Abfallverbrennung, Immissionsschutz
Novelle der 17. BImSch-Verordnung

Am 23.08.2023 hat die Bundesregierung den Entwurf der „Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen und zur Änderung der Chemikalien-Verbotsverordnung“ in den Bundestag eingebracht.

26.09.23

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Artikel 1 ist dabei die lange überfällige und vom VKU immer wieder angemahnte Novelle der 17. BImSch-Verordnung, mit der die noch nicht umgesetzten Schlussfolgerungen zu den luftseitigen Besten Verfügbaren Techniken (BVT) der EU für die Verbrennung und Mitverbrennung von Abfällen in das nationale Recht eingeführt werden. Die EU-rechtlich verbindliche 4-Jahres-Frist bis zur unmittelbaren Geltung der BVT für die Betreiber bestehender Anlagen endet am 03.12.2023.

Die Anpassungen zu § 10 der 17. BImSchV zur Begrenzung der Emissionen im Jahresmittel tragen gleichzeitig dazu bei, die in der 43. BImSchV verankerten Verpflichtungen zur Reduktion der Emissionen bestimmter Luftschadstoffe zu erfüllen. Dazu gehören Feinstaub, NOx, SOx und Ruß.

Darüber hinaus sind die Anpassungen ein Beitrag zur EU-Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber, die das Ziel verfolgt, die anthropogenen Freisetzungen von Quecksilber in die Luft, in das Wasser und in den Boden zu minimieren und gegebenenfalls zu beseitigen.

Wesentliche neue Anforderungen:

  • Untersuchung der Abfallanlieferungen auf radioaktive Inhaltsstoffe. Ausgenommen sind Klärschlammmonoverbrennungsanlagen und Anlagen zur Verbrennung wiederkehrend anfallender Abfälle bekannter Zusammensetzung und aus bekannter Herkunft. Letzteres meint laut Begründung zum Entwurf, dass „nicht mit radioaktiven Bestandteilen zu rechnen ist“. (§ 3 Abs. 1 Satz 2)
  • Überprüfung der Verträglichkeit von flüssigen oder gasförmigen gefährlichen Abfällen vor der Vermischung mit anderen flüssigen oder gasförmigen Abfällen oder Wasser (§ 3 Abs. 3)
  • Einführung eines Umweltmanagementsystems (UMS) (§ 4 Abs. 1 Satz 5)
  • Absenkung diverser Emissionsgrenzwerte als Tagesmittelwerte (§ 8 Abs. 1 Nr. 1) oder Halbstundenmittelwerte (§ 8 Abs. 1 Nr. 2). In den meisten Fällen richtet sich die Bundesregierung dabei nach der oberen Grenze der EU-rechtlich vorgegebenen Emissionsbandbreiten.
  • Emissionsgrenzwert Tagesmittelwert Ammoniak für alle Anlagen unabhängig davon, ob SCR oder SNCR eingesetzt wird (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe i).
  • Minimierung der N2O-Emissionen nach dem Stand der Technik bei SNCR mit Harnstoff und Wirbelschichtfeuerungen (§ 8 Abs. 4)
  • Weder bestehende Abfallverbrennungsanlagen noch bestehende Anlagen mit einer Feuerungswärmeleistung ≤ 50 MW sind zukünftig dauerhaft von den Jahresmittelwerten nach § 10 ausgenommen. (siehe unten zu Übergangsfristen)
  • Halbierung des Emissionsgrenzwertes Jahresmittelwert für Quecksilberverbindungen (Hg) für Abfallverbrennungsanlagen von 0,01 auf 0,005 mg Hg/m3 (§ 10 Abs. 1 Nr. 2)
  • Bestimmung, Einhaltung und Berichterstattung zu bestimmten Energieeffizienzwerten (§ 13 Abs. 2 und 3, Anlage 7)
  • Berechnung der Jahresmittelwerte aus den Halbstundenmittelwerten (§ 17 Abs. 4)
  • Einmalige Bestimmung der PBD/F bei Anlagen, in denen gezielt Abfälle verbrannt werden, die bromierte Flammschutzmittel enthalten, oder für Anlagen, die gezielt bromhaltige Verbindungen in der Feuerung zur Quecksilberabscheidung einsetzen (§ 18 Abs. 3, Anlage 2a)
  • Besondere Überwachung während Betriebszuständen außerhalb des Normalbetriebs in IE-Anlagen und Bewertung und Berichtung an die Behörde alle 3 Jahre (§ 20a)
  • Veröffentlichung einer Liste von Anlagen mit einer Nennkapazität von weniger als zwei Tonnen pro Stunde durch die Länder (§ 23 Abs. 2)
  • Einwendungsbefugnisse gegen Ausnahmeanträge (§ 24 Abs. 3)

Wesentliche Übergangsbestimmungen (§ 28):

  • Die Anforderungen der Novelle gelten grundsätzlich für bestehende IE-Anlagen ab dem 04.12.2023 und für bestehende Nicht-IE-Anlagen ab dem 04.12.2025.
  • Lediglich die Anforderungen aus § 3 Abs. 1 Satz 2 (Radioaktivitätsmessung), § 4 Abs. 1 Satz 5 (UMS), § 10 Abs. 1 (JMW) und § 13 Abs. 3 (Energieeffizienznachweis) gelten für bestehende IE-Anlagen ebenfalls erst ab dem 04.12.2025.
  • Für „kleine“ bestehende Anlagen mit einer FWL ≤ 50 MW gelten die Jahresmittelwerte nach § 10 Abs. 1 (NOx, Hg) ab dem 04.12.2028.
  • Abweichende Emissionsgrenzwerte für bestehende Abfallverbrennungs- und ‑mitverbrennungs­anlagen bei den Tagesmittelwerten für anorganische Chlorverbindungen (HCl), Schwefeloxide (SOx) und Stickoxide (NOx) (§ 8 Abs. 2)

Die Bundesregierung schätzt, dass die Erfüllung der neuen Anforderungen für die Wirtschaft zu einmaligen Investitionskosten von 221 Mio. EUR und zu jährlich wiederkehrenden Kosten von 49 Mio. EUR führen wird. Der Regierungsentwurf wurde bereits in die zuständigen Bundestagsausschüsse verwiesen, die dem Plenum ihre Empfehlungen bis spätestens zum 11.10.2023 vorlegen sollen. Den Link zur Verordnung finden Sie hier: Drucksache 20/8106.

Weiteres Vorgehen
Nach der Anhörung der Verbände zum Referentenentwurf hatte das federführende BMUV bereits etliche Vorschläge der Verbände – zumindest in Kompromissform – aufgegriffen, andere jedoch unbeachtet gelassen; der VKU hatte mit ITAD und BDE eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben. Da einige Forderungen offengeblieben waren, haben die Verbände eine erneute Stellungnahme für das parlamentarische Verfahren erstellt, in der insbesondere die Forderung nach 1:1-Umsetzung des EU-Rechts bekräftigt wird, wie es durch die Ampel auch im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Außerdem schlagen die Verbände vor, dass der Bundestag in einer Entschließung die Bundesregierung auffordert, die erforderlichen Rechtsänderungen aufgrund des (zukünftigen) Einsatzes von CCX-Technologien ausarbeiten zu lassen und sicherzustellen, dass die extrem späte nationale Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen nicht zu (unverschuldeten) Nachteilen für die Betreiber führt.