"Die Stadtreiniger" – Würzburg stellen ihren Mitarbeitern fair produzierte und fair gehandelte Arbeitsbekleidung zur Verfügung. Ziel ist es, damit einen Beitrag gegen Kinderarbeit und soziale Missstände zu leisten. Sie wirken damit aktiv an einem Prozess zur Verbesserung der globalen Arbeitsbedingungen mit.
Sparte: Abfallwirtschaft
Best Practice: Fair Trade Arbeitskleidung
"Die Stadtreiniger" - Würzburg stellen den Beschäftigten von Fuhrpark und Werkstätten (80 Mitarbeiter) blaue und den Mitarbeitern der Abfalldienste (90 Mitarbeiter) und der Straßenreinigung (80 Mitarbeiter) orangefarbene Arbeitskleidung zur Verfügung. Es werden derzeit durchschnittlich 40.000 Euro im Jahr für Dienstkleidung ausgegeben. Ein Beschluss des Würzburger Stadtrates, in dem der Anspruch an Würzburg, Fair Trade Town sein zu wollen, zum Ausdruck kam, war Anlass, dieses Ziel auch im Eigenbetrieb zu verfolgen und ein Projekt zur schrittweisen Umstellung von “konventioneller” hin zu fair produzierter und fair gehandelter Arbeitskleidung durchzuführen.
Die Betriebsleitung hat dafür zusammen mit dem für die Beschaffung von Arbeitsbekleidung zuständigen Mitarbeiter der Stadtreiniger und je einem Mitarbeiter der lokalen Agenda 21 und des Würzburger Weltladens die Recherche nach fair produzierter und fair gehandelter Arbeitsbekleidung initiiert.
Nach rund einjähriger Vorarbeit wurden 2012 die ersten Fair Trade Kleidungsstücke (T-Shirts) beschafft und eingesetzt. In ausgiebigen Tragetest wurden die Beschäftigten in die Entscheidungsfindung bei der Modellauswahl einbezogen, um zu gewährleisten, dass Fair Trade Arbeitskleidung den Anforderungen im täglichen Einsatz gerecht wird. Seit 2014 werden auch Softshelljacken, Arbeitslatz- und –bundhosen sowie kurze Hosen nach Fair Trade- und Fair Wear-Vorgaben eingekauft.
Ziel:
Mit dem Projekt leisten die Stadtreiniger Würzburg einen Beitrag gegen Kinderarbeit und soziale Missstände. Sie wirken damit aktiv an einem Prozess zur Verbesserung der globalen Arbeitsbedingungen mit. Die Stadtreiniger hoffen auf einen Multiplikationseffekt für weitere kommunale und andere Unternehmen in Bayern und darüber hinaus. Ein weiteres Ziel ist es, die Zuständigen im Beschaffungswesen zu einer Auseinandersetzung mit Kriterien und Vorteilen sozial- und umweltverträglich produzierter Produkte (Bewusstseinsbildung, Sensibilisierung) zu motivieren.
Wirkung und Evaluation
Durch verstärkte Nachfrage von Produkten, die nach fairen Gesichtspunkten produziert und gehandelt werden, wird der Markt für diese Artikel gestärkt. Produzenten, die diese Standards bisher vernachlässigen, werden dadurch unter Druck gesetzt und müssen sich den neuen Anforderungen stellen, um nicht große Auftragsvolumina zu verlieren. Die Auseinandersetzung der Zuständigen im Beschaffungswesen mit dem Thema Fair Trade Bekleidung sensibilisiert insgesamt für die Thematik, so dass die Anforderungen auch für den Einkauf anderer Produkte in den Focus rücken.
Hindernisse:
Da der Markt für fair gehandelte Arbeitskleidung noch nicht sehr groß ist, waren die Recherchen nach geeigneten Anbietern sehr aufwändig. Zudem gibt es eine große Menge an verschiedenen Labels und Zertifikaten für Fair Trade und Fair Wear, was den Aufwand bei der Recherche erhöht und diese zusätzlich erschwert hat. Vor allem war und ist nicht immer gleich ersichtlich, wie zuverlässig und glaubwürdig die Angaben und Beschreibungen der Unternehmen sind. Besonders bei der orangefarbenen Arbeitskleidung, die einen Warnschutz der Kategorie 2 erfüllen muss und einen Baumwollanteil von mindestens 60 Prozent aufweisen soll, ist es schwierig, geeignete Anbieter zu finden. Die anfangs vorgelegten Preislisten und Angebote hätten zu einer Preissteigerung um das zwei- bis vierfache im Vergleich zu bisherigen Hosen und Jacken geführt. Daher wurde die Beschaffung der orangefarbenen Arbeitskleidung zunächst zurückgestellt. Inzwischen konnten Anbieter gefunden werden, die Fair Trade-Bekleidung zu ökonomisch vertretbaren Preisen anbieten. Die Kleidung ist zwar etwas teurer als die bisher verwendete, allerdings auch qualitativ hochwertiger und kostet kaum mehr als Arbeitskleidung ohne Fair Trade Zertifikat im gleichen Qualitätssegment.
Nutzen für unser Unternehmen, den Unternehmenssektor und andere Unternehmen
Um als sozial verantwortliches Unternehmen glaubwürdig auftreten zu können, ist es unumgänglich, sich mit dem Thema Fair Trade Kleidung auseinanderzusetzen, da Arbeitskleidung in großem Umfang zum Einsatz kommt. Die Würzburger Stadtreiniger haben wichtiges Knowhow zu Kriterien und Anbietern für nachhaltige Beschaffung gesammelt. Zudem konnte die Zufriedenheit der Beschäftigten gesteigert werden.
Auszeichnung:
Für das Projekt wurden "Die Stadtreiniger" im bundesweiten Wettbewerb Hauptstadt des Fairen Handels 2015 mit dem Sonderpreis für vorbildliche und innovative Aktivitäten zur Stärkung des Fairen Handels ausgezeichnet.
Lessons Learned: Schlüsselfaktoren für den Erfolg: Ausschlaggebend war die Zusammenarbeit mit dem lokalen Agenda 21 Beauftragten und dem Mitarbeiter des Würzburger Weltladens, die als Experten auf dem Gebiet Fair Trade sehr geholfen haben, geeignete Anbieter zu identifizieren und sich im Label-Dschungel zurechtzufinden.
Probleme, Risiken, Grenzen: Die anfangs nötige Recherche war sehr schwierig und zeitintensiv. Den Überblick über die Vielzahl der verschiedenen Label und Zertifikate und die sich dahinter verbergenden Standards zu behalten ist problematisch. Kein Label kann hundertprozentig garantieren, dass die Kleidung überall und zu jedem Zeitpunkt unter fairen, sozial vertretbaren Bedingungen produziert und gehandelt wurde.
Kontakt:
Frank Stumpf
Telefon: 0931/374458
E-Mail: frank.stumpf(at)stadt.wuerzburg(dot)de
Website: http://www.wuerzburg.de/de/themen/umweltverkehr/vorsorgeentsorgung/diestadtreiniger/index.html