Staats- und Regierungschefs einigen sich auf neue EU-Einnahmequellen
Europäischer Rat beschließt Plastikabgabe auf EU-Gipfel
Nach langen Verhandlungen in Brüssel haben sich die Staats- und Regierungschefs auf ein umfangreiches Finanzpaket von 1,8 Billionen Euro geeinigt. Zum Paket gehört auch: Die Einigung auf neue Einnahmequellen, unter anderem eine Plastikabgabe, die bereits zum 1. Januar 2021 gelten soll.
04.08.20
Nach langen Verhandlungen in Brüssel haben sich die Staats- und Regierungschefs auf ein umfangreiches Finanzpaket von 1,8 Billionen Euro geeinigt. Zum Paket gehört auch: Die Einigung auf neue Einnahmequellen, unter anderem eine Plastikabgabe, die bereits zum 1. Januar 2021 gelten soll.
Am 21. Juli einigten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs nach tagelangen Verhandlungen in Brüssel auf ein umfangreiches Finanzpaket. Die Einigung legt den Grundstein für den mehrjährigen Finanzrahmen für 2021-2027 (MFR) und das Wiederaufbauprogramm zur Überwindung der Pandemiefolgen. Gleichzeitig verständigte sich der Europäische Rat auf neue direkte Einnahmequellen für den EU-Haushalt. Darunter: eine Plastikabgabe in Höhe von 80 Cent pro Kilogramm nicht recycelter Kunststoffverpackungen.
Das beschlossene EU-Finanzpaket besteht aus zwei Teilen: zum einen dem mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027, zum anderen dem von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagenen Corona-Wiederaufbauprogramm. Der MFR soll 1,074 Billionen Euro umfassen und wie bisher vor allem aus den Beiträgen der Mitgliedstaaten finanziert werden. Für das Wiederaufbauprogramm sind 750 Milliarden Euro vorgesehen – 390 Milliarden als Zuschüsse und 360 Milliarden als Kredite. Wie das Geld aus dem Aufbauprogramm eingesetzt wird, entscheiden die Mitgliedstaaten und sollen es in nationalen Reformplänen darlegen. Ein großer Teil der finanziellen Mittel des Aufbauplans soll in Klimaschutz und Digitalisierung fließen.
Plastikabgabe für den EU-Haushalt
Zur Gegenfinanzierung hat sich der Europäische Rat zum ersten Mal auch auf neue direkte Einnahmequellen für den EU-Haushalt geeinigt. Dazu gehört: eine neue Plastikabgabe. Die Mitgliedsstaaten sollen pro Kilogramm nicht recycelter Kunststoffverpackungen 80 Cent an die EU zahlen. Da die EU selbst keine Steuer erheben darf, richtet sich die Abgabe an die Mitgliedsstaaten. Eine ausgearbeitete Folgenabschätzung der Kommission liegt hierzu bislang nicht vor. Die Kommission geht von zusätzlichen Einnahmen von bis zu 5,7 Milliarden Euro aus. Für Deutschland könnten Kosten von etwa 1,4 Milliarden Euro anfallen.
Grundsätzlich begrüßt der VKU alle Schritte, die dazu beitragen, die Flut von Plastikabfällen einzudämmen. Sinnvoll wäre hier weit vorne in der Wertschöpfungskette anzusetzen und bereits das Inverkehrbringen von nicht recycelbaren Kunststoffen zu besteuern. Eine EU-Plastikabgabe würde auch die Position des VKU unterstützen, Siedlungsabfälle von der geplanten nationalen CO2-Bepreisung auszunehmen, da andernfalls Kunststoffe doppelt belastet würden: als nicht recycelter Abfall einerseits und als fossiler „Brennstoff“ in der Müllverbrennung andererseits. Eine solche Doppelbelastung, zu der noch die Lizenzentgelte für die dualen Systeme und die geplante Beteiligung an kommunalen Reinigungskosten für Einwegkunststoffverpackungen nach Art. 8 der EU-Kunststoffrichtlinie hinzukommen, wäre rechtlich nicht haltbar.
Der Plan für eine Plastikabgabe ist aber nicht neu, sondern wird schon lange in Brüssel diskutiert: Bereits 2018 hat der damalige EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger eine europäische Steuer auf Plastik in die Diskussion eingebracht. Gleichzeitig soll damit eine neue Einnahmequelle erschlossen werden, um erstens die Finanzierungslücke im EU-Haushalt, hervorgerufen durch den Brexit, zu schließen und zweitens nun das große europäische Wiederaufbaupaket zu finanzieren.
Weitere neue Einnahmequellen
Neben einer Abgabe auf Kunststoffabfälle plant die EU weitere langfristige Einnahmequellen wie eine Digitalabgabe und eine CO2-Grenzsteuer auf importierte Waren, die unter klimaschädlichen Bedingungen produziert wurden. Darüber hinaus soll das Europäische Emissionshandelssystem überarbeitet werden.
Nächste Schritte
Der MFR, das Wiederaufbauprogramm und die neuen Einnahmequellen sind noch nicht endgültig beschlossen. Am 14. September soll das EU-Parlament, das dem MFR zustimmen muss, abstimmen. Das Wiederaufbauprogramm muss noch von allen nationalen Parlamenten der 27 Mitgliedsstaaten ratifiziert werden.