Magdeburg, 31.05.2017. Den hohen Temperaturen zum Trotz trafen sich Anfang dieser Woche gut 20 Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer von Stadtwerken und anderen wichtigen Unternehmen der kommunalen Daseinsvorsorge zu einem Kamingespräch mit Wirtschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann. Hauptthema bei dem Gespräch der VKU-Landesgruppe Sachsen-Anhalt war zunächst die Digitalisierung und damit verbunden die Digitale Agenda, die das Land unter Federführung des Wirtschaftsministeriums derzeit entwickelt. Dass die kommunalen Unternehmen dabei eine wesentliche Rolle spielen, war für beide Seiten deutlich. Aber auch, dass die Spielregeln gerade beim Ausbau von Breitband auf die geplanten 50 Mbit für private Haushalte und 100 Mbit für Unternehmen für alle Marktteilnehmer gleich sein müssen. Massive Kritik am System der Fördermittelvergabe äußerte dabei Hans-Joachim Herrmann, Geschäftsführer der Stadtwerke Wittenberg, die sich mit einem Tochterunternehmen aktiv in die Ausschreibung von Fördermitteln begeben hatten. „Es gibt einen Fehler im System, wenn ein Bieter im Nachgang sein eigenes zuerst abgegebenes Angebot noch einmal im Verfahren um bis zu 50 Prozentunterbieten kann und so den Zuschlag erhält.“ Minister Willingmann nahm sich der Kritik an, warb aber auch um Verständnis. Da es sich um öffentliche Gelder zur Förderung des Breitbandausbaus handele, müsse das Land dem wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag erteilen. Und er machte klar, dass das System der Ausschreibung im laufenden Verfahren nicht korrigiert werden könne, da andernfalls ein weiterer Zeitverzug drohe. Schon jetzt sei das bereits 2015 formulierte Ziel der flächendeckenden Breitbandversorgung mit den genannten Raten bis Ende 2018 kaum zu halten. Als Wirtschaftsminister habe er gemeinsam mit Ministerpräsident Reiner Haseloff die wichtigen Akteure für den Ausbau jedoch noch einmal ausdrücklich um die Verbindlichkeit derer Aussagen gebeten.
VKU-Landesgruppenvorsitzender Helmut Herdt warb bei der Gelegenheit darum, dass die Politik in der Umsetzung der Energiewende beachten müsse, nicht zu viele Privilegien in die Finanzierung einzubauen. Damit würden Marktmechanismen behindert und eine Entsolidarisierung der Finanzierungsgrundlagen vorangetrieben. Als Beispiel nannte er die Entscheidungen zum Mieterstrom. Christian Dubiel, Geschäftsführer Stadtwerke Bitterfeld-Wolfen ergänzte, den Wegfall von Ausnahmeregelungen, wie den § 110 EnWG, für Großbetriebe vorzunehmen.
In Verbindung mit der Digitalisierung warben die Unternehmen auch für ein Umdenken in der Ausbildung. „Wir brauchen eine Weiterentwicklung der Ausbildung“, erklärte Matthias Lux von den Stadtwerken Halle. Dem stimmte Willingmann, der als Minister auch für die Wissenschaft im Land verantwortlich zeichnet, zu. Das sei auch Aufgabe der gewerblichen Kammern, mit denen man aber im Gespräch sei. Er ergänzte, dass die sich entwickelnde Start-up-Szene – zum Beispiel am WeinbergCampus der Universität Halle – eine gute Ergänzung für die Wirtschaft im Land sei. „Da sollten wir als Land und finanzieller Partner auch ein Stückchen mutiger sein“, so der Minister. „Die Ausfallquote des Landes bei der Finanzierung von Start-ups ist nicht sehr hoch. Diese Quote darf ruhig angemessen steigen, wenn wir dadurch mehr Innovation im Land halten und uns wirtschaftlich gut entwickeln.“
Der erste Kaminabend war Auftakt für ein Format, in dem die VKU-Mitgliedsunternehmen in vertraulicher Atmosphäre ins Gespräch mit Entscheidern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft kommen sollen. Die Reihe soll im Herbst fortgesetzt werden.
In Sachsen-Anhalt sind 47 kommunale Unternehmen im VKU organisiert. Die VKU-Mitgliedsunternehmen in Sachsen-Anhalt leisten jährlich Investitionen in Höhe von über 224 Millionen Euro, erwirtschaften einen Umsatz von über 2,3 Milliarden Euro und sind wichtiger Arbeitgeber für knapp 5.500 Beschäftigte.