Expertengruppe stellt finalen Bericht zu technischen Kriterien vor
EU-weites Klassifikationssystem für nachhaltige Investitionen auf der Zielgrade
Mit ihrem finalen Bericht legt die Expertengruppe den Grundstein für die Klassifizierung von Finanzprodukten, Investitionen und Wirtschaftsaktivitäten als ökologisch nachhaltig. Dies ist Teil der Bestrebung der EU, den Übergang hin zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Wirtschaft zu fördern.
01.04.20
Mit ihrem finalen Bericht legt die Expertengruppe den Grundstein für die Klassifizierung von Finanzprodukten, Investitionen und Wirtschaftsaktivitäten als ökologisch nachhaltig. Dies ist Teil der Bestrebung der EU, den Übergang hin zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Wirtschaft zu fördern.
Die eigens dafür von der EU-Kommission eingesetzte technische Expertengruppe veröffentlichte am 09. März 2020 ihren abschließenden Bericht zu den technischen Evaluierungskriterien für nachhaltige Investitionen. Basierend auf diesem Bericht wird die Kommission durch delegierte Rechtsakte ein EU-weites, einheitliches System zur Bewertung der Nachhaltigkeit von wirtschaftlichen Aktivitäten schaffen. Die rechtliche Grundlage bildet die Verordnung für ein EU-weites Klassifikationssystem für nachhaltige Investitionen, die sog. Taxonomie-Verordnung. Sie wurde im Dezember letzten Jahres zwischen der Kommission, dem Rat und dem Europaparlament ausgehandelt und wird innerhalb der nächsten Monate Rechtskräftigkeit erlangen. Einen Beitrag des VKU dazu finden sie hier.
Hintergrund: Pariser Klimaabkommen und European Green Deal
Der Grundstein für die Taxonomie wurde noch vor dem Bekanntwerden des European Green Deal gelegt. Die Taxonomie-Verordnung ist Teil des „Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstum“, den die Kommission bereits im März 2018 vorstellt hatte. Dieser soll die EU-Klima- und Umweltziele für 2030 verwirklichen helfen: vor allem die Reduktion des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent; die aktuelle Kommission beabsichtigt eine Erhöhung der Reduktion auf 50-55 Prozent gemäß dem jüngst vorgestellten EU-Klimagesetz-Entwurf.
Die EU-Ziele stützen die Umsetzung der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und das Pariser Klimaabkommen. Um die Nachhaltigkeitsziele der EU zu erreichen, sind laut Kommission allein im Bereich Klima und Energie zusätzliche Investitionen in Höhe von 180 Milliarden Euro pro Jahr notwendig, welche größtenteils aus dem privaten Sektor kommen müssen. Dabei sollen im Rahmen eines „nachhaltigen Finanzwesens“ umweltbezogene und soziale Erwägungen bei Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden. Konkret will der Aktionsplan der Kommission Kapitalflüsse zu nachhaltigen Investitionen umlenken, Risiken durch Klimawandel, Ressourcenknappheit und Umweltschäden abmildern und Transparenz im Finanzwesen fördern. Zur Erreichung dieser Ziele beinhaltet der Aktionsplan neben der Taxonomie eine Reihe weiterer Maßnahmen wie beispielweise die Förderung von Investitionen in nachhaltige Projekte oder die Festlegung von Normen und Kennzeichen für nachhaltige Finanzprodukte.
Inhalt: Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten
Die Taxonomie selbst soll die Grundlage für die Klassifizierung von Investitionen, Finanzprodukten und Unternehmensanleihen als „ökologisch nachhaltig“ bilden. Diese Anforderungen und präzisen technischen Kriterien für die Einstufung werden in dem 591 Seiten langen Anhang zum finalen Bericht der Expertengruppe ausführlich dargelegt. Beispielweise gibt es einen Grenzwert von 100g CO2/kWh für sämtliche Energieerzeugungsanlagen, um diese als „nachhaltig“ ausweisen zu dürfen. Zudem dürfen ausschließlich Stromnetze, die solche Anlagen direkt an das Netz anschließen, als „nachhaltig“ etikettiert werden. Investitionen, die dem Ausbau des Erdgasnetzes dienen, werden explizit ausgeschlossen. Finanzierungen von Gasinfrastruktur dürfen nur als „nachhaltig“ gelten, wenn diese bestehende Gasnetze Wasserstoff kompatibel machen oder zur Aufnahme von dekarbonisierten Gasen ertüchtigen. Im Bereich Mobilität sollen ab 2026 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge als nachhaltig gelten; bis dahin müssen sie einen niedrig angesetzten Emissionswert von 50g CO2e pro Personenkilometer erfüllen; dieser Wert kann beispielweise von einem Dieselbus nur bei einer durchschnittlichen Auslastung von 20 Passagieren erreicht werden.
Bei diesem Bericht handelt es sich noch nicht um rechtlich bindende Kriterien, diese müssen erst von der EU-Kommission im Rahmen delegierter Rechtsakte erarbeitet und verabschiedet werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Kommission eng an den Vorgaben des finalen Berichts dieser technischen Expertengruppe orientieren wird.