Das bayerische Main-Einzugsgebiet ist im Klimawandel besonders vulnerabel. Insbesondere Extremereignisse wie Dürren und Hochwasser stellen die Region vor große Herausforderungen. Sie betreffen die Leistungen der kommunalen Daseinsvorsorge sowie den Zustand der Umwelt und die Aufrechterhaltung von Ökosystemdienstleistungen. Durch den Klimawandel werden sich diese Herausforderungen weiter ver-schärfen, da Ereignisse, die heute als extrem gelten, häufiger und mit größerer Intensität auftreten und „normal” werden. Bei allen Klimafolgen gilt, je stärker die Erderwärmung, desto schneller und intensiver werden ihre Auswirkungen sichtbar. Durch effektiven Klimaschutz können Klimafolgen begrenzt werden und die Menschen in der Region müssten sich „nur“ an nicht mehr vermeidbare Konsequenzen der Erderwärmung anpassen. Doch wie gelingt der Umgang mit Wasserextremen? Welche Rahmenbedingungen sind für eine erfolgreiche Anpassung an diese Folgen des Klimawandels nötig?
Im Projekt ARSINOE entwickeln die VKU-Landesgruppe Bayern und die LMU München seit 2021 Lösungsvorschläge, wie die bayerische Mainregion im Klimawandel resilienter werden kann. Wasser ist seit Projektbeginn das zentrale Thema der Arbeit. In der Vergangenheit hatten die Partner bereits relevante Klimafolgen erhoben, Hindernisse für die Klimaanpassung identifiziert und intensiv mit Stakeholdern aus der Region an Lösungen gearbeitet. Dabei ist eine der Grundannahmen des Projekts, dass Wasser-, Energie-, Nahrungsmittelsicherheit und Ökosysteme (Wasser, Land, Luft) untrennbar miteinander zusammenhängen. Ein nachhaltiges Ressourcen-Management erfordert, dass Wechselwirkungen zwischen den Bereichen betrachtet und Zielkonflikte aufgelöst werden. Angesichts des Klimawandels wird das immer relevanter. Wasserwirtschaft, Energiewirtschaft, Lebensmittelerzeugung müssen auf Klimafolgen und die Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt (Dürren, Trockenheit, Starkregen, Hochwasser) reagieren. Die verschiedenen Bemühungen bei der Klimaanpassung sollten möglichst nicht im Konflikt miteinander stehen, sondern sich vielmehr unterstützen, sodass Wasser-, Energie- und Nahrungsmittelsicherheit sowie der Schutz von Ökosystemen langfristig weiter gewährleistet sind.
Am Freitag diskutierten rund 60 Teilnehmende, wie ein nachhaltiges Wassermanagement in der Region gestaltet werden muss. Dabei waren Abgeordneten des Landtags, Leiter von Ämtern der Wasser- und der Landwirtschaft Vertreter:innen von Umwelt- und kommunalen Zweckverbänden und viele andere. Wissenschaftliche Grundlagen für das Gespräch kamen aus ARSINOE. Die LMU München berichtete zu Klimawandelfolgen in der bayerischen Mainregion. Prof. Isabelle La Jeunesse stellte die Ergebnisse einer Governance-Analyse vor, die sie im Rahmen von ARSINOE in Franken durchgeführt hatte. Darüber hinaus berichtete die Expertin aus anderen europäischen Regionen, die sich mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sehen.
Man kam rasch überein, dass die Veränderungen im Wasserhaushalt eine Gefahr für den Wohlstand und die Natur in der Region sind. Gleichzeitig fehlt es an einem Konsens, wie die knappen Ressourcen geschützt und der Wasserrückhalt in der Fläche gestärkt werden können und wer Zugriff auf welche Ressourcen erhalten soll. Zwar gibt es einige Pilotprojekte zur Klimaanpassung in der Region, aber ihre Verbreitung stockt; indes schreitet der Klimawandel rasant fort.
Die Governance-Analyse aus ARSINOE bietet einige Erklärungs- und Lösungsansätze für den stockenden Wandel in der Region:
In fehlendem Austausch zwischen verschiedenen Gruppen und mangelndem Interessensausgleich sowie in voneinander abweichenden und wenig flexiblen Problemperspektiven und Zielvorstellungen machte Frau La Jeunesse erste Hürden aus. Ein Paradigmenwechsel beim Umgang mit Wasser in der Region, der dazu führt, dass mehr Wasser zurückgehalten wird, verfügbare Ressourcen konsequent geschützt werden und Verbräuche optimiert hätte weitreichende Konsequenzen für verschiedene Interessensgruppen. Eine Strategie für den Wandel müsste gemeinsam und mit breiter politischer Rückendeckung erarbeitet und ein Interessensausgleich ermöglicht werden. Allerdings sind bestimmte Maßnahmen unpopulär bspw. Eingriffe in die Landnutzung. Darüber hinaus mangelt es vielfach an Personal und finanziellen Ressourcen für die Klimaanpassung. Informationen bspw. zu existierenden Wasserrechten und Entnahmemengen stehen nur begrenzt zur Verfügung, obwohl sie notwendige Voraussetzung für weitere Entscheidungen sind. Positiv bewertete die Expertin die zahlreichen Netzwerke in der Region, die durch Vereine und Verbände aber auch zwischen Verwaltungen aufrechterhalten und gepflegt werden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Ex-pert:innen, denen Vertrauen entgegengebracht wird, auf deren Wissen und Erfah-rungsschatz aufgebaut werden kann. Zudem wurde auf die Unterschiede bei Hochwasser- und Dürrevorsorge verwiesen. Hochwasserereignisse ziehen i. d. R. große Aufmerksamkeit auf sich u. a. wegen ihres plötzlichen Eintretens und der schnell entstehenden großen Schäden. Dürre, Trockenheit und Hitze hingegen würden Schäden eher schleichend verursachen und die Schadensbemessung wäre weitaus schwieriger. Nichtsdestotrotz verdienen Dürrerisiko und -vorsorge mehr Aufmerksamkeit.
Das große Problembewusstsein und der Wille, Veränderungen voranzutreiben wurde auch in den Debatten mit Vertreter:innen der Wasserwirtschaftsämtern, des Bund Naturschutz, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, des Weinguts Juliusspital und der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH, einem Mitglied der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, dem Bürgermeister der Stadt Würzburg, sowie einem Referatsleiter des Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft Fors-ten und Tourismus deutlich. Sie schilderten, welche Lösungsmöglichkeiten sie sehen und was sich bereits in der Praxis bewährt hat.
Die VKU Landesgruppe Bayern ist Teil des unter Horizon 2020 geförderten Projekts ARSINOE (Grant Agreement: 101037424). Das Projekt ist eines von 90 Projekten für die Umsetzung des European Green Deal und wird mit über 15 Millionen Euro von der Euro-päischen Union gefördert. Im Rahmen des Projekts untersuchen 41 Projektpartner aus ganz Europa vier Jahre lang, wie die Anpassung an den Klimawandel in verschiedenen europäischen Regionen gelingen kann. Dabei liegt der Fokus auf Systemlösungen und innovativen Ansätzen, die aus den Modellregionen in andere Regionen übertragen und dort nutzbar gemacht werden können. So trägt das Projekt zur Umsetzung des European Green Deal bei und steigert die Resilienz im Klimawandel.