Faktencheck: Wasserpreise
Aktualisiertes NERA Gutachten zur Eigenkapitalverzinsung in der Wasserwirtschaft
Die Kalkulation von Entgelten in der Wasserwirtschaft ist stark von den Kosten der Anlagenfinanzierung geprägt. Daher ist auch die Eigenkapitalverzinsung von großer Bedeutung. BDEW und VKU haben bereits 2012 durch wissenschaftliche Herleitung der Eigenkapitalverzinsung durch NERA Economic Consulting zu einer höheren Rechtssicherheit bei der Kalkulation von Entgelten beigetragen. Diese wissenschaftliche Expertise von NERA Economic Consulting wurde nunmehr aktualisiert.
Das Gutachten erneuert die fachliche Grundlage für den gemeinsamen BDEW/VKU Leitfaden zur Wasserpreiskalkulation.
Am 14. März 2023 wurden die zentrale Ergebnisse des Gutachtens in einem gemeinsamen BDEW/VKU-Webinar vorgestellt. Die Präsentation und der Link zum Mitschnitt des Webinars stehen Ihnen im VKU-Mitgliederbereich zur Verfügung.
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1. Warum sind Trinkwasserpreise regional unterschiedlich?
Preis-Differenzen bei der Trinkwasserbereitstellung hängen von vielen strukturellen Rahmenbedingungen ab, die der Wasserversorger vor Ort vorfindet und nicht beeinflussen kann. Dazu zählen beispielsweise die topografischen Gegebenheiten, dieWasserverfügbarkeit, die Siedlungsstruktur und -demografie im Versorgungsgebiet oder die Urbanität.
2. Welche Aussagekraft haben Trinkwasser-Preisvergleiche?
Die regional unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten machen einen Vergleich der Wasserentgelte verschiedener Wasserversorgungsgebiete sehr schwierig. Wasserpreisvergleiche, die verschiedene Endpreise miteinander vergleichen, ohne die regional unterschiedlichen strukturellen, rechtlichen und naturräumlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, sagen nichts darüber aus, ob der Trinkwasserpreis angemessen ist. Sie zeigen auch nicht, wie leistungsfähig und effizient die Wasserversorger am jeweiligen Standort arbeiten.
3. Wie verteilen sich die Kosten für die Trinkwasserversorgung?
Um alle Bürger mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser zu versorgen, ist eine aufwändige Infrastruktur notwendig. Die hohe Anlagenintensität für die Wassergewinnung und -verteilung führt zu einem Fixkostenanteil von circa 75 Prozent. Diese Kosten fallen unabhängig von der abgegebenen Wassermenge an. Lediglich rund 25 Prozent der Versorgungskosten hängen vom tatsächlichen Trinkwassergebrauch der Verbraucher ab. Hierunter zählen unter anderem die Energiebezugskosten und das Material zur Wasseraufbereitung.
4. Kann man Wasserkosten durch einen geringeren Verbrauch senken?
Lediglich rund 25 Prozent der Versorgungskosten hängen vom tatsächlichen Trinkwasserverbrauch ab. Ein rückläufiger Verbrauch wirkt sich kaum auf die Gesamtkosten aus, denn Anlagen und Netze für die Aufbereitung und Verteilung sind unabhängig von der genutzten Menge weiterhin erforderlich. Geht der Wasserverbrauch zurück, müssen die Kosten künftig auf eine immer geringer werdende Wassermenge verteilt werden. In der Folge steigen die Kosten pro Kubikmeter.
5. Wo kann sich der Verbraucher über seinen Wasserpreis informieren?
Verbraucher können sich jederzeit bei ihrem kommunalen Wasserversorger über die Höhe ihrer Trinkwasserentgelte informieren. Jeder Wasserversorger ist dazu verpflichtet, seine Preise/Gebühren zu veröffentlichen. Viele Wasserversorger informieren ihre Kunden auf ihrer Webseite, über ihre Kundenzeitschriften oder stellen diese Informationen über Veröffentlichungen der Gemeinden bereit.
6. Wie sieht das Preis-Leistungsverhältnis beim Trinkwasser aus?
Für sein Trinkwasser (121 Liter durchschnittlich) zahlt jeder Bürger im Durchschnitt 30 Cent täglich, 9,19 Euro monatlich.
Für seinen Tagesbedarf an Trinkwasser muss jeder Bürger im Durchschnitt anderthalb Minuten arbeiten.
Für die rund fünf Euro, die Sie für einen Kasten Stilles Mineralwasser(ca. 9 Liter, 12 x 0,75 Liter-Flaschen) bezahlen, bekommen Sie durchschnittlich 2.495 Liter frisches Trinkwasser aus dem Hahn.
Trinkwasser ist das Lebensmittel Nummer 1 in Deutschland. Über 90 Prozent der Deutschen nutzen es unmittelbar wie die 2015er-Ergebnisse der Langzeitstudie „Qualität und Image von Trinkwasser in Deutschland“ (TWIS) zeigen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis bewerten die befragten Verbraucher als ausgewogen: Mehr als drei Viertel der befragten Verbraucher halten ihren Wasserpreis für mindestens angemessen. Auch das Vertrauen der Verbraucher erreicht Spitzenwerte. Fast 85 Prozent bewerten die Qualität ihres Trinkwassers mit „sehr gut“ oder „gut“. Fast ebenso viele äußern, dass sie ihr Leitungswasser ohne Bedenken trinken.
7. Warum gibt es unterschiedliche Wasserentgelte?
Die öffentliche Wasserversorgung dient der Daseinsvorsorge. Sie ist eine kommunale Pflichtaufgabe und wird von den Gemeinden in eigener Verantwortung wahrgenommen. Die Beziehung zwischen Wasserversorger und Kunde kann dabei privatrechtlich mit Preisen oder öffentlich-rechtlich mit Gebühren ausgestaltet werden. Beide Systeme stehen selbständig nebeneinander und sind im Sinne der Verbraucher mit einer funktionierenden Kontrolle durch Behörden und Gerichte ausgestaltet.
8. Wer kontrolliert Höhe und Angemessenheit von Wasserpreisen und -gebühren?
Öffentlich-rechtliche Wasserentgelte werden von den Kommunalaufsichtsbehörden kontrolliert. Der Bürger selbst kann seine Beitrags-, Gebühren- und Leistungsbescheide von Verwaltungsgerichten überprüfen lassen. Diese prüfen dann, ob die Vorgaben der Kommunalabgabengesetze bei der Beitrags- und Gebührenkalkulation genau eingehalten wurden. Im Rahmen der 8. “Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung“-Novelle (GWB-Novelle) wurde klargestellt, dass öffentlich-rechtliche Gebühren nicht dem Kartellrecht unterliegen (siehe §130 GWB ).
Privatrechtliche Wasserentgelte werden von den Kartellbehörden der Länder beaufsichtigt. Bei der sogenannten „Missbrauchsaufsicht“ kontrollieren sie, ob die Wasserpreise angemessen sind. Verbraucher können ihren Wasserpreis außerdem durch ein Zivilgericht prüfen lassen. Einige Unternehmen gründen besondere Beiräte als zusätzliche Eigenkontrolle. Die Entgeltgestaltung kommunaler Unternehmen unterliegt ungeachtet der Unternehmensform der Kontrolle durch die Kommunalpolitik, wodurch die Entgelte kommunaler Wasserversorgungsunternehmen demokratisch legitimiert sind.