EU-Kommunalabwasserrichtlinie
Herstellerverantwortung: Was kostet die Pflicht zur vierten Reinigungsstufe? 08.07.24

Mit der neuen EU-Kommunalabwasserrichtlinie müssen Kläranlagen bis 2045 teilweise mit einer Viertbehandlung zur Reduzierung von Spurenstoffen ausgestattet werden. Neu ist, dass sich Hersteller von Arznei- und Körperpflegeprodukten erstmals an den durch ihre Produkte verursachten Kosten der Abwasserbehandlung beteiligen müssen. Damit landen die Kosten der Abwasserbehandlung nicht mehr alleine beim Gebührenzahler. Doch wie hoch fallen die Kosten aus, die in Deutschland durch die Aufrüstung der betroffenen Kläranlagen zu erwarten sind und wie verteilen sie sich bis 2045? Dazu hat der VKU eine Studie beauftragt, deren Ergebnisse jetzt vorliegen.

Im September soll die neue EU-Kommunalabwasserrichtlinie final verabschiedet werden. Durch die darin enthaltenen Anforderungen zur Reduzierung von Spurenstoffen werden in Deutschland bis 2045 etwas über 150 Anlagen mit einer Ausbaugröße von mehr als 150.000 Einwohnerwerten (EW) zum Ausbau einer sogenannten vierten Reinigungsstufe verpflichtet. Weitere Anlagen müssen ertüchtigt werden, wenn sie zwischen 10.000 und 150.000 EW liegen und innerhalb noch zu definierender Risikogebiete einleiten.

Schon vor Beginn des Gesetzgebungsprozesses hat sich der VKU ausdrücklich für die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung zur Finanzierung der verpflichtenden Viertbehandlung eingesetzt. Damit wird ein längst überfälliger Paradigmenwechsel Wirklichkeit: Die Verursacher müssen sich an den Kosten der Abwasserbehandlung beteiligen. So sind zukünftig mindestens 80 Prozent der für Ausbau und Betrieb der Viertbehandlung entstehenden Kosten durch die Hersteller von Arzneimittel- und Körperpflegeprodukten zu tragen. Auf nationaler Ebene noch einzurichtende Organisationen zur Umsetzung der Herstellerverantwortung müssen mit finanziellen Garantien ausgestattet werden, so dass die durch die Richtlinie vorgeschriebene Viertbehandlung unter allen Umständen fortgesetzt werden kann.

Im Rahmen einer Studie hat Fichtner Management Consulting im Auftrag des VKU ermittelt, welche Kosten durch die neuen Anforderungen zu erwarten sind. Der Ausbau und Betrieb der zusätzlichen Reinigungsstufen wird in Deutschland bis 2045 knapp 9 Milliarden Euro kosten. Der Schätzung liegt die Annahme zugrunde, dass 20 Prozent der Kläranlagen zwischen 10.000 und 150.000 EW aufgrund ihres Standortes ausbaupflichtig werden. Die Projektion der resultierenden Kosten berücksichtigt auch, dass die Kommunalabwasserrichtlinie einen gestaffelten Ausbau bis 2045 vorsieht und folglich nicht alle Kosten sofort entstehen. Da die Anzahl der ertüchtigten Anlagen erst nach und nach wachsen wird, fallen auch die resultierenden Kosten zu Beginn der Umsetzung moderat aus und steigen dann bis zum Ende des Umsetzungszeitraumes auf ein jährliches Volumen von bis zu 860 Millionen Euro an. Danach laufen zunächst die Betriebskosten weiter, bevor erste Reinvestitionen anstehen dürften. Die Studie beleuchtet verschiedene Ansätze zur Kostenverteilung im Zeitverlauf.

Richtig umgesetzt wird die Herstellerverantwortung den Geldbeutel der Abwasserkundinnen und -kunden entlasten und dafür sorgen, dass Hersteller vermehrt auf Produkte setzen, die weniger gewässerbelastend sind. Wichtig ist, dass die Richtlinie nach der zurückliegenden Europawahl nun zügig final verabschiedet wird. Für eine praktikable Umsetzung in nationales Recht, die für die Planungs- und Investitionssicherheit der Abwasserwirtschaft schnell vorangebracht werden muss, liefert der VKU mit den Ergebnissen der Studie einen wichtigen Baustein.