Potsdam, 29.05.2024: Die aktuell geplante Anpassung der Windabgabe würde eine übermäßige Doppelbelastung für die Brandenburger Energiewirtschaft bedeuten und den Wirtschaftsstandort schwächen. Darauf weisen die Branchenverbände Landesverband für Erneuerbare Energien Berlin Brandenburg (LEE), Landesverband Berlin Brandenburg des Bundesverbandes WindEnergie (BWE) und die Landesgruppe Berlin-Brandenburg des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) in ihrer aktuellen Stellungnahme hin. Stattdessen werben die Verbände für eine moderate Erhöhung des Windeuro, bundeseinheitliche Reglungen bei Abgaben und bessere Möglichkeiten für direkte kommunale Beteiligungen an Energieprojekten. Die Änderung des Windenergieanlagenabgabegesetzes wird heute im zuständigen Landtagsausschuss diskutiert.
Das Windenergieanlagenabgabengesetz verpflichtet seit 2019 Betreiber von neu errichteten Windenergieanlagen zur Zahlung von 10.000 Euro pro Anlage und Jahr an die benachbarten Kommunen. Im März hat die Landesregierung einen Entwurf für eine Neufassung des Gesetzes vorgelegt. Dieser sieht nicht länger eine pauschale Vergütung vor, sondern eine Sonderabgabe von 5.000 Euro je installierter Megawatt Leistung – bei modernen Windenergieanlagen von 6 Megawatt Leistung entspricht dies einer Verdreifachung.
„Für den Windenergieausbau brauchen wir mehr Akzeptanz. Direkte kommunale Beteiligungen sind dafür ein gutes Mittel“, erklärt Harald Jahnke, Vorsitzender der VKU-Landesgruppe Berlin-Brandenburg und Geschäftsführer der Stadtwerke Prenzlau. „Der aktuelle Gesetzesentwurf würde es jedoch erschweren, die Windenergie weiter auszubauen – ohne starke Preiserhöhungen. Das konterkariert das Ziel, mehr Akzeptanz zu erreichen.“
„Wir erkennen ausdrücklich die Bemühungen des Landes Brandenburg an, die Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie zu fördern. Dabei ist die finanzielle Beteiligung der Kommunen ein gutes Mittel“, so Janko Geßner, Mitglied des Vorstandes des Landesverbandes Erneuerbare Energien Berlin Brandenburg. Geßner wird die drei Verbände in der heutigen Anhörung vertreten. „Die nun geforderte Verdreifachung der Sonderabgabe ist zu hoch und nicht verhältnismäßig“, so Geßner weiter. Brandenburg ist einer der führenden Standorte für erneuerbare Energien, was der Wirtschaft des Landes im letzten Jahr ein deutliches Wachstum beschert hat. Mit dem neuen Gesetz gefährdet die Landesregierung diesen Standortvorteil und zukünftige Investitionen in grüne Technologien.
Bundesweite Regelung statt einseitiger Doppelbelastung für Brandenburger Projekte
In ihrer Stellungnahme weisen die Branchenverbände auf die Doppelbelastung hin, die Projekten in Brandenburg durch die Abgabe entsteht. Denn die Bundesregierung hat mit dem § 6 des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) bereits 2021 Möglichkeiten geschaffen, Kommunen finanziell an Windenergieprojekten zu beteiligen. Betreiber von Windenergieanlagen können Kommunen 0,2 Cent je tatsächliche eingespeiste Kilowattstunde zur Verfügung stellen – bei einer modernen Windenergieanlage sind dies oft über 30.000 Euro im Jahr.
Viele Projekte in Brandenburg nutzen die Möglichkeit des § 6 EEG bereits: Im Jahr 2022 haben laut Daten der Energieagentur Brandenburg Kommunen dadurch mehr als 22,7 Millionen Euro erhalten. Hinzu kamen Einnahmen aus dem bisherigen Windenergiebeteiligungsgesetz: In den Jahren 2021 und 2022, so ein Bericht des Landeswirtschaftsministeriums, sind dadurch 1,5 Millionen Euro an die Kommunen geflossen, für 2023 geht man nochmals von 1,5 Millionen Euro aus.
Statt neue Zusatzregeln auf Landesebene zu schaffen, fordern die Verbände daher, die Nutzung des §6 des EEG verpflichtend zu machen – und damit für einheitliche Regelungen und Planungssicherheit für die Betreiber zu sorgen.
Mehr direkte Beteiligung für Bürgerinnen und Bürger
Neben einer verpflichtenden Regelung im Sinne des § 6 EEG schlagen die Verbände eine zusätzliche Sonderabgabe von 2.500 Euro je installierte Megawatt Leistung vor – und damit eine deutliche Erhöhung des bisherigen „Windeuro“. Bei einer modernen Windenergieanlage mit 6 Megawatt installierter Leistung wäre das ein Plus von 50 Prozent auf dann 15.000 Euro.
Dabei gehe es nicht nur um finanzielle Beteiligung, so Geßner. Das Land Brandenburg habe bisher sehr auf die finanzielle Beteiligung der Kommunen gesetzt. Die Branche hat jedoch mittlerweile vielfältige Varianten der direkten Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger entwickelt, die gleichermaßen zugelassen werden sollten. „Wir wissen, dass die direkte Beteiligung der Menschen vor Ort entscheidend für die Akzeptanz ist. Betreiber, Kommune und Bürgerschaft sollten gemeinsam nach Möglichkeiten der direkten Beteiligung suchen“, betont Geßner.
Ein gutes Gesetz benötigt Zeit
Um die Möglichkeiten einer Neufassung des Gesetzes auszuschöpfen und eine gute Grundlage für den Ausbau der Erneuerbaren in Brandenburg für die kommenden Jahre zu schaffen, machen die Verbände deutlich, brauche es Austausch mit allen Beteiligten – und Zeit. Wie das aussehen kann, zeigen verschiedene Initiativen anderer Bundesländer. Mit Sorge schauen die Verbände daher auf die derzeitige Dynamik des Gesetzgebungsverfahrens in Brandenburg, in das die Verbände mit ihren Erfahrungen bisher kaum einbezogen sind. „Der Gesetzgebungsprozess in einigen Ländern hat fast zwei Jahre gedauert“, gibt Geßner zu bedenken. „Brandenburg will es in ein paar Monaten schaffen. Die Gefahr ist groß, dass viele Chancen für ein gutes Gesetz ausgelassen werden, nur weil der heiße Wahlkampf vor der Tür steht.“
Die Stellungnahme des Landesverbandes des BWE, der VKU Landesgruppe Berlin-Brandenburg und des Landesverbandes Erneuerbare Energien Berlin Brandenburg (LEE) mit ausführlichen Beschreibungen, wie die Vorschläge umgesetzt werden könnten, finden Sie untenstehend auf dieser Seite.
Über die VKU-Landesgruppe
In der Landesgruppe Berlin-Brandenburg sind 80 Unternehmen der Energie-, Wasser-/Abwasser- sowie Abfallwirtschaft organisiert. Gemeinsam erwirtschaften sie einen Umsatz von über 7,5 Milliarden Euro p.a. und beschäftigen mehr als 21.000 Menschen. Jährlich werden über 1,2 Milliarden Euro investiert. Die Kommunalwirtschaft in Berlin-Brandenburg ist damit ein zentraler Wirtschaftsbereich und Auftraggeber sowie Partner für hunderte Unternehmen aus Handwerk, Dienstleistung und Handel.