öffentlichen Trinkwasserspender deutlicher herausgestellt werden, um die von der Richtlinie geforderte Umsetzung in Abhängigkeit der örtlichen und klimatischen Situation sicher zu stellen. Mit Blick auf die geplante Erweiterung des Begriffs der öffentlichen Wasserversorgung um die Bereitstellung öffentlicher Trinkwasserentnahmestellen bedarf es aus Sicht des VKU einer Konkretisierung der mit dem Regelungsvorschlag verbundenen Finanzierungsfragen. Der aktuelle Verweis in der Gesetzesbegründung auf Länder und Kommunen hinsichtlich der Finanzierung der öffentlichen Trinkwasserentnahmestellen ist unzureichend und wird in der Praxis viele Fragen aufwerfen. Im Ergebnis muss es jedenfalls so sein, dass auch im Falle der Übertragung oder Beauftragung von Wasserversorgern mit der Errichtung und dem Betrieb von öffentlichen Trinkwasserentnahmestellen die dadurch entstehenden Kosten nicht bei dem Wasserversorger verbleiben.
Auch ist eine Regelung über die Zuständigkeit zur Erfüllung der umfangreichen Vorgaben zum risikobasierten Ansatz in der Verordnungsermächtigung erforderlich. Nach dem Verständnis des VKU liegt die Zuständigkeit dafür bei den jeweiligen Umwelt-/Wasserbehörden der Länder. Diese müssen sich hierbei eng mit den zuständigen Gesundheitsbehörden abstimmen. Für die Umsetzung wird entscheidend sein, dass in der „Artikel 8-Verordnung“ klar geregelt wird, dass dem Wasserversorger auch die erforderlichen Daten zur Einführung des Risikomanagements digital und automatisch zur Verfügung gestellt werden müssen. Zudem sollten sich die Vorschläge an den Erfahrungen der Wasserversorger und Behörden orientieren, die eng einzubeziehen sind.
Nächste Schritte
Die Änderung des IfSG geht nach der 1. Beratung des Bundesrats am 8. Juli 2022 nunmehr in das parlamentarischen Verfahren. Die Änderung des WHG soll am 27. Juli 2022 vom Kabinett verabschiedet werden, so dass der Gesetzentwurf daher erst im September 2022 dem Bundesrat zugeleitet werden kann. Daneben steht dann auch noch die Beratung im Bundestag aus.
Das BMG wird zudem bis Ende Juli 2022 einen Referentenentwurf der neuen TrinkwV vorlegen. Die Vorlage der neuen „Artikel 8-Verordnung“ unter Federführung des BMUV verzögert sich jedoch aufgrund Personalengpässen noch.